Inhaltsverzeichnis
- Der Gewerbebetrieb als Steuergegenstand
- Beginn und Ende der Gewerbesteuerpflicht
- Steuergegenstand
- Selbständigkeit (H 15.1 EStH)
- Nachhaltigkeit (H 15.2 EStH)
- Gewinnerzielungsabsicht (H 15.3 EStH)
- Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr (H 15.4 EStH)
- Keine Einkünfte aus L+F gem. § 13 EStG
- Keine Einkünfte aus selbständiger Arbeit gem. § 18 EStG
- Über eine Vermögensverwaltung hinausgehende Tätigkeit (H 15.7 EStH)
- Arten und Formen des Gewerbebetriebs
- Fallbeispiele zur Gewerbesteuerpflicht
- Gewerbebetrieb kraft gewerblicher Tätigkeit, § 2 Abs. 1 GewStG
- Gewerbebetrieb kraft gewerblicher Betätigung
- Zwei Besonderheiten gibt es jedoch noch im § 15 Abs. 3 EStG:
- Exkurs: Besonderheit Arbeitsgemeinschaften (§ 2a GewStG)
- Gewerbebetrieb kraft Rechtsnorm, § 2 Abs. 2 GewStG
- Gewerbebetrieb kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes, § 2 Abs. 3 GewStG
- Organschaft
- Mehrheiten von Betrieben
- Mehrere Betriebe verschiedener Art
- Mehrere Betriebe gleicher Art
- Mitunternehmerschaft und Kapitalgesellschaft
Der Gewerbebetrieb als Steuergegenstand
Der Gewerbesteuer unterliegt jeder Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen (§ 2 Abs. 1 GewStG). Ein Gewerbebetrieb liegt insoweit dann vor, wenn es sich um ein gewerblich tätiges Unternehmen im Sinne des EStG handelt (R 2.1 Abs. 1 GewStR). Für die Begriffsbestimmung des Gewerbebetriebs gilt somit § 15 Abs. 2 EStG.
Die Begriffsbestimmung des Gewerbebetriebs ist für das Gewerbesteuerrecht und das Einkommensteuerrecht gleich. Ob ein Gewerbebetrieb vorliegt, ist allerdings für die beiden Rechtsgebiete jeweils selbständig zu prüfen.
Die Annahme eines Gewerbebetriebs setzt neben der persönlichen Selbständigkeit des Unternehmens auch die sachliche Selbständigkeit des Betriebs voraus. Sachlich selbständig ist ein Unternehmen, wenn es für sich eine wirtschaftliche Einheit bildet, also nicht ein unselbständiger Teil eines anderen Unternehmens oder eines Gesamtunternehmens ist.
Der Gewerbebetrieb muss im Inland liegen. Als im Inland belegen gilt ein Gewerbebetrieb, soweit für ihn eine inländische Betriebsstätte im Sinne des § 12 AO unterhalten wird (§ 2 Abs. 1 GewStG; R 2.9 Abs. 1 GewStR).
Beginn und Ende der Gewerbesteuerpflicht
Die Gewerbesteuerpflicht beginnt grundsätzlich mit der tatsächlichen Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit, also sobald ein Betrieb im Sinne von § 2 GewStG i. V. m. § 15 Abs. 2 EStG am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt und dabei eigene gewerbliche Leistungen erbringt.
Zwar kann die formale Anmeldung eines Unternehmens beim Gewerbe- oder Handelsregister ein Indiz für den Start sein; entscheidend ist jedoch, dass über bloße Vorbereitungshandlungen hinausgegangen wird. Nach R 2.5 „Beginn der Steuerpflicht“ GewStR begründen etwa das Anmieten eines Geschäftslokals oder das Anschaffen von Inventar für sich genommen noch keine Gewerbesteuerpflicht. Erst wenn mit konkreten Aktivitäten – beispielsweise der Warenproduktion oder dem Anbieten von Dienstleistungen – erkennbar am Markt agiert wird, ist von einem Gewerbebetrieb im steuergesetzlichen Sinne auszugehen.
Beispiel
Herr Müller möchte ein Restaurant eröffnen. Bereits im April mietet er Räumlichkeiten an und lässt sie renovieren. Zudem kauft er erste Küchengeräte und Dekoration. Bis Juni führt er nur diese Vorbereitungsmaßnahmen durch, das Restaurant bleibt für Gäste geschlossen. Da noch keine eigenen Leistungen im allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erbracht werden, beginnt die Gewerbesteuerpflicht noch nicht.
Erst als Herr Müller im Juli offiziell öffnet, Gäste bedient und Einnahmen erzielt, nimmt sein Betrieb tatsächlich am Marktgeschehen teil. Genau in diesem Moment beginnt die Gewerbesteuerpflicht.
