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Körperschaftsteuer

Materielle Korrespondenz

§ 8 Abs. 3 S. 4 KStG

Das Körperschaftsteuergesetz enthält, wie für die verdeckten Gewinnausschüttungen, ein sogenanntes materielles Korrespondenzprinzip für verdeckte Einlagen. Verdeckte Einlagen sollen hierdurch beim Gesellschafter und der Gesellschaft korrespondierend behandelt werden. Hierfür stellt § 8 Abs. 3 S. 4 KStG sicher, dass die Vergünstigung des § 8 Abs. 3 S. 3 KStG – nach welchem sich das Einkommen der erhaltenen Körperschaft aufgrund einer verdeckten Einlage nicht erhöhen darf – nur anzuwenden ist, sofern die verdeckte Einlage das Einkommen des Gesellschafters nicht gemindert hat. Dies bedeutet, dass eine verdeckte Einlage, die beim Gesellschafter unerkannt geblieben ist bzw. für die beim Gesellschafter nicht die zutreffenden Rechtsfolgen gezogen wurden, auf Ebene der Gesellschaft dazu führen, dass ihr Einkommen durch die verdeckte Einlage erhöht wird.

Beispiel

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 Die A-GmbH ist 100%-ige Gesellschafterin der T1-GmbH. Sie erhielt von der T-GmbH ein Darlehen über 1 Mio. Euro wofür sie laut Vertrag der T1-GmbH 8%-Zinsen zu zahlen hat. Marktüblich ist ein Zins von 4%. Die A-GmbH buchte die jährliche Zahlung wie folgt:

                Zinsaufwand     80.000              an        Bank    80.000

Die Veranlagung der A-GmbH war aufgrund ihrer Bestandskraft nicht mehr änderbar. Die T1-GmbH erfasste die Zinsen jährlich als Zinsertrag. Ihre Steuerbescheide standen noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Die überhöhten Zinszahlungen der A-GmbH an ihre Tochtergesellschaft führen zu einer verdeckten Einlage der Mutter- in die Tochtergesellschaft. Wäre der Sachverhalt zutreffend erfasst worden, wäre die überhöhte Zahlung gem. § 6 Abs. 6 S. 2 EStG als Anschaffungskosten auf die Beteiligung erfasst worden. Der Gewinn der A-GmbH wurde also um 40.000 € zu viel gemindert.

Infolge des § 8 Abs. 3 S. 3 KStG müsste nun auf Ebene der T1-GmbH das Einkommen der Tochtergesellschaft außerbilanziell um die verdeckte Einlage, d. h. um 40.000 € gemindert werden.

§ 8 Abs. 3 S. 4 KStG verhindert nun diese „ungerechtfertigte“ Kürzung, indem er die außerbilanzielle Kürzung bei der empfangenden Gesellschaft in den Fällen verneint, in denen das Einkommen des Gesellschafters durch die verdeckte Einlage vermindert wurde. Vorliegend darf das Einkommen der T1-GmbH gem. § 8 Abs. 3 S. 4 KStG also selbst dann nicht außerbilanziell gekürzt werden, wenn der Steuerbescheid noch änderbar ist, da das Einkommen der A-GmbH durch die verdeckte Einlage gemindert wurde.

§ 8 Abs. 3 S. 4 KStG greift jedoch nur, soweit eine ungerechtfertigte Einkommensminderung beim Gesellschafter stattgefunden hat. Wäre eine etwaige Einlage aufgrund von Steuerbefreiungsvorschriften wie bspw. § 3 Nr. 40 EStG oder § 8b KStG ohnehin steuerfrei geblieben, wird insoweit auch die Kürzung nach § 8 Abs. 3 S. 3 KStG bei der Gesellschaft nicht versagt.

Beispiel

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Die A-GmbH ist 100%-ige Gesellschafterin der T1-GmbH und der T2-GmbH. Die Beteiligung an der T1-GmbH ist mit einem Buchwert von 25.000 € bei der A-GmbH bilanziert. Im VZ 01 veräußert sie die Beteiligung an ihre Tochtergesellschaft, die T2-GmbH, für 25.000 €. Der Teilwert der T1-GmbH belief sich auf 100.000 €. Die A-GmbH erklärt aus dem Vorgang einen Veräußerungsgewinn von 0 €, welcher bestandskräftig veranlagt wird. Der Steuerbescheid der T2-GmbH steht noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. 

Bei der T2-GmbH ist die Beteiligung an der T1-GmbH mit einem Teilwert von 100.000 € zu erfassen. Nach § 8 Abs. 3 S. 4 KStG dürfte das Einkommen der T2-GmbH nunmehr nicht um die verdeckte Einlage von 75.000 € vermindert werden.

