Inhaltsverzeichnis
Berechnung des Beitrags
Ein einführendes Video zur Beitragsberechnung sehen Sie hier:
Beitragsbemessungsgrundlage
Die Beiträge werden anhand eines bestimmten Werts berechnet, der als Grundlage für die Beitragserhebung dient. Dieser Wert trägt den Namen „Beitragsbemessungsgrundlage“. Zur Festlegung der Beitragsbemessungsgrundlage für alle Versicherungspflichtigen werden die Einnahmen herangezogen, die der Beitragspflicht unterliegen.
Die spezifischen Einnahmen, die der Beitragspflicht unterliegen, sind in den jeweiligen Sozialgesetzbüchern der unterschiedlichen Versicherungszweige festgelegt. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um das Arbeitsentgelt (gemäß § 14 SGB IV).
Beitragssatz
Die Beitragssätze in der Sozialversicherung sind bundesweit einheitlich. Lediglich der Zusatzbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung ist abhängig von der gewählten Krankenkasse. Hierzu folgende Übersicht:
Krankenversicherung (allgemein) | 14,6 % |
Krankenversicherung (ermäßigt – kein Anspruch auf Krankengeld) | 14,0 % |
Zusatzbeitrag Krankenversicherung (kassenindividuell) | 1,7 % durchschnittlicher Zusatzbeitrag* |
Rentenversicherung | 18,6 % |
Arbeitslosenversicherung | 2,6 % |
Pflegeversicherung | 3,4 % |
Pflegeversicherung (ab 23 Jahren und kinderlos) | 4,0 % |
*Bei der Beitragsberechnung in der Krankenversicherung ist in der Regel der kassenindividuelle Zusatzbeitrag der jeweils vom Mitglied gewählten Krankenkasse heranzuziehen. In bestimmten Fällen, wie z.B. dem Beitragszuschuss höherverdienender Arbeitnehmer, die privat krankenversichert sind, ist jedoch der durchschnittliche Zusatzbeitrag von Bedeutung. Dieser wird vom Bundesministerium für Gesundheit jeweils im November festgelegt und gilt für das gesamte Folgejahr.
Der Beitragssatz der sozialen Pflegeversicherung wurde mit dem Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz (PUEG) im Jahr 2023 grundlegend reformiert.
Durch die gesetzliche Anpassung wird die Anzahl der Kinder besonders gewürdigt. Neben den leiblichen Kindern werden auch Pflegekinder berücksichtigt; ebenso Adoptiv- und Stiefkinder, sofern das Verwandtschaftsverhältnis zu einem Zeitpunkt eingetreten ist, zu dem auch ein grundsätzlicher Anspruch auf Familienversicherung gegeben wäre.
Der seit vielen Jahren existierende Pflegeversicherungszuschlag in Höhe von mittlerweile 0,6 % ist für kinderlose Personen ab dem vollendeten 23. Lebensjahr zu zahlen. Liegt die Elterneigenschaft vor, entfällt dieser Zuschlag ein Leben lang.
Neu ist der Beitragsabschlag, hier wird der Pflegeversicherungsbeitrag ab dem 2. und jedem weiteren berücksichtigungsfähigen Kind unter 25 Jahren um 0,25 % reduziert. Es werden maximal 5 Kinder berücksichtigt.
Es ergibt sich folgende Beitragsübersicht:
Eltern-eigenschaft | Beitragssatz Pflege-versicherung allgemein | Abschlag | Zuschlag | Beitragssatz Gesamt | Anteil Arbeitgeber |
Keine Kinder | 3,4 % | entfällt | 0,6 % | 4,0 % | 1,7 % |
1 Kind | 3,4 % | entfällt | entfällt | 3,4 % | 1,7 % |
2 Kinder unter 25 | 3,4 % | 0,25 % | entfällt | 3,15 % | 1,7 % |
3 Kinder unter 25 | 3,4 % | 0,50 % | entfällt | 2,9 % | 1,7 % |
4 Kinder unter 25 | 3,4 % | 0,75 % | entfällt | 2,65 % | 1,7 % |
5 und mehr Kinder unter 25 | 3,4 % | 1,0 % | entfällt | 2,4 % | 1,7 % |
Alle Kinder über 25 | 3,4 % | entfällt | entfällt | 3,4 % | 1,7 % |
Die unterschiedlichen Konstellationen können in der Praxis gewisse Herausforderungen mit sich bringen. Das seit dem 01.07.2023 geltende PUEG räumt daher bis zum 30.06.2025 einen Übergangszeitraum mit drei unterschiedlichen Nachweisverfahren ein:
- Vereinfachtes Nachweisverfahren
- Angaben des Arbeitnehmers gelten als Nachweis
- keine rückwirkende Korrektur zu Lasten des Arbeitnehmers bei Unterschied der Selbstangaben zu echten Nachweisen im analogen oder digitalen Verfahren
- ab 01.07.2025 sind „echte“ Nachweise notwendig
- Reguläres Nachweisverfahren
- Berücksichtigung der Elterneigenschaft/der Anzahl der Kinder nur durch Vorlage entsprechender Nachweise durch den Arbeitnehmer
- Digitales Verfahren (voraussichtlich ab 01.04.2025)
- Aktuell keine Umsetzung der veränderten Beitragsgestaltung
- rückwirkende Beitragskorrektur (Übermittlung Elterneigenschaft/Anzahl Kinder an Arbeitgeber)
Beispiel
Eine Arbeitnehmerin hat 3 Kinder
- Emma 22.07.1998
- Jannis 31.08.2000
- Paul 14.05.2003
Beitragssatz bis 30.06.2023 → 3,05 % (alter Beitragssatz und kein PV-Zuschlag wegen Elterneigenschaft)
Beitragssatz ab 01.07.2023 → 2,9 % (3 Kinder unter 25 Jahren)
Beitragssatz ab 01.08.2023 → 3,15 % (2 Kinder unter 25 Jahren)
Beitragssatz ab 01.09.2025 → 3,4 % (1 Kind unter 25 Jahren)
Beitragssatz ab 01.06.2028 → 3,4 % (kein Kind unter 25 Jahren, aber Elterneigenschaft für Befreiung PV- Zuschlag wirkt ein Leben lang)
Beitragspflichtige Einnahmen
Im Kapitel Versicherter Personenkreis im Sozialversicherungsrecht haben Sie bereits den Begriff des Arbeitsentgelts (nach § 14 SGB V) kennengelernt. An dieser Stelle befassen wir uns mit der