Analog endet die Gewerbesteuerpflicht, wenn der Betrieb tatsächlich eingestellt wird oder nicht mehr wie ein Gewerbebetrieb weitergeführt werden kann. Entscheidend ist hierbei wiederum das tatsächliche Geschehen: Eine formale Abmeldung reicht oft als Indiz, aber die Gewerbesteuerpflicht kann nur erlöschen, wenn auch keine weiteren gewerblichen Aktivitäten mehr stattfinden. Nach R 2.6 „Erlöschen der Steuerpflicht“ GewStR tritt die Beendigung für Einzelgewerbetreibende und Personengesellschaften mit der tatsächlichen Betriebseinstellung ein. Vorübergehende Unterbrechungen, die sich aus der Art des Betriebs ergeben – etwa saisonale Schließzeiten – lassen die Gewerbesteuerpflicht hingegen unberührt, da es sich um keine endgültige Aufgabe oder Veräußerung des Unternehmens handelt. Erst wenn alle wesentlichen Voraussetzungen für den Gewerbebetrieb entfallen, erlischt auch die Verpflichtung zur Entrichtung der Gewerbesteuer.
Beispiel
Frau Meier betreibt seit Jahren eine kleine Bäckerei. Zum Jahresende 05 beschließt sie, den Betrieb endgültig aufzugeben. Sie verkauft sämtliche Backöfen und schließt die Ladentür. Auch die formale Gewerbeanmeldung wird zum 31. 12. 05 abgemeldet. Damit ist ihr Gewerbebetrieb tatsächlich eingestellt. Ab dem 1. 1. 06 nimmt sie nicht mehr am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil.
Obwohl Frau Meier noch Restware an Lieferanten zurückgibt und möglicherweise letzte Rechnungen begleicht, liegt keine fortdauernde gewerbliche Tätigkeit mehr vor. Mit der endgültigen Schließung zum 31. 12. 05 endet somit ihre Gewerbesteuerpflicht.
Steuergegenstand
Der Steuergegenstand der Gewerbesteuer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG ein inländischer Gewerbebetrieb. Ob ein solcher vorliegt, bestimmt sich nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i. V. m. § 15 Abs. 2 EStG: Liegen dort Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor, unterliegt dieser Betrieb auch der Gewerbesteuerpflicht.
Nach R 2.1 Abs. 1 GewStR setzt ein Gewerbebetrieb im Wesentlichen voraus, dass es sich um ein gewerblich tätiges Unternehmen im Sinne des EStG handelt. Fehlen die für die Einkommensteuer erforderlichen gewerblichen Einkünfte, entfällt auch die Verpflichtung zur Gewerbesteuer. Dies betrifft insbesondere sogenannte „stehende Gewerbebetriebe“ gemäß § 1 GewStDV, bei denen eine inländische Betriebsstätte vorhanden sein muss (§ 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG i. V. m. § 12 AO).
Merke
Ob ein Gewerbebetrieb tatsächlich besteht, wird sowohl im Einkommensteuerrecht als auch im Gewerbesteuerrecht jeweils eigenständig geprüft. Obwohl der gewerbesteuerliche Gewerbebegriff weitgehend auf den einkommensteuerrechtlichen Vorgaben aufbaut, erfolgt die Beurteilung in beiden Rechtsgebieten grundsätzlich unabhängig voneinander.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG gilt ein in einem inländischen Schiffsregister eingetragenes Handelsschiff als im Inland ansässig. Zudem unterliegen Reisegewerbebetriebe, Schausteller und selbständige Hausierer nach § 35a Abs. 1 GewStG der Gewerbesteuerpflicht.
Die Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs sind in § 15 Abs. 2 EStG definiert. Positive Abgrenzungsmerkmale sind Selbständigkeit, Nachhaltigkeit, Gewinnerzielungsabsicht und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Negative Merkmale sind das Fehlen von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, selbständiger Arbeit oder Vermögensverwaltung.
Selbständigkeit (H 15.1 EStH)
Hierfür müssen Unternehmerrisiko und Unternehmerinitiative vorliegen, also das Wirtschaften aus eigenem Antrieb heraus und auf eigene Rechnung und Gefahr.
Zudem darf keine Weisungsgebundenheit vorliegen. Selbstständig ist, wer nicht Arbeitnehmer ist. Es darf also keine nichtselbständige Tätigkeit sein, also kein festes Gehalt, kein Urlaubsanspruch, Arbeitszeitvorschriften usw. Die genauen Regelungen dazu finden sich in § 1 der LStDV.
Ist hiernach jemand selbständig, gilt das für die Einkommensteuer und damit auch für die Gewerbesteuer.
Der Selbständige schuldet dem Auftraggeber einen Leistungserfolg, der Arbeitnehmer schuldet seine Arbeitskraft. Der Selbstständige wird nach Erfolg bezahlt, bekommt also eine Provision oder ein Honorar, während der Arbeitnehmer ein feste Bezahlung erhält, also Lohn oder Gehalt.
Beispiel
Detlef betreibt eine Gesangschule und erzielt aus dieser Tätigkeit Einkünfte in Höhe von 150.000 EUR. Nebenbei verkauft er seinen Schülern ein Getränk, welches die Stimme geschmeidig und klangsicher machen soll. Aus diesem Verkauf erzielte er 35.000 EUR.
