Prüfungstipp
Die verdeckte Gewinnausschüttung ist eine der wesentlichen Prüfungsthematiken und sollte im Rahmen der Vorbereitung aufmerksam bearbeitet werden.
Die verdeckte Gewinnausschüttung ist Ausfluss des Trennungsprinzips zwischen der Kapitalgesellschaft und ihren Anteilseignern. Beide sind jeweils eigene Rechts- und Steuersubjekte, weshalb Leistungsbeziehungen zwischen ihnen, bspw. in Form von Dienstleistungen, dem Verkauf von Waren oder anderen Wirtschaftsgütern, zu schuldrechtlichen Beziehungen zwischen ihnen führen. Diese sind grundsätzlich, wie Leistungen unter fremden Dritten zu behandeln, mit der Folge, dass die Leistungen bei der Kapitalgesellschaft zu Betriebsausgaben oder Betriebseinnahmen führen. Infolgedessen wirken sie sich auf den Gewinn der Kapitalgesellschaft aus.
Anders sind hingegen Gewinnausschüttungen der Kapitalgesellschaft an ihre Anteilseigner zu behandeln. Diese sind auf die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen der Kapitalgesellschaft gegenüber ihren Anteilseigener zurückzuführen. Da sie eine Ergebnisverwendung darstellen und der Besteuerung nur das am Markt erwirtschaftete Ergebnis der Kapitalgesellschaft zugrunde gelegt wird, dürfen diese nach § 8 Abs. 3 S. 1 KStG den Gewinn der Kapitalgesellschaft nicht mindern.
Wird nun eine schuldrechtliche Beziehung zwischen dem Anteilseigner und seiner Kapitalgesellschaft nicht fremdüblich, sondern zu Lasten der Kapitalgesellschaft (in Form von einer Zahlung überhöhter Be-triebsausgaben oder der Vereinbarung keiner/verminderter Betriebseinnahmen) ausgestaltet, würde dies zu einer Ungleichbehandlung bei der Besteuerung der Kapitalgesellschaft und ihren Anteilseignern, im Vergleich zu Fremden, führen. Deshalb führt eine fremdunübliche Leistungsbeziehung zwischen der Ka-pitalgesellschaft und ihren Anteilseignern – bei der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen – zu einer ver-deckten Gewinnausschüttung. Denn genau wie eine offene Ausschüttung, darf auch die verdeckte Ge-winnausschüttung nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG den Gewinn nicht mindern.
Beispiel
Andi Anders ist 100%-iger Anteilseigner der AA-GmbH. Er verkauft dieser Saatgut aus seinem Garten für 2.000 €. Der gemeine Wert des Saatguts beträgt jedoch nur 500 €.
Ebene Andi Anders
Der einmalige Verkauf des Saatgutes führt bei Andi Anders zu keiner Besteuerung. Der Tatbestand des § 2 Nr. 7 i.V.m. § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG ist nicht erfüllt.
Ebene AA-GmbH
Der Erwerb des Saatgutes führt bei der AA-GmbH zu Betriebsausgaben i.H.v. 2.000 €.
Innerbilanziell: | ||||
Roh, Hilfs- und Betriebsstoffe | 2.000 | an | Bank | 2.000 |
Der überhöhte Preis führt also ohne Gegenkorrektur dazu, dass die AA-GmbH einen geringeren Gewinn zu versteuern hat.
Andi Anders hat hingegen anstelle – wie sonst fremdüblich – 500 €, 2.000 € von der AA-GmbH erhalten. Auch wenn die GmbH Andi Anders 1.500 € zugewendet hat (in Form der überhöhten Kaufpreiszahlung), wurde bei ihm keine Dividende i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG versteuert.
Die überhöhte Zahlung ist deshalb bei der AA-GmbH als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln, die nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG den Gewinn der AA-GmbH nicht mindern darf (Einzelheiten zu den Voraussetzungen im Folgenden). Infolgedessen ist der Sachverhalt wie folgt zu behandeln:
Ebene AA-GmbH:
Innerbilanziell: | |||||
Roh, Hilfs- und Betriebsstoffe | 2.000 | an | Bank | 2.000 | |
Außerbilanziell: | |||||
Verdeckte Gewinnausschüttung § 8 Abs. 3 S. 2 KStG | + | 1.500 € | |||
Gewinnauswirkung insgesamt: | - | 500 € |
Ebene Andi Anders:
Die verdeckte Gewinnausschüttung führt bei Andi Anders zu Einkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 KStG.
Merke
Die Regelung der verdeckten Gewinnausschüttung ist grundsätzliches „nichts schlimmes“. Durch sie wird lediglich der Zustand hergestellt, der sich ergeben würde, wenn die Kapitalgesellschaft fremdübliche Leistungsbeziehungen mit ihren Anteilseignern eingehen und im Übrigen offene Gewinnausschüttungen vornehmen würde.
Im Beispiel oben würde sich im Fall einer offenen Gewinnausschüttung das folgende Bild ergeben:
Ebene der AA-GmbH | |||||
Einkauf der RHB | |||||
Roh, Hilfs- und Betriebsstoffe | 500 | an | Bank | 500 | |
Gewinnausschüttung (verkürzt, ohne KapESt) | |||||
Gewinnvortrag | 1.500 | an | Bank | 1.500 | |
Gewinnauswirkung insgesamt: | - 500 |
Ebene Andi Anders:
Andi Anders erzielt aus der Gewinnausschüttung Dividenden i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG.
Insgesamt ergibt sich hier also dasselbe Ergebnis wie im Beispielsfall unter der Korrektur der vGA.