Soweit die Forderung hingegen nicht mehr werthaltig war, führt der Verzicht nicht zu einer verdeckten Einlage, so dass der Verzicht auf den wertlosen Teil der Forderung bei der Kapitalgesellschaft zu einem steuerpflichtigen Ertrag führt.
Auf der Ebene des Gesellschafters ist hinsichtlich der Behandlung des Forderungsverzichts auf den nicht mehr werthaltigen Teil danach zu unterscheiden, wer der Gesellschafter ist/ wo die Beteiligung beim Gesellschafter gehalten wird:
- Beteiligung im Privatvermögen
Verdeckte Einlagen des Gesellschafters führen gem. § 17 Abs. 2a S. 3 Nr. 1 EStG zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung. Darlehensverluste oder in der Krise stehen gelassene Darlehen hingegen führen gem. § 17 Abs. 2a S. 3 Nr. 2 EStG zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung, wenn die Gewährung oder das Stehenlassen auf gesellschaftsrechtliche Gründe zurückzuführen ist.
Lässt ein Gesellschafter nun ein Darlehen im Zeitpunkt der Krise (s)einer Gesellschaft stehen oder verzichtet er auf die Rückzahlung, ist wie folgt zu unterscheiden:
- Wird ein Darlehen im Zeitpunkt des Eintritts in die Krise durch den Gesellschafter stehen gelassen, führt das Stehenlassen beim Gesellschafter zu nachträglichen Anschaffungskosten i.S.d. § 17 Abs. 2a S. 3 Nr. 2 EStG, soweit das Darlehen noch werthaltig Soweit das Darlehen im Zeitpunkt des Eintritts in die Krise nicht mehr werthaltig war, sind die Einkünfte nur im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen.
- Verzichtet ein Gesellschafter auf ein Darlehen, führt der Verzicht auf den werthaltigen Teil der Forderung zu einer verdeckten Einlage und damit zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung (§ 17 Abs. 2a S. 3 Nr. 1 EStG).
Der Verzicht auf den nicht mehr werthaltigen Teil der Forderung führt hingegen zu einem Darlehensverlust, der nach § 17 Abs. 2a S. 3 Nr. 2 EStG zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung führt. Dies gilt jedoch nur, soweit das Darlehen nicht bereits zu einem vorherigen Zeitpunkt wertlos war, zu dem die Gesellschaft in die Krise eintrat und zu dem das Darlehen zunächst stehen gelassen wurde. Denn soweit das Darlehen im Zeitpunkt des Eintritts in die Krise nicht mehr werthaltig war, sind die Einkünfte nur im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen.
Beispiel
Ausführliche Erläuterungen zu § 17 EStG können dem BMF-Schreiben v. 07.06.2022 entnommen werden und sollten auch für Zwecke der Einkommensteuer bekannt sein.
Beispiel
A ist 100%-iger Gesellschafter der A-GmbH. Im Jahr 01 gewährt er der A-GmbH ein fremdübliches Darlehen über 100.000 €. Im Jahr 04 gerät die A-GmbH in die Krise. A lässt das Darlehen stehen. Bei Kriseneintritt ist das Darlehen nur noch zu 50% werthaltig. Im Jahr 05 verzichtet A auf die Rückzahlung des Darlehens. Zu diesem Zeitpunkt ist die Darlehensforderung nur noch zu 20% (20.000 €) werthaltig. Im VZ 07 veräußert A seinen Gesellschaftsanteil.
Durch das Stehenlassen des Darlehens in der Krise wird das Darlehen gesellschaftsrechtlich veranlasst. Im Zeitpunkt des Verzichts ist der Teil, der zum Zeitpunkt des Eintritts in die Krise (Stehenlassen des Darlehens) nicht mehr werthaltige war (50.000 €), ist im VZ 05 beim Gesellschafter im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen unter den dortigen Voraussetzungen zu berücksichtigen. Der Teil, der im Zeitpunkt des Darlehensverzichts noch werthaltig war (20.000 €) führt zu einer verdeckten Einlage und ist daher im Zeitpunkt der Veräußerung der Beteiligung als nachträgliche Anschaffungskosten gem. § 17 Abs. 2a S. 3 Nr. 1 EStG zu berücksichtigen.
Soweit das Darlehen hingegen im Zeitpunkt des Verzichts nicht mehr werthaltig war (30.000 €), liegt ein Darlehensverlust i.S.d. § 17 Abs. 2a S. 3 Nr. 2 EStG vor, der ebenfalls im Zeitpunkt der Veräußerung (VZ 07) als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen ist.