Die Einkünfte in Höhe von 150.000 EUR und 35.000 EUR werden separat betrachtet. Eine Trennung anhand der Buchführung soll hier möglich sein, so dass man diese Einkünfte als eigenständige Teilbereiche betrachten kann. Es handelt sich hierbei um Einkünfte aus selbständiger Arbeit und gewerbliche Einkünfte aus dem Verkauf von Waren (Getränken). Die gewerblichen Einkünfte unterliegen der Gewerbesteuerpflicht.
Nachhaltigkeit (H 15.2 EStH)
Nachhaltigkeit liegt vor, wenn eine Tätigkeit auf Wiederholung angelegt ist (BFH-Urteil vom 26. 6.2007, IV R 49/04; H 15.2 „Wiederholungsabsicht“ EStH). Dies kann sich aus der Einnahmen- und/oder Ausgabenseite ergeben. Es kommt dabei nicht auf die tatsächliche Wiederholung an, sondern lediglich auf die Wiederholungsabsicht.
Beispiel
Marta ist eine begnadete Nageldesignerin. In Hamburg eröffnet sie zuhause ein kleines Kosmetikstudio als nebenberufliche Einnahmequelle. Dank einer Onlineanzeige konnte Marta bereits ein paar Termine vereinbaren. Ihre erste Kundin (Besitzerin diverser Nagelstudios), ist von Martas Arbeitsweise und ihrem Auftreten so begeistert, dass sie ihr ein lukratives Angebot als stellvertretende Filialleiterin anbietet. Marta kann das Angebot unmöglich ablehnen und schließt daraufhin ihr kleines Nagelstudio wieder.
Marta plante ihr Nagelstudio längerfristig zu betreiben. Diese Tätigkeit sollte auf Wiederholung angelegt sein. Es ist dabei die Absicht zur Wiederholung entscheidend, nicht die tatsächliche Umsetzung. Da die Absicht zur Wiederholung durch eine Onlineanzeige nach außen hin erkennbar war, genügt bereits eine einzige Handlung, um von Nachhaltigkeit auszugehen. Dies wird im Hinweis 15.2 "Wiederholungsabsicht" EStH erläutert.
Gewinnerzielungsabsicht (H 15.3 EStH)
Die Gewinnerzielungsabsicht erfordert, dass ein Totalgewinn (Summe aller Gewinne und Verluste einschließlich Veräußerungs- oder Aufgabegewinn) angestrebt wird. Besonders in den Anfangsjahren können Anlaufverluste auftreten, die nur bei einem schlüssigen Konzept anerkannt werden, das auf künftige Gewinne abzielt.
Erzielt der Steuerpflichtige tatsächlich erhebliche Gewinne, ist eine Gewinnerzielungsabsicht anzunehmen; gegenteilige Behauptungen sind unbeachtlich (vgl. BFH-Urteil, BStBl II 1996, 369).
Der Gegensatz zur Gewinnerzielungsabsicht ist die Liebhaberei: Der Steuerpflichtige nimmt wahrscheinliche Totalverluste bewusst in Kauf und führt den Betrieb fort, ohne strukturelle Änderungen, die eine Besserung erwarten lassen. Dies zeigt sich häufig
- bei Hobbys (etwa Pferdezucht, Hobby-Fotografie, private Segelyacht) oder
- bei Tätigkeiten, die nur Verluste erzeugen, ohne realistische Aussicht auf künftige Gewinne.
Bestehen Zweifel an der Gewinnerzielungsabsicht, kann das Finanzamt gemäß § 165 AO einige Veranlagungszeiträume vorläufig festsetzen und rückwirkend Liebhaberei annehmen, wenn sich kein positives Ergebnis abzeichnet.
Beispiel
Silke Meyer, eine sehr erfolgreiche Ärztin aus Bodenheim, führt den traditionellen Weinbaubetrieb ihrer Familie fort, obwohl der Betrieb trotz erheblicher Verluste weiterhin besteht. Es wurden keine wesentlichen Veränderungen vorgenommen, um den Betrieb profitabel zu machen.
Maßnahmen, die die wirtschaftliche Lage des Betriebes dauerhaft verbessern, wie in H 15.3 „Umstrukturierungsmaßnahmen“ EStH gefordert, sind offensichtlich unterblieben. Es ist daher davon auszugehen, dass Silke Meyer den Betrieb aus privaten Gründen fortführt. Es handelt sich somit um Liebhaberei und die Gewinnerzielungsabsicht ist zu verneinen, d.h. die Verluste sind steuerlich nicht anzuerkennen.
Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr (H 15.4 EStH)
Am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nimmt teil, wer erkennbar für Dritte entgeltliche Leistungen anbietet oder nachfragt. Entscheidend ist, dass das Unternehmen nach außen auftritt und seine Leistungen gegen Entgelt anbietet, also potenzielle Kunden aktiv anspricht. Selbst wenn es faktisch nur einen einzigen Nachfrager oder Anbieter gibt, gilt die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr als gegeben (vgl. H 15.4 „Kundenkreis“ EStH).
