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Das steuerliche Einlagekonto stammt ursprünglich aus dem Anrechnungsverfahren, wo Gewinne auf Ebene der Kapitalgesellschaft vorab belastet worden sind, aber eine endgültige Belastung erst auf Ebene der Anteilseigner stattfinden sollte, um dort dessen persönliche Verhältnisse zu berücksichtigen. Hierfür mussten für verschiedene steuerfreie Leistung und andere Sachverhalte mehrere Eigenkapitaltöpfe in Abhängigkeit von der Steuerbelastung gebildet werden. Die Körperschaftsteuer hatte insoweit die Funktion einer Vorauszahlung auf die Einkommensteuer. Eine Umstellung von dem Körperschaftsteueranrechnungsverfahren auf das Halbeinkünfteverfahren erfolgt unter anderem, weil die Europarechtswidrigkeit des Anrechnungsverfahrens befürchtet wurde.
Der EuGH hat dann auch in der Rechtssache Meilicke I und II (DB 2007, 650; DB 2011, 1617) für Altfälle die Europarechtswidrigkeit des Anrechnungsverfahrens festgestellt. Der EuGH hatte zuvor das finnische Verfahren ebenfalls als europarechtswidrig festgestellt. Zur Vermeidung der vollen Besteuerung mit einer harten Umstellung wurden eine Vielzahl von Übergangsregelungen geschaffen, deren Wirkung sich jedoch mit Ablauf des Veranlagungszeitraumes 2019 weitgehend erledigt haben. Das nachfolgende Kapitel beschäftigt sich daher nur noch mit der heutigen Bedeutung des steuerlichen Einlagekontos mit dem Primärziel, die Besteuerung von Ausschüttungen, die aus Rücklagen erfolgen, die aus Gesellschaftsmitteln geschaffen worden sind, sicherzustellen.
Nicht in das Nennkapital geleistete Einlagen
Auf dem steuerlichen Einlagekonto werden die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen erfasst. Diese Einlagen können sich in den folgenden Positionen des Eigenkapitals widerspiegeln:
Im Hinblick auf die Qualifizierung von Einlagen ist allein maßgeblich, ob steuerrechtlich eine Einlage vorliegt. Auf die handelsrechtliche Einordnung kommt es nicht an.
Neben den offensichtlichen Gesellschaftereinlagen, die in der Kapitalrücklage erfasst werden, können sich daher auch Einlagen im Jahresüberschuss bzw. Gewinnvortrag „verstecken“. Dies ist regelmäßig in den Fällen einer verdeckten Einlage der Fall, denn der Gesellschafter hat dann (s)einer Kapitalgesellschaft einen einlagefähigen Vermögensvorteil zugewendet. Die verdeckte Einlage wird dabei entweder über die Kapitalrücklage oder aber durch eine Ertragsbuchung erfasst, die steuerlich außerbilanziell korrigiert wird. In den Fällen einer Ertragsbuchung wird die Einlage somit im Jahresüberschuss und ggf. in den Folgejahren im Gewinnvortrag erfasst. Das steuerliche Einlagekonto muss entsprechend auch nicht mit der handelsrechtlichen Kapitalrücklage übereinstimmen.
Ohne steuerliches Einlagekonto wäre (insbesondere zu späteren Zeitpunkten) also nicht mehr erkennbar, inwiefern im Jahresüberschuss oder im Gewinnvortrag Gesellschaftereinlagen enthalten sind. Aus diesem Grund ist eine Nebenrechnung zu erstellen, das sogenannte steuerliche Einlagekonto.
Das steuerliche Einlagekonto
Das steuerliche Einlagekonto ist keine Bilanzposition. Es bildet lediglich einen Teil des Eigenkapitals ab und wird mittels einer Nebenrechnung fortentwickelt.
Jede unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft hat ein steuerliches Einlagekonto zu führen. Betroffen sind also:
- Körperschaften i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG, die im Inland ihren Sitz oder Geschäftsleitung haben (GmbH, AG, KGaA, SE, ausländische Gesellschaften nach dem Rechtstypenvergleich)
- Zur Körperschaftsteuer optierende Personengesellschaften (vgl. BMF v. 10.11.2021, Rz. 42, 70)
- Nach § 27 Abs. 7 KStG alle anderen Körperschaften i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2-6 KStG die Leistungen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 9 und 10 gewähren können
Beschränkt steuerpflichtige Körperschaften haben kein Einlagekonto zu führen. Das gilt allerdings nicht mehr, wenn eine bisher beschränkt körperschaftsteuerpflichtige Körperschaft oder Personenvereinigung den Ort der Geschäftsleitung ins Inland verlegt. In diesem Fall begründet der Wechsel der Steuerpflicht die Verpflichtung zur erstmaligen Bildung eines steuerlichen Einlagekontos. Der Anfangsbestand ist dann 0 €.
Obwohl das steuerliche Einlagekonto für die Gesellschafter und nicht für die Gesellschaft von Bedeutung ist, da das Konto den Zweck erfüllt Einlagen der Gesellschafter zu erfassen, ist es stets für die Kapitalgesellschaft und nicht für die Gesellschafter zu führen. Hierbei ist zu beachten, dass keine gesellschafterbezogene Führung des Einlagekontos erfolgt, sondern nur eine gesellschaftsbezogene Führung vorgenommen wird. Somit können alle anderen Gesellschafter von den Einlagen eines Gesellschafters profitieren. (Hinweis: Ggf. löst die Einlage nur eines Gesellschafters allerdings schenkungssteuerliche Tatbestände aus).