- Beteiligung im Betriebsvermögen
Hält eine natürliche Person die Anteile an der Kapitalgesellschaft in ihrem Betriebsvermögen, so ist im Fall des Forderungsverzichts so führt der werthaltige Teil der Forderung zu einer verdeckten Einlage in die Kapitalgesellschaft und den entsprechenden Rechtsfolgen. Der nicht werthaltige Teil der Forderung ist hingegen abzuschreiben. Allerdings greift insoweit das Teilabzugsverbot des § 3c Abs. 2 S. 2-5 EStG. Parallel zu den Vorgaben des § 8b KStG gibt das Teilabzugsverbot für Forderungsabschreibungen vor, dass nur 60% der Forderungsabschreibung bei der Ermittlung des z.v.E. abgezogen werden dürfen. Dementsprechend sind außerbilanziell 40% der Abschreibung wieder hinzuzurechnen, wenn- Der Darlehens- bzw. Sicherheitsgeber mit mehr als 25% unmittelbar oder mittelbar an der darlehensnehmenden Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder war, es sei denn
- Er weist nach, dass auch ein fremder Dritter unter sonst gleichen Umständen das Darlehen gewährt oder noch nicht zurückgefordert hätte.
- Der Darlehens- bzw. Sicherheitsgeber mit mehr als 25% unmittelbar oder mittelbar an der darlehensnehmenden Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder war, es sei denn
- Ist der Gesellschafter eine Kapitalgesellschaft, die auf eine nicht mehr werthaltige Forderung verzichtet, ist die Forderung bei ihr zunächst innerbilanziell abzuschreiben. Außerbilanziell ist die Abschreibung hingegen dann zu korrigieren, wenn einer der Tatbestände der §§ 8b Abs. 3 S. 4 ff. KStG erfüllt sind, nach denen sich die Gewinnminderungen im Zusammenhang mit der Darlehensforderung nicht auf die Höhe des steuerlichen Gewinns auswirken dürfen.
Beispiel
Die A-GmbH gibt ihrer 100%-igen Tochtergesellschaft T1 GmbH im VZ 01 ein unverzinsliches Darlehen über 250.000 €, das im VZ 03 zurückgezahlt werden soll. Ursprünglich wollte die T1-GmbH das Darlehen bei der ABC-Bank aufnehmen, diese wollte ihr das Darlehen allerdings aufgrund der angespannten finanziellen Situation nicht gewähren. Im VZ 03 gerät die T1-GmbH in wirtschaftliche Schwierigkeiten, aufgrund derer ihr die Rückzahlung des Darlehens nicht möglich ist. Zur Vermeidung einer Insolvenz, verzichtet die A-GmbH daher auf die Rückzahlung des Darlehens. Die Forderung war im Zeitpunkt des Verzichts noch i.H.v. 100.000 € werthaltig.
T1-GmbH:
Die T1-GmbH bekommt von ihrer Gesellschafterin, der A-GmbH, zwei Vermögensvorteile zugewendet. Die A-GmbH verzichtet auf eine Verzinsung des Darlehens. In Höhe des Zinsverzichts wendet sie der T1-GmbH damit einen Vermögensvorteil zu. Dieser ist jedoch nicht einlagefähig und führt daher nicht zu einer verdeckten Einlage.
Aufgrund des Forderungsverzichtes der A-GmbH muss die T1-GmbH ihre Verbindlichkeit im VZ 03 ausbuchen. In Höhe des werthaltigen Teils führt der Forderungsverzicht allerdings zu einer verdeckten Einlage der A-GmbH. Dieser ist bei der T1-GmbH mit dem Teilwert zu bewerten § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG. Es ergibt sich folgendes Ergebnis:
Innerbilanziell: Verbindlichkeit ggü. A-GmbH 250.000 an s.b.E. 250.000
Außerbilanziell: § 8 Abs. 3 S. 3 KStG - 100.000
§ 27 KStG +100.000
A-GmbH:
Auch bei der A-GmbH ist die Forderung gegenüber der T1-GmbH aufgrund ihres Verzichts auszubuchen. Bei ihr führt der Forderungsverzicht ebenfalls in Höhe des werthaltigen Teils der Forderung zu einer verdeckten Einlage und damit zu Anschaffungskosten der Beteiligung an der T1-GmbH (§ 6 Abs. 6 S. 2 EStG). Da sich der Wert der verdeckten Einlage jedoch nur auf den werthaltigen Teil der Forderung beläuft, ist der nicht mehr werthaltigen Teil der Forderung bei der A-GmbH zunächst aufwandswirksam auszubuchen. Da aber die Voraussetzungen des § 8b Abs. 3 S. 4 ff KStG erfüllt sind, hat außerbilanziell eine Korrektur und damit eine Neutralisierung des Aufwands zu erfolgen:
Innerbilanziell:
Beteiligung T1-GmbH 100.000 an Forderung ggü. T1-GmbH 250.000
a.o. Aufwand 150.000
Außerbilanziell:
Korrektur § 8b Abs. 3 S. 4 KStG, mangels Gegenbeweises + 150.000