Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG unterliegen Kapitalgesellschaften, insbesondere die Europäische Gesellschaft, die AG, die KGaA und die GmbH der unbeschränkten Körperschaftsteuer. Dabei drückt das Wort „insbesondere“ aus, dass die Aufzählung nicht abschließend ist. Daher können sowohl nach deutschem Recht als auch nach europäischem Recht gegründete Kapitalgesellschaften nach § 1 Abs.
1 Nr. 1 KStG der unbeschränkten Körperschaftsteuer unterliegen. Daneben sind aber auch Gesellschaften, die weder nach deutschem noch nach europäischem Recht gegründet wurden, nach ihrem Gründungsstatut (Typenvergleich) aber einer Kapitalgesellschaft entsprechen, nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG unbeschränkt steuerpflichtig, wenn sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland haben. Wurden Gesellschaften nach dem Recht eines Mitgliedsstaates der EU gegründet, findet nach der Rechtsprechung des EuGH die Gründungstheorie Anwendung. Hiernach ist eine Gesellschaft rechtsfähig, wenn sie nach dem Recht eines Mitgliedsstaates der EU wirksam gegründet wurde, mit der Folge, dass auch die anderen Mitgliedsstaaten der EU diese Gesellschaft anzuerkennen und als rechtsfähig zu behandeln haben. Daher sind entsprechende Körperschaften nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig.
Wurde eine Gesellschaft dagegen nach dem Recht eines Staates außerhalb der EU gegründet, hat also nach ihren Statuten ihren Sitz im Ausland außerhalb der EU, ihren Verwaltungssitz aber nach Deutschland verlegt, kann diese Gesellschaft körperschaftsteuerpflichtig sein, wenn ihre Gesellschaftsform in der Organisation und Struktur einer der in § 1 Abs. 1 Nr. 1- 5 KStG genannten Gesellschaft entspricht. Hierfür ist ein so genannter Rechtstypenvergleich durchzuführen. H 1. 1 KStH „Ausländische Gesellschaften, Typenvergleich“ benennt diverse BMF-Schreiben sowie Tabellen, die auf den Rechtstypenvergleich eingehen. Hingewiesen wird hier auf das BMF-Schreiben v. 19.03.2004, BStBl I, 411, aus welchem sich die folgenden Kriterien ableiten lassen, nach denen aufgrund eines Rechtstypenvergleichs von einer Körperschaft auszugehen ist:
- Zentralisierte Geschäftsführung und Vertretung; d. h., dass eine oder mehrere Personen, jedoch nicht alle Gesellschafter zur Ausübung dieser Tätigkeiten befugt sind
- Gewinnverteilung, nach welcher die Zuteilung von Gewinnanteilen eines Gesellschafterbeschlusses bedarf
- Kapitalaufbringung, d. h, dass die Gesellschafter von Körperschaften regelmäßig Einlagen aufbringen müssen, wohingegen bei Personengesellschaften die Einbringung von Eigenkapital nicht gesetzlich gefordert wird
- Beschränkte Haftung, nach der grundsätzlich keine Haftungspflicht der Gesellschafter gegenüber Dritten besteht
- Freie Übertragbarkeit der Anteile, d. h. eine ungehinderte Übertragbarkeit der Anteile auf Nichtgesellschafter möglich ist
- Unbegrenzte Lebensdauer der Gesellschaft, d. h., dass die Lebensdauer der Gesellschaft vom Gesellschafterbestand unabhängig ist
- Eine Gewinnverteilung, die sich bei Körperschaften regelmäßig nach den Aktiennennbeträgen bzw. Geschäftsanteilen bemisst
- Formale Gründungsvoraussetzungen, welche die Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Errichtung und Anmeldung der Gesellschaft durch eine „öffentliche Instanz“ vorsehen
Erfüllt also eine ausländische Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse die oben dargestellten Voraussetzungen, ist sie nach § 1 Abs. 1 KStG unbeschränkt steuerpflichtig, wenn sie ihre Geschäftsleitung (§ 10 AO) oder ihren Sitz (§ 11 AO) im Inland hat. Zu den diesbezüglichen Erläuterungen wird auf die Ausführungen in Kapitel Unbeschränkte Steuerpflicht verwiesen.