Da aber die verdeckte Einlage bei der A-GmbH nach § 8b Abs. 2 S. 6 KStG als Veräußerung zu erfassen ist, die nach § 8b Abs. 2 KStG bei ihr steuerfrei ist, kann entgegen § 8 Abs. 3 S. 4 KStG auf Ebene der T2-GmbH eine Kürzung des Einkommens um die Höhe der verdeckten Einlage erfolgen. Das fälschlicherweise keine 5% nichtabziehbare Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 3 S. 1 KStG erfasst wurden, ist nach Auffassung des BFH irrelevant.

Folglich ergibt sich bei der T2-GmbH die folgende Beurteilung:

Innerbilanziell:

Beteiligung T1-GmbH    100.000 an       Bank                25.000

                                                                            a.o. Ertrag        75.000

Außerbilanziell:

                Kürzung nach § 8 Abs. 3 S. 3 KStG                               - 75.000,

da das Einkommen der A-GmbH durch die verdeckte Einlage (aufgrund des § 8b KStG) nicht ungerechtfertigt gemindert wurde, greift § 8b Abs. 3 S. 4 KStG nicht.

 

§ 8 Abs. 3 S. 5-6 KStG - Dreiecksfälle

Die sogenannten Dreiecksfälle wurden bereits bei der verdeckten Gewinnausschüttung in Kapital 4.8 vorgestellt. In diesen Fällen beruht die verdeckte Einlage eines Gesellschafters auf einer verdeckten Gewinnausschüttung einer dem Gesellschafter nahestehenden Person. Der Grundfall sah dabei wie folgt aus:

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§ 8 Abs. 3 S. 5 KStG erweitert nun den Anwendungsfall des § 8 Abs. 3 S. 4 KStG auf die Fälle, in denen die verdeckte Einlage – wie in unserem Dreiecksfall – auf eine verdeckte Gewinnausschüttung einer dem Gesellschafter nahestehenden Person zurückzuführen ist. Die verdeckte Einlage muss dabei auf demselben Sachverhalt wie die verdeckte Gewinnausschüttung beruhen. Dies ist stets dann erfüllt, wenn die Vorteilszuwendung direkt von der dem Gesellschafter nahestehenden Person an die empfangende Gesellschaft gewährt wird.

§ 8 Abs. 3 S. 5 KStG enthält dabei 2 Halbsätze, die unterschiedliche Rechtsfolgen auslösen. So stellt der zweite Halbsatz eine Rückausnahme zum ersten Halbsatz dar.

§ 8 Abs. 3 S. 5 Halbsatz 1 KStG

Halbsatz 1 erfasst die Sachverhalte bei denen die verdeckte Gewinnausschüttung der nahestehenden Person bei der Besteuerung des Gesellschafters (im Bild oben bei der Muttergesellschaft) nicht berücksichtigt wurde. Entsprechend des Satzes 4 darf infolge der unberücksichtigten vGA das Einkommen der empfangenden Gesellschaft nicht um die sich anschließende verdeckte Einlage gemindert werden. Abweichend von der Rechtsprechung wurde dabei mit BMF-Schreiben v. 18.11.2020 die Verwaltungsauffassung dargelegt, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung immer dann nicht beim Gesellschafter als berücksichtigt gilt, wenn sie im Rahmen seiner Veranlagung oder tatsächlich nicht angesetzt wurde. Die Tatsache, dass die vGA beim Gesellschafter (hypothetisch) nach § 8b KStG steuerfrei gewesen wäre, führt nicht dazu, dass sie als beim Gesellschafter berücksichtigt gilt.

§ 8 Abs. 3 S. 5 Halbsatz 2 KStG

Halbsatz 2 enthält dann jedoch direkt wieder eine Rückausnahme zu Halbsatz 1. Hiernach findet Halbsatz 1 keine Anwendung, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen der nahestehenden Person nicht gemindert hat. Die Rückausnahme besagt somit, dass sich das Einkommen einer Gesellschaft aufgrund einer verdeckten Einlage dann nicht erhöhen darf (§ 8 Abs. 3 S. 3 KStG also anzuwenden ist), wenn sie auf einer vGA – einer ihrem Gesellschafter nahestehenden Gesellschaft – beruht und die vGA das Einkommen der vorteilsgewährenden Gesellschaft nicht gemindert hat, also bei ihr außerbilanziell hinzugerechnet wurde.