Beispiel
Ein in Bremen ansässiger OEM-Hersteller (Original Equipment Manufacturer), produziert ausschließlich für einen Abnehmer. Dieses Unternehmen produziert Produkte und Komponenten, die speziell für einen bestimmten Kunden entwickelt und hergestellt werden. Es handelt sich hierbei um Elektronikkomponenten für einen bestimmten Fahrzeughersteller.
Trotz des einen Abnehmers nimmt der OEM-Hersteller steuerlich dennoch am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil.
Keine Einkünfte aus L+F gem. § 13 EStG
Die Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieben und Betrieben der L+F ist in R 15.5 EStR geregelt. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sind nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG insbesondere zwei Bereiche:
- Bodenbewirtschaftung zur Gewinnung von Pflanzen und Pflanzenteilen mit Hilfe der
Naturkräfte (S. 1) und - Tierzucht und Tierhaltung in gewissem Umfang (in Abgrenzung zur gewerblichen Tierzucht/-haltung) (S. 2).
Hinweis
Problematisch kann die Abgrenzung sein, wenn zusätzlich zum L+F-Betrieb noch Nebenbetriebe existieren, z.B. ein Hofladen, in dem selbst produziertes Gemüse verkauft wird. Gilt der Nebenbetrieb dann noch als L+F-Betrieb oder als gewöhnlicher Handelsbetrieb?
- Nach der Verkehrsanschauung zählt nur der Verkauf selbst hergestellter Erzeugnisse zur Landwirtschaft. Wenn nur die selbst erzeugten Produkte verkauft werden, handelt es sich immer noch um Einkünfte aus L+F. Wenn neben den eigenen Erzeugnissen aber auch zugekaufte Produkte verkauft werden, z.B. Südfrüchte, kommt es auf den Umfang des Zukaufs fremder Erzeugnisse an.
- Steuerschädlich ist der Zukauf, wenn er mehr als ein Drittel des Gesamtumsatzes oder mehr als 51.500 EUR im Wirtschaftsjahr beträgt, R 15.5 Abs. 11 EStR.
Keine Einkünfte aus selbständiger Arbeit gem. § 18 EStG
Ob eine Tätigkeit gewerblicher Natur ist oder zu den freiberuflichen Tätigkeiten im Sinne von § 18 EStG zählt, richtet sich nach den Grundsätzen der H 15.6 EStH. Eine selbständige Arbeit ist nur dann freiberuflich, wenn sie zu den Katalogberufen (z. B. Arzt, Rechtsanwalt, Architekt) oder den ähnlichen Berufen (etwa wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende, erzieherische Tätigkeit) gehört. Für die Einordnung ist entscheidend, dass die persönliche Arbeitskraft im Vordergrund steht. Außerdem sind in der Regel eine entsprechende Ausbildung sowie eine leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit erforderlich.
Fällt eine selbständige Tätigkeit nicht unter § 18 EStG, wird sie als Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) eingestuft und unterliegt der Gewerbesteuer. Das kann zu einer höheren Gesamtbelastung führen, auch wenn die Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer angerechnet wird (§ 35 EStG). Für die genaue Abgrenzung gibt es zahlreiche Einzelfallentscheidungen (vgl. H 15.6 EStH).
Beispiel
Frau Meier betreibt ein Marketing-Beratungsbüro, in dem sie lediglich allgemeine Unternehmensberatung anbietet, ohne einen freiberuflichen Katalogberuf oder eine wissenschaftlich fundierte Spezialtätigkeit auszuüben. Obwohl sie ihre Arbeit selbständig, eigenverantwortlich und mit persönlichem Einsatz durchführt, handelt es sich nicht um eine freiberufliche Tätigkeit im Sinne des § 18 EStG, da das Berufsbild nicht zu den freien Berufen zählt und keine hinreichend wissenschaftliche Spezialisierung vorliegt.
Folglich werden ihre Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt, und sie unterliegt der Gewerbesteuer.
Über eine Vermögensverwaltung hinausgehende Tätigkeit (H 15.7 EStH)
Nach § 15 Abs. 2 EStG sind die Merkmale für einen Gewerbebetrieb zwar aufgeführt, aber nicht abschließend. Hinzu kommt der Grundsatz, dass reine Vermögensverwaltung (z. B. Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG oder aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG) keinen Gewerbebetrieb darstellt.
Bei Vermietung und Verpachtung scheinen die Merkmale eines Gewerbebetriebs (z. B. Nachhaltigkeit, Gewinnerzielungsabsicht) zwar oft erfüllt; dennoch liegt in der Regel keine gewerbliche Tätigkeit vor, weil die reine Vermögensnutzung im Vordergrund steht. Ein Gewerbebetrieb ist erst dann gegeben, wenn der Vermieter mehr leistet als bloße Räume oder Objekte zur Verfügung zu stellen und sich somit wie ein Händler oder Dienstleister verhält (BFH vom 26. 6. 2007, IV R 49/04).
In zwei Fällen wird Vermietung jedoch gewerblich behandelt:
- Zusätzliche Leistungen über reine Raumüberlassung hinaus (z. B. hotelartige Vermietung mit regelmäßigem Service).
- Gewerblicher Grundstückshandel, wenn Ankauf und Verkauf im Vordergrund stehen (z. B. mehr als drei Verkäufe innerhalb von fünf Jahren, H 15.7 Abs. 1 EStH).
Beispiel
Herr Müller besitzt vier Wohnungen, die er langfristig vermietet. Er bietet lediglich einen Wohnraum an und ist für Reparaturen zuständig. Damit liegt bei ihm private Vermögensverwaltung vor, und er erzielt keine gewerblichen Einkünfte. Verkauft er jedoch innerhalb von fünf Jahren drei dieser Wohnungen und lässt nur eine zum dauerhaften Vermieten zurück, könnte ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegen, wenn die Verkäufe im Vordergrund stehen. Alternativ könnte auch eine hotelartige Vermietung an touristische Kurzzeitgäste (inkl. Reinigung, Catering und ständigem Mieterwechsel) zur Gewerbesteuerpflicht führen.
Arten und Formen des Gewerbebetriebs
Im nachfolgenden Kapitel werden die Formen des Gewerbebetriebs kurz zusammengefasst und mit vier Videos erläutert. Dabei ist entscheidend zu verstehen, welche Auswirkungen die verschiedenen Formen – zum Beispiel Einzelunternehmen, Personengesellschaften oder Kapitalgesellschaften – auf die Gewerbesteuer haben.
Das Gewerbesteuergesetz unterscheidet gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG und § 35a GewStG zwischen
- dem stehenden Gewerbebetrieb
- und dem Reisegewerbebetrieb (für Letzteren benötigt man gemäß § 35a Abs. 2 GewStG eine Reisegewerbekarte).
Ein stehender Gewerbebetrieb liegt vor, wenn es nicht um einen Reisegewerbebetrieb geht (§ 1 GewStDV). Zur Gewerbesteuer herangezogen wird ein stehender Gewerbebetrieb, soweit er im Inland ausgeübt wird und dort eine Betriebsstätte unterhält. Unter Inland versteht man nach § 2 Abs. 6 GewStG das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich des Festlandsockels, soweit dort Naturschätze erforscht oder ausgebeutet werden.
Als Betriebsstätte gilt nach § 12 AO jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmens dient. Auch bewegliche Einrichtungen (z. B. fahrbare Verkaufsstände) gelten als Betriebsstätten, sofern sie vorübergehend festen Standort haben.
Eine Legaldefinition des Gewerbebetriebs enthält das GewStG nicht; vielmehr verweist es in § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG auf die Merkmale des § 15 Abs. 2 EStG (z. B. Selbständigkeit, Nachhaltigkeit, Gewinnerzielungsabsicht, Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr). Diese Kriterien bestimmen, ob Einkünfte als gewerbliche Tätigkeit anzusehen sind und somit unter die Gewerbesteuerpflicht fallen.
Fallbeispiele zur Gewerbesteuerpflicht
Heinz ist Bäcker in Regensburg. Er erzielt mit seiner Bäckerei umfangreiche Einkünfte. Aufgrund der Corona Lage hat er einige Filialen verkleinert und beliefert derzeit alle seine Kunden direkt aus der Produktionshalle.
Prüfe die steuerliche Situation von Bäcker Heinz.
Michael ist Arzt in München. Er erzielt mit seiner Praxis umfangreiche Einkünfte. Er ist ausschließlich im Bereich Heilbehandlung tätig.
Prüfe die steuerliche Situation von Michael in Bezug auf die Gewerbesteuer.
Michael und Daniel sind Ärzte in München. In Ihrer Praxis betreiben sie ausschließlich im Bereich Heilbehandlung Leistungen. Um die Rendite des umfangreichen Betriebsvermögens der GbR zu erhöhen, haben sie auf das Betriebsgebäude eine PV-Anlage installiert. Diese erwirtschaftet seit diesem Jahr zusätzliche Gewinne in Höhe von 30.000 €.
Prüfe die steuerliche Situation der GbR in Bezug auf die Gewerbesteuer.
Michael ist Arzt in München. Er erzielt mit seiner Praxis umfangreiche Einkünfte. Er ist ausschließlich im Bereich Heilbehandlung tätig. Neben seiner Tätigkeit als Arzt betreibt er noch eine große Photovoltaik-Anlage, welche ausschließlich Strom einspeist. Diese betreibt er auf eigenem Grund und Boden. Die Gewinne aus der PV-Anlage belaufen sich auf 174.000 €
Prüfe die steuerliche Situation von Michael in Bezug auf die Gewerbesteuer.
