Kursangebot | Erbschaftsteuer | Überblick über das Erbschaftsteuerrecht

Erbschaftsteuer

Überblick über das Erbschaftsteuerrecht

Allgemeines zum Erbschaftsteuerrecht

Allgemeines

Das ErbStG beinhaltet insgesamt vier Besteuerungstatbestände:

  • § 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG: Erwerb von Todes wegen
  • § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG: Schenkungen unter Lebenden
  • § 1 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG: Zweckzuwendungen
  • § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG: Stiftungsvermögen

Die häufigsten Anwendungsfälle sind die Erwerbe von Todes wegen und die Schenkungen unter Lebenden. Dieser Lehrbrief beschränkt sich weitgehend auf diese beiden Erwerbsvorgänge. Das ErbStG wird demnach auch als Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz bezeichnet.

Eine Zweckzuwendung liegt nach § 8 ErbStG vor, wenn ein Sondervermögen für einen bestimmten Zweck geschaffen wurde, ohne dass dabei eine bestimmte Person bereichert wurde, z.B. Geldvermögen für Tierpflege.

Das ErbStG unterwirft das Vermögen von Familienstiftungen und –vereinen in regelmäßigen Abständen von 30 Jahren einer so genannten Ersatzerbschaftsteuer.

Die Erbschaftsteuer ist im deutschen Recht eine Erbanfallsteuer, das bedeutet, dass die bei jedem Einzelnen eingetretene Bereicherung versteuert wird. Im Gegenzug dazu kennen andere Staaten die Nachlasssteuer, bei der das hinterlassene Vermögen der Steuer unterworfen wird. Das Wesen der Erbanfallsteuer führt konsequenterweise dazu, dass ein Todesfall mehrere Erbschaftsteuerfälle auslösen kann, nämlich dann, wenn das Vermögen auf mehrere Erwerber übergeht. Die Erbschaftsteuer ist damit eine Personensteuer.

Die Erbschaftsteuer steht den Ländern zu (Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG). Das Aufkommen betrug 2022 insgesamt rund 9,23 Mrd. €.

Abweichungen zwischen ErbSt und SchenkSt

Grundsätzlich sind die Vorschriften des ErbStG auf Erwerbe von Todes wegen und auf Schenkungen unter Lebenden gleichermaßen anzuwenden, § 1 Abs. 2 ErbStG.

Davon gibt es jedoch einige Ausnahmen, z.B.:

  • § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG: Den Pauschbetrag für Bestattungsaufwendungen gibt es logischerweise nicht bei Schenkungen
  • Steuerklassenzuordnung von Eltern, § 15 ErbStG (Steuerklasse I bei Erbfällen und Steuerklasse II bei Schenkungsfällen)
  • Versorgungsfreibetrag nach § 17 ErbStG wird grundsätzlich nicht bei Schenkungen gewährt (Ausnahme: Abfindung für Erbverzicht durch bis zum Tod des anderen Ehegatten/ Lebenspartners aufschiebend bedingtes Leibrentenstammrecht, vgl. R E 1.1 Nr. 7 ErbStR).
  • Die Steuerermäßigung bei mehrfachem Erwerb gilt nur bei der Erbschaftsteuer, § 27 ErbStG
  • Steuerbegünstigung bei Familienheim an Kinder, § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG
  • Rückfallklausel, § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG
  • Haftung von Kreditinstituten, § 20 Abs. 6 Satz 2 ErbStG

Das Erbschaftsteuerrecht orientiert sich überwiegend an dem Zivilrecht. Bei Schenkungen wird allerdings die wirtschaftliche Betrachtungsweise einbezogen.

Beispiel

Hier klicken zum Ausklappen

Im Fall einer Grundstücksschenkung genügt es für das Auslösen der Steuer, dass Auflassung und Eintragungsbewilligung vorliegen. Damit ist der Beschenkte wirtschaftlich bereichert, auch wenn er zivilrechtlich noch kein Eigentum erlangte (dies erfolgt erst mit Eintragung im Grundbuch).

Im Rahmen der Erbschaftsteuer ist unter anderem zu klären, welches Vermögen vererbt wurde. Hierbei wird rein die zivilrechtliche Betrachtung herangezogen. Anders als bei der Schenkung ist demnach die Grundbucheintragung maßgebend, z.B.

10.01.Notarvertrag zwischen Verkäufer V und Käufer K (mit Auflassung und Eintragungsbewilligung)
20.03.Tod des V
05.05.Grundbuchumschreibung

Am 20.03. vererbt V noch das Grundstück (anzusetzen mit dem Grundbesitzwert), da er zivilrechtlich noch Eigentümer ist. Zugleich besteht noch eine Herausgabeverpflichtung, die mit dem gemeinen Wert (i.d.R. im übrigen Vermögen) zu bewerten ist.

Wäre am 20.03. anstatt V der Käufer K verstorben, wäre im Nachlass nicht das Grundstück, sondern „lediglich“ der Anspruch auf Herausgabe des Grundstücks (ebenfalls bewertet mit dem gemeinen Wert). Diese Diskrepanz gewinnt immer dann an Bedeutung, wenn der Grundbesitzwert vom gemeinen Wert abweicht. Nach der Rechtslage ab 2009 ist dies in nicht mehr so vielen Fällen gegeben (verglichen mit der Rechtslage vor 2009).