§ 8 Abs. 3 S. 6 KStG

§ 8 Abs. 3 S. 6 KStG regelt zuletzt, dass in Anwendungsfällen des Satzes 5 Halbsatz 1 sich die Anschaffungskosten der Beteiligung des Gesellschafters aufgrund (trotz) verdeckter Einlage nicht erhöhen. Das gilt allerdings nicht, wenn die Rückausnahme des Halbsatzes 2 greift.

Beispiel

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Jimmy Trumpetter (TT) ist Alleingesellschafter der T1-GmbH und der T2-GmbH. Die Anteile an den Gesellschaften hält er in seinem Betriebsvermögen. Die T2-GmbH überlässt der T1-GmbH ein Betriebsgrundstück für 100.000 € jährlich. Fremdüblich wäre ein Mietzins von 50.000 €. Die T1-GmbH erfasst die Mietaufwendungen i.H.v. 100.000 € als Betriebsausgaben, die T2-GmbH erfasst entsprechende Mieteinnahmen. Der Sachverhalt wird im Rahmen einer Betriebsprüfung aufgedeckt.

  1. Die Steuerbescheide der T1-GmbH standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
  2. Die Steuerbescheide der T1-GmbH und des TT sind nicht mehr änderbar.
  3. Die Steuerbescheide der T1-GmbH und der T2-GmbH sind nicht mehr änderbar. Der Steuerbescheid des TT stand hingegen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

 

Der Sachverhalt führt zu einem sog. „Dreiecksgeschäft“. Die überhöhte Mietzahlung der T1-GmbH an die T2-GmbH stellt bei der T1-GmbH eine Vermögensminderung dar die auf das Gesellschaftsverhältnis zurückzuführen ist und als vGA zu beurteilen ist. Die vGA der T1-GmbH ist dem Gesellschafter TT zuzurechnen, welcher sie wiederum an die T2-GmbH weiterleitet. Die Weiterleitung ist dabei als verdeckte Einlage zu qualifizieren, da die überhöhte Geldzahlung einen einlagefähigen Vermögensvorteil darstellt. 

a)
Die vGA ist bei der T1-GmbH nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG gewinnerhöhend hinzuzurechnen. Infolge der Änderung des Steuerbescheides können nach § 32a Abs. 1 S. 1 und S. 1 HS. 2 KStG auch die Steuerbescheide gegenüber Timmy Trumpetter sowie gegenüber der T2-GmbH geändert werden.

Bei Timmy Tumpetter ist die vGA im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens nach § 3 Nr. 40 lit. d EStG zu berücksichtigen und die AK der T2-GmbH zu erhöhen. Die Weiterleitung des Vermögensvorteils stellt sodann eine vE in die T2-GmbH dar, durch welche das Einkommen von Timmy Trumpetter nicht gemindert wird.

Bei der T2-GmbH darf die vE somit das Einkommen nach § 8 Abs. 3 S. 3 KStG nicht erhöhen. Da die vE das Einkommen des TT nicht vermindert hat, liegt kein Anwendungsfall des Satzes 4 vor. Darüber hinaus wäre der Anwendungsbereich der Rückausnahme des Satzes 5 Halbsatz 2 eröffnet, wonach Satz 4 keine Anwendung findet, wenn die vGA das Einkommen der leistenden T1-GmbH nicht gemindert hat.

b)
Die vGA kann weder bei der Einkommensermittlung der T1-GmbH noch als Ausschüttung bei TT berücksichtigt werden. Die vGA hat somit das Einkommen einer – dem Gesellschafter Timmy Trumpetter nahestehenden Gesellschaft – gemindert und wurde auch nicht bei der Besteuerung des Gesellschafters berücksichtigt. Aufgrund dessen ist das Einkommen der T2-GmbH nach § 8 Abs. 3 S. 5 KStG um die vE zu erhöhen. Nach § 8 Abs. 3 S. 6 KStG führt die vE darüber hinaus bei TT auch nicht zu Anschaffungskosten auf die Beteiligung der T2-GmbH.

c)
Die vGA ist bei TT als Einnahme zu erfassen. Sie fällt nicht unter die Anwendung des TEV, da sie das Einkommen der T1-GmbH als leistende Gesellschaft gemindert hat (§ 3 Nr. 40 lit. d S. 2 EStG). Die Weiterleitung an die T2-GmbH führt zu einer vE, die den Beteiligungsbuchwert bei TT erhöht. Da die vE nicht das Einkommen des TT gemindert hat, handelt es sich um keinen Anwendungsfall des § 8 Abs. 3 S. 4 KStG, mithin darf die vE das Einkommen der T2-GmbH nach § 8 Abs. 3 S. 3 KStG nicht erhöhen. Eine Korrektur des StB erfolgt nach § 32a Abs. 2 KStG.

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