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Zerlegung des Steuermessbetrags, §§ 28 ff. GewStG
Kommen wir nun zur Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrages.
Wenn ein Gewerbebetrieb sich über mehrere Gemeinden erstreckt oder Betriebsstätten in mehreren Gemeinden unterhält, ist eine Aufteilung des Steuermessbetrags erforderlich (§ 28 Abs. 1 GewStG), um jeder hebeberechtigten Gemeinde einen Anteil an der Bemessungsgrundlage zuzuweisen. Zu beachten ist, dass unterschiedliche Gemeinden ggf. einen unterschiedlichen Hebesatz anwenden.
Um den Steuermessbetrag anteilig zu zerlegen, ist gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 GewStG zu verfahren. Den Zerlegungsmaßstab bildet in der Regel das Verhältnis der Arbeitslöhne in den Betriebsstätten der einzelnen Gemeinden (siehe hierzu § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG).
Hinweis
Bei Betrieben, die Anlagen zur Erzeugung von Windenergie unterhalten, ist der Gewerbesteuermessbetrag aufzuteilen (siehe § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG).
Zu den Arbeitslöhnen gehören nicht Vergütungen, die an Personen gezahlt worden sind, die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt werden (§ 31 Abs. 2 GewStG). Nach dem Gewinn berechnete einmalige Vergütungen wie Tantiemen und Gratifikationen sind beim Arbeitslohn nicht anzusetzen (siehe hierzu § 31 Abs. 3 GewStG). Bei Einzelunternehmungen und Personengesellschaften ist zusätzlich für die im Betrieb tätigen Unternehmer ein Betrag von insgesamt 25.000 € jährlich (fiktiv!) anzusetzen (§ 31 Abs. 4 GewStG). Zum Begriff des Arbeitslohns siehe auch R 31.1 GewStR. Die Summe der Arbeitslöhne ist nach § 29 Abs. 3 GewStG auf volle 1.000€ abzurunden.
Hinweis
Nach § 31 Abs. 1 S. 1 GewStG versteht man unter Arbeitslohn i.S.d. Zerlegungsvorschriften grundsätzlich Vergütungen im Sinne des § 19 EStG, also Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit, einschließlich der zum Teil steuerfreien Zuschläge für Mehr-, Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit (§ 31 Abs. 1 S. 2 GewStG).
Vergütungen an Auszubildende bleiben hingegen unberücksichtigt (§ 31 Abs. 2 GewStG). Zudem zählen nach § 31 Abs. 4 GewStG gewinnbezogene Erfolgszahlungen (z. B. Tantiemen, Gratifikationen) und sonstige Vergütungen über 50.000 € nicht zum Arbeitslohn. Das bedeutet, dass pro Arbeitnehmer höchstens 50.000 € anzusetzen sind (R 31.1 Abs.2 S. 1 GewStR).
Für den Unternehmer eines Einzelunternehmens sind pauschal 25.000 €; für Mitunternehmer insgesamt 25.000 € anzusetzen (§ 31 Abs. 5 GewStG).
Bei mehrgemeindlichen Betrieben (d.h. die Betriebsstätte erstreckt sich über mehr als eine Gemeinde, dies kommt vor allem bei großen Industriebetrieben vor), ist der Zerlegungsmaßstab zwischen den beteiligten Gemeinden auszuhandeln (§ 30 GewStG).
Führt der Zerlegungsmaßstab zu offenbar unbilligen Ergebnissen, so eröffnet § 33 GewStG die Möglichkeit, nach einem individuellen Maßstab zu zerlegen. Hierüber muss mit der betroffenen Gemeinde gem. § 33 Abs. 2 GewStG Einvernehmen erzielt werden.
Bei Kleinbeträgen ist § 34 GewStG zu beachten, wonach bei Zerlegungsanteilen unter 10 € diese Anteile grundsätzlich der Gemeinde zuzurechnen sind, in der sich die Geschäftsleitung befindet.
Die §§ 185 - 190 AO enthalten die formalen Vorschriften für die Zerlegung. Antrags- und einspruchsberechtigt sind der Stpfl. und die beteiligten Gemeinden.
Hinweis
Die Gemeinden mit Hebeberechtigung haben ein Auskunftsrecht beim Finanzamt und können sogar ggf. an Außenprüfungen teilnehmen (R 1.2 Abs. 3 GewStR).
Beispiel
Die gewerblich tätige X-OHG unterhält Betriebsstätten in den Gemeinden A und B. In A gilt ein Hebesatz von 350 %, in B von 400 %. Der steuerpflichtige Gewerbeertrag der X-OHG liegt am Ende des Jahres 01 bei 500.000 €.
In A wurden Gelder als Vergütung in Höhe von 300.000 € gezahlt, in B insgesamt 400.000 €. Hiervon beziehen sich 10 % auf Gehälter für Auszubildende. Der Leiter der Filiale B, der als Mitunternehmer anzusehen ist, erhielt eine gewinnabhängige Gratifikation in Höhe von 40.000 €. Führe die gewerbesteuerliche Zerlegung durch.