Die unterschiedliche Betrachtung in Erb- und Schenkungsfällen kann in bestimmten Fällen zu paradoxen Ergebnissen führen. Wenn im obigen Beispiel V das Grundstück K schenkt, dann ist zwar am 10.01. die Schenkungsteuer ausgelöst. Dennoch vererbt V am 20.03. eben dieses Grundstück (im Extremfall auch noch an K).

Diese Auffassung wird auch in R E 9.1 und R E 12.2 ErbStR so vertreten.

Verhältnis zu anderen Steuern und Rechtsgebieten

Bewertungsrecht

Das Bewertungsrecht stellt die entscheidende Grundlage für das Erbschaftsteuerrecht dar. Nach § 12 ErbStG erfolgt die Bewertung der einzelnen vererbten oder verschenkten Vermögensgegenstände nach dem Bewertungsrecht, vgl. Skript zum Bewertungsrecht. Ebenfalls sind die Nachlassverbindlichkeiten (Schulden) zu bewerten, § 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG.

Lediglich Bargeld in Euro und Beerdigungskosten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG werden nicht bewertet. Sie werden zwar mit dem Nennwert angesetzt, bzw. in Abzug gebracht. Es liegt jedoch kein Fall des § 12 BewG vor, da es sich nicht um Kapitalforderungen und/ oder Kapitalschulden in diesem Sinn handelt.

Vorsicht

Hier klicken zum Ausklappen

In der Lösung zu Prüfungsaufgaben ist klar zu gliedern. Die Bewertungen (insbesondere die gesonderten Feststellungen) sind eigens darzustellen (Bewertungsmaßstab und Rechtsgrundlage!).

Grunderwerbsteuer

Nach § 3 Nr. 2 GrEStG unterliegt der unentgeltliche Erwerb eines Grundstücks nicht der Grunderwerbsteuer. Demnach schließen sich insoweit ErbSt/ SchenkSt und GrESt gegenseitig aus.

Es kann jedoch im Rahmen von teilentgeltlichen Vorgängen (z.B. im Rahmen einer gemischten Schenkung) in einem Übertragungsvorgang sowohl eine Schenkungsteuer, als auch eine Grunderwerbsteuer entstehen.

Beispiel

Hier klicken zum Ausklappen

Onkel verkauft ein Grundstück (Grundbesitzwert = Verkehrswert 500.000 €) an seine Nichte für 100.000 €.

Der entgeltliche Teil (100.000 €) unterliegt der GrESt mit (in Bayern) 3,5 %
= 3.500 €. In so weit liegen auch ertragsteuerliche Anschaffungskosten vor.

Der unentgeltliche Teil unterliegt der Schenkungsteuer. Nach R E 7.4 Abs. 1 ErbStR wird das zu leistende Entgelt direkt vom Steuerwert des Grundstücks abgezogen. Dies gilt auch dann, wenn der Grundbesitzwert niedriger ist, als der Verkehrswert (obgleich in der Praxis diese Feststellung häufig schwer zu erbringen sein würde).

500.000 € - 100.000 € Entgelt = 400.000 € Bereicherung (vor Abzug des persönlichen Freibetrages)

Würde die Begünstigung z.B. nach § 13d ErbStG greifen, dürfte die Gegenleistung ebenfalls nur anteilig abgezogen werden (z.B. mit 90 %), § 10 Abs. 6 ErbStG, R E 7.4 Abs. 2 ErbStR mit weiteren Nachweisen.

Einkommensteuer

Erwerbe von Todes wegen und Schenkungen unter Lebenden unterliegen selbst nicht der Einkommensteuer. Für Erbfälle mit Stichtag nach dem 31.12.2008 besteht nach § 35b EStG eine Entlastung bei der Einkommensteuer, wenn beim Erben Einkünfte tatsächlich der Einkommensteuer unterworfen werden, die zuvor (im laufenden oder in den 4 vorangegangenen Veranlagungszeiträumen) als Vermögensgegenstand der Erbschaftsteuer unterlagen.

Die Entlastung wird nur auf Antrag gewährt. Die Höhe der Entlastung bestimmt sich nach § 35b Satz 2 EStG.

Eine ähnliche Entlastung bestand auch schon in den 1990-iger Jahren und wurde damals mit der Begründung gestrichen, dass diese Regelung zu kompliziert sei (offizielle Gesetzesbegründung).

Beispiel

Hier klicken zum Ausklappen

A vererbt an B ein Mietwohngrundstück. Da ein Mieter mit seinen Mieten im Zahlungsverzug ist, befindet sich im Nachlass auch noch eine Mietforderung in Höhe von 5.000 €. Die Mietforderung unterliegt als übriges Vermögen (Kapitalforderung, § 12 BewG) mit dem Nennwert der Erbschaftsteuer.

Bei Zahlungseingang unterliegt die Miete mit Zufluss (§ 11 EStG) der Einkommensteuer im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG). Auf Antrag kann eine Steuerermäßigung nach § 35b EStG gewährt werden.