Gewerbebetrieb kraft gewerblicher Tätigkeit, § 2 Abs. 1 GewStG
Es lassen sich nach § 2 GewStG drei unterschiedliche Arten von Gewerbebetrieben unterscheiden:
- Gewerbebetrieb kraft gewerblicher Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 GewStG,
- Gewerbebetrieb kraft Rechtsform nach § 2 Abs. 2 GewStG und
- Gewerbebetrieb kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nach § 2 Abs. 3 GewStG.
Gewerbebetrieb kraft gewerblicher Betätigung
Beim Gewerbebetrieb kraft gewerblicher Tätigkeit (= natürlicher Gewerbebetrieb) müssen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG gegeben sein. Unter diese Form von Gewerbebetrieb fallen lediglich Einzelunternehmen und Personengesellschaften, Kapitalgesellschaften werden unter der nächsten Form „Gewerbebetrieb kraft Rechtsform“ zusammengefasst. Deswegen hat sich der Name natürlicher Gewerbebetrieb für die Gewerbebetriebe kraft gewerblicher Tätigkeit eingebürgert.
Beispiel
Für Einzelunternehmen gelten die oben ausführlich beschriebenen Voraussetzungen / Abgrenzungsmerkmale nach § 15 Abs. 2 EStG:
Die Steuerpflichtige Christel L. aus Kaarst (NRW) betreibt einen Handel mit Brillen.
Für Personengesellschaften / Mitunternehmerschaften (GbR, OHG, KG, atyp. stille Gesellschaft) gelten grundsätzlich dieselben Voraussetzungen wie für Einzelunternehmen. Denn Mitunternehmer werden über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Gewinns auch zur Einkommensteuer herangezogen. Demzufolge sind auch die o.g. Voraussetzungen nach § 15 Abs. 2 EStG entscheidend. Maßgebend ist daher bei Personengesellschaften die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung. Liegen hiernach gewerbliche Einkünfte vor, haben wir auch einen gewerbesteuerpflichtigen Betrieb nach dem GewStG.
Zwei Besonderheiten gibt es jedoch noch im § 15 Abs. 3 EStG:
- § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG: Abfärberegelung
Nach der Nr. 1 sind die gesamten Einkünfte einer Personengesellschaft Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn die Personengesellschaft auch gewerbliche Einkünfte erzielt (= Abfärberegelung / Infektionstheorie). Wenn eine Personengesellschaft teilweise gewerbliche Einkünfte und teilweise nicht gewerbliche Einkünfte erzielt, werden hiernach sämtliche Einkünfte der Gesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt.
Ausnahme hiervon ist nur, wenn lediglich sehr geringfügige gewerbliche Einkünfte vorhanden sind, vgl. H 15.8 Abs. 5 "Bagatellgrenze" EStH. - § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG: die gewerblich geprägte Personengesellschaft
Die GmbH & Co KG ist ein Sonderfall der KG. Folglich unterliegt sie wie alle KG nur dann der GewSt, wenn sie einen werbenden Gewerbebetrieb unterhält. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG enthält davon eine Ausnahme. Er erklärt alle Einkünfte, die durch die GmbH & Co. KG erzielt werden, zu gewerblichen Einkünften. Voraussetzung ist, dass ausschließlich Kapitalgesellschaften voll haften und nur diese oder fremde Dritte unmittelbare Geschäftsführer der KG sind.
Hinweis
Man spricht von gewerblich (= von der GmbH) geprägten Personengesellschaften, da eine Kapitalgesellschaft, also hier eine GmbH, persönlich haftet und zur Geschäftsführung befugt ist. Der Zweck der Vorschrift ist, dass diese gewerblich geprägten Personengesellschaften den Kapitalgesellschaften gleichgestellt werden.
Gewerblich geprägte Personengesellschaften sind als Gesellschafter für die Frage der gewerblichen Prägung i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG den Kapitalgesellschaften gleichgestellt.
Beispiel
An der A-KG ist als einziger Komplementär und Geschäftsführer die B-GmbH & Co.KG beteiligt. Diese B-KG ist gewerblich geprägt. Auch die A-KG ist damit gewerblich geprägt (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 2 EStG).
Die gewerblich geprägte Personengesellschaft unterliegt grundsätzlich der GewSt. Das gilt auch, wenn die Gesellschaft nur Kapitalvermögen verwaltet (BFH, BStBl II 2004, 464).
§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG kommt nur dann zur Anwendung, wenn die GmbH & Co. KG nicht ohnehin schon nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG oder nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gewerbliche Einkünfte erzielt.
Vertiefung
Exkurs: Besonderheit Arbeitsgemeinschaften (§ 2a GewStG)
Arbeitsgemeinschaften („Arge“) entstehen am häufigsten im Baugewerbe. Mehrere Unternehmen schließen sich zu einer GbR (Arge) für einen Bauauftrag zusammen. Meistens handelt es sich um einen Auftrag, der die Kapazität nur eines Unternehmens übersteigt.
Eine solche Arge ist als gewerbliche Mitunternehmerschaft gewerbesteuerpflichtig. § 2a GewStG legt jedoch fest, dass sie nicht als Gewerbebetrieb gilt, ihr Ergebnis ist vielmehr anteilig ihren Mitgliedsunternehmen zuzurechnen. Das gilt aber nur dann, wenn die Arge nur für einen Auftrag gegründet wurde.
Gewerbebetrieb kraft Rechtsnorm, § 2 Abs. 2 GewStG
Bei den Gewerbebetrieben kraft Rechtsform (= fingierte Gewerbebetriebe) kommt es nicht auf die Art der Tätigkeit an. Diese muss also insbesondere nicht gewerblich sein, genauer gesagt müssen die positiven und negativen Merkmale einer gewerblichen Tätigkeit nicht sämtlich erfüllt sein. Vielmehr kommt es hierbei auf die Rechtsform an. Insbesondere zählen alle Kapitalgesellschaften, also die AG, GmbH und KGaA, zu den Gewerbebetrieben kraft Rechtsform.
Beispiel
Die Steuerpflichtigen Christel und Jean-Claude L. aus Kaarst (NRW) gründen die Übersetzungs-GmbH.
Obwohl die Tätigkeit des Übersetzens keine gewerbliche Tätigkeit ist, sondern vielmehr eine selbständige Arbeit, ist die GmbH ein Gewerbebetrieb, nämlich ein Gewerbebetrieb kraft Rechtsform.
Hinweis
Die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft (insbesondere GmbH und AG), Genossenschaften und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit gilt stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb, § 2 Abs. 2 S. 1 GewStG. Somit ist sie mit sämtlichen Einkünften gewerbesteuerpflichtig.
Übt eine solche Gesellschaft mehrere Tätigkeiten aus, so hat sie gewerbesteuerlich dennoch nur einen Gewerbebetrieb (R 2.4 Abs. 4 GewStR).
Gewerbebetrieb kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes, § 2 Abs. 3 GewStG
Die juristischen Personen des privaten Rechts, die keine Kapitalgesellschaften sind, wie Rechtspflegevereine und privatrechtliche Stiftungen, gelten als Gewerbebetrieb, wenn sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darstellen. Für den Gewerbebetrieb kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (= fingierte Gewerbebetriebe) sind also zwei Voraussetzungen nötig:
- bestimmte Rechtsform und
- wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb.
Unter einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb versteht man nach § 14 AO eine
- selbständige und
- nachhaltige Tätigkeit,
- durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer reinen Vermögensverwaltung hinausgeht.
Der Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs geht über den Begriff des Gewerbebetriebs des Einkommensteuerrechts hinaus, denn es kommt hierbei nicht darauf an, ob eine Gewinnerzielungsabsicht besteht und ob eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vorliegt.
Hinweis
Wichtig ist, dass bei Gewerbebetrieben kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs sich die Gewerbesteuerpflicht ausschließlich auf diesen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb beschränkt.
Beispiel
Der Schachverein der Stadt Kaarst veranstaltet einmal jährlich das traditionelle Schachfest mit Grill, Kuchenbuffet und Getränkeverkauf. Erzielt er insoweit Einkünfte aus Gewerbebetrieb?
Der Schachverein der Stadt Kaarst ist eine juristische Person des privaten Rechts, weil er ein rechtsfähiger Verein ist. Darüber hinaus veranstaltet der Verein einmal jährlich das traditionelle Schachfest mit Grill, Kuchenbuffet und Getränkeverkauf und wird dadurch selbständig und nachhaltig tätig, erzielt mindestens wirtschaftliche Vorteile, wenn nicht sogar Einnahmen und betreibt nicht nur Vermögensverwaltung. Der Schachverein ist daher mit seinen Einkünften aus dem Schachfest kraft wirtschaftlichen Gewerbebetriebs gewerbesteuerpflichtig.
Organschaft
Die gewerbesteuerliche Organschaft ist ab dem Erhebungszeitraum 2002 komplett mit der körperschaftsteuerlichen Organschaft identisch (R 2.3 Abs. 1 Satz 1 GewStR), das heißt, eine Organschaft für gewerbesteuerliche Zwecke liegt nur dann vor, wenn eine körperschaftsteuerliche Organschaft im Sinne der §§ 14 ff. KStG vorliegt.
Merke
Voraussetzungen für eine Organschaft sind (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG in Verbindung mit § 14 KStG):
- finanzielle Eingliederung und
- Abschluss eines Ergebnisabführungsvertrages zwischen einer
- Kapitalgesellschaft (= Organgesellschaft) und einem
- gewerblichen Unternehmen (= Organträger).
Konsequenz einer Organschaft ist, dass die Organgesellschaft als eine Betriebsstätte des Organträgers gilt. Die Organgesellschaft ermittelt ihren Gewerbeertrag eigenständig, hiernach wird dem Organträger dieser Gewerbeertrag zugerechnet, damit der Gewerbesteuermessbetrag errechnet werden kann (R 2.3 GewStR). Die Fiktion einer Betriebsstätte bedeutet hingegen nicht, dass Organträger und Organgesellschaft als einheitliches Unternehmen gelten (R 2.3 Abs. 1 Satz 3 GewStR).
Merke
Bei Gewerbebetrieben kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs wird die Gewerbesteuerpflicht auf ebendiesen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb beschränkt. Beim Gewerbebetrieb kraft Rechtsform hingegen unterliegen alle Einkünfte der Gewerbesteuer.
Beispiel
Der Schachverein aus Kaarst unterhält einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und verwaltet zusätzlich hierzu Vermögen, das mit dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nicht im Zusammenhang steht.
Die Gewerbesteuerpflicht für den Schachverein erstreckt sich, weil dieser ein Gewerbebetrieb kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ist, lediglich auf eben diesen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Die Vermögensverwaltung wird nicht mit Gewerbesteuer belastet, selbst dann nicht, wenn auch sie der Erfüllung des Satzungszwecks des Vereins dient.
Beispiel
Die Betätigung von Unterstützungskassen, die den Leistungsempfängern keinen Rechtsanspruch gewähren, gehen im Regelfall nicht über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinaus und werden daher nicht mit Gewerbesteuer belastet (R 2.1 Abs. 4 Satz 8 GewStR).
Mehrheiten von Betrieben
Mit Gewerbesteuer wird nicht der Gewerbetreibende belastet, sondern vielmehr sein Gewerbebetrieb, da es sich bei der Gewerbesteuer um eine Objektsteuer handelt. Steuergegenstand ist der Gewerbebetrieb mit seinen inländischen Betriebsstätten. Die Frage ist bei mehreren inländischen Betriebsstätten ein- und desselben Gewerbetreibenden, ob es sich dabei um einen oder mehrere Gewerbebetriebe handelt und ob Freibeträge einmalig oder mehrere Male gewährt werden.
Es lassen sich folgende Fälle unterscheiden:
- Einzelunternehmen,
- mehrere Betriebe verschiedener Art (R 2.4 Abs. 1 GewStR),
- mehrere Betriebe gleicher Art (R 2.4 Abs. 2 GewStR),
- Mitunternehmerschaft (R 2.4 Abs. 3 GewStR),
- Kapitalgesellschaften (R 2.4 Abs. 4 GewStR).
Mehrere Betriebe verschiedener Art
Bei mehreren Betrieben verschiedener Art ist jeder Betrieb einzeln für sich zu besteuern, denn nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG ist der einzelne Gewerbebetrieb der Steuergegenstand.
Beispiel
Der Gewerbetreibende Hubert besitzt einen Fahrradhandel und eine Keramikfabrik.
Hubert hat damit zwei unterschiedliche Gewerbebetriebe, jeder einzelne ist für sich zu besteuern. Insbesondere kann er bei jedem einzelnen seiner beiden Gewerbebetriebe relevante Freibeträge geltend machen.
Merke
Eine Ausnahme von der oben erwähnten Regel gilt nur dann, wenn
- verschiedene Gewerbebetriebe in derselben Gemeinde ausgeübt werden und
- nach der Verkehrsauffassung und nach den Betriebsverhältnissen die verschiedenen Betriebszweige als Teil eines einzigen Gewerbebetriebs anzusehen sind (R 2.4 Abs. 1 Satz 3 GewStR).
Beispiel
Der Gewerbetreibende Hubert besitzt in seiner Heimatgemeinde Kaiserswerth eine Fleischerei und eine Speisewirtschaft.
Die beiden Betriebe befinden sich in n derselben Gemeinde und sind sowohl nach der Verkehrsauffassung als auch nach den Betriebsverhältnissen als Teil eines einzigen Gewerbebetriebs anzusehen.
Mehrere Betriebe gleicher Art
Wenn mehrere Betriebe der gleichen Art vorliegen, muss geprüft werden, ob diese eine wirtschaftliche Einheit darstellen.
Die unterschiedlichen Betriebe sind als ein einziger Gewerbebetrieb anzusehen, wenn sie
- gleichartig sind und
- eine wirtschaftliche Einheit darstellen.
Als gleichartig gelten Betriebe, wenn sie sachlich, insbesondere wirtschaftlich, finanziell oder organisatorisch innerlich zusammenhängen (R 2.4 Abs. 2 Satz 4 GewStR). Es kommt also hierbei nicht darauf an, ob sich diese gleichartigen Betriebe in derselben Gemeinde befinden.
Kriterien für den sachlichen inneren Zusammenhang sind:
- Art der gewerblichen Betätigung,
- der Kunden- und Lieferantenkreis,
- die Geschäftsleitung,
- die Betriebsstätte etc.
Mitunternehmerschaft und Kapitalgesellschaft
Bei Mitunternehmerschaften und Kapitalgesellschaften gilt stets die gesamte Tätigkeit als einheitlicher Gewerbebetrieb (R 2.4 Abs. 3 Satz 1, R 2.4 Abs. 4 Satz 1 GewStR). Es kommt nicht darauf an, ob die einzelnen Betriebe zusammenhängen.