Lösungsweg:
Positionen | Gesamt | A | B |
Arbeitslöhne gesamt | 700.000 | 300.000 | 400.000 |
abzgl. Ausbildungsvergütung | - 70.000 | - 30.000 | - 40.000 |
abzgl. gewinnabh. Gratifikation § 31 Abs. 4 GewStG | - 40.000 | - | - 40.000 |
zzgl. § 31 Abs. 5 GewStG | 25.000 | - | 25.000 |
Summe und Abrundung auf volle 1.000 €, § 29 Abs. 3 GewStG (letzteres hier nicht gebraucht) | 615.000 | 270.000 | 345.000 |
Anteile | 100,00 % | 43,90 % | 56,10 % |
Gewerbeertrag (auf volle 100 € gerundet) | 500.000,00 € | 219.500 € | 280.500 € |
Steuermessbetrag (Gewerbeertrag* 3,5 %) | 7.682,50 € | 9.817,5 € | |
Hebesatz | 350 % | 400 % | |
Steuer | 26.888,75 € | 39.270 € |
Beispiel
Der Pizzabäcker Mario Mancini betreibt mehrere Restaurants als Einzelunternehmer. Das Hauptlokal, das vom Inhaber persönlich geführt wird, befindet sich in Oldenburg. Herr Mancini selbst ist ausschließlich hier tätig. Außerdem besitzt er noch eine weitere Pizzeria in Rastede, die von seiner Ehefrau geleitet wird, und einen Pizza-Bringdienst, der aus strategischen Erwägungen im Februar von Wardenburg nach Bad Zwischenahn verlegt wurde. Sein ganzer Stolz ist jedoch das letztes Jahr neu eröffnete Feinschmecker-Restaurant „Bella Italia“, welches sich ebenfalls in Oldenburg befindet. Es wurden folgende Löhne gezahlt:
Restaurant Oldenburg: | Löhne für Angestellte | 45.700 € |
Vergütungen für zwei Lehrlinge | 17.800 € | |
Feinschmecker Oldenburg: | Gehalt des Restaurantleiters | 35.000 € |
Löhne für Angestellte | 27.900 € | |
Gehalt für Starkoch Luigi Barilla | 65.300 € | |
Pizzeria Rastede: | Zahlungen an die Ehefrau (steuerlich nicht zu beanstanden) | 37.500 € |
Löhne für Angestellte | 29.000 € | |
Bringdienst Wardenburg: | Löhne für Angestellte | 2.200 € |
Bringdienst Bad Zwischenahn: | Löhne für Angestellte | 30.600 € |
Steuerfreie Sonntagszuschläge | 2.000 € |
Der Gewerbesteuermessbetrag ist auf 1.377 € festgesetzt worden. Wie hoch sind die Zerlegungsanteile der beteiligten Gemeinden?
Es handelt sich jeweils um eigene Betriebsstätten i.S.d. § 12 AO. Der Messbetrag ist daher nach den §§ 28 ff. GewStG auf die Gemeinden zu zerlegen, in denen Betriebsstätten unterhalten werden. Der Zerlegungsmaßstab ist nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GewStG das Verhältnis der Arbeitslöhne, gemäß § 29 Abs. 3 GewStG abgerundet auf volle 1.000 €.
Gemeinde Oldenburg | Löhne für Angestellte | 45.700 € | |
Vergütungen für zwei Lehrlinge | 0 € | § 31 (2) GewStG | |
Gehalt des Restaurantleiters | 35.000 € | ||
Löhne für Angestellte | 27.900 € | ||
Gehalt für Starkoch Luigi Barilla | 50.000 € | § 31 (4) GewStG | |
Unternehmerlohn, pauschal | 25.000 € | § 31 (5) GewStG | |
183.000 € | |||
Gemeinde Rastede | Zahlungen an die Ehefrau (steuerlich nicht zu beanstanden) | 37.500 € | |
Löhne für Angestellte | 29.000 € | 66.000 € | |
Gemeinde Wardenburg | Löhne für Angestellte | 2.200 € | 2.000 € |
Gemeinde Bad Zwischenahn | Löhne für Angestellte | 30.600 € | |
Steuerfreie Sonntagszuschläge | 2.000 € | § 31 (1) S.2 GewStG | |
32.000 € | |||
Summe der Arbeitslöhne | 283.000 € |
Zerlegungsanteile:
Oldenburg: | 183.000 / 283.000 x 1.377 € = 890,43 € |
Rastede: | 66.000 / 283.000 x 1.377 € = 321,14 € |
Wardenburg: | 2.000 / 283.000 x 1.377 € = 9,73 € |
Bad Zwischenahn: | 32.000 / 283.000 x 1.377 € = 155,70 € |
Da der Zerlegungsanteil, der auf Wardenburg entfällt, geringer als 10 € ist, wird dieser Zerlegungsanteil gem. § 34 Abs. 2 GewStG Oldenburg zugerechnet; 890,43 € + 9,73 € = 900,16 €.
Eine erneute Abrundung der anteiligen GewSt-Messbeträge nach der Zerlegung erfolgt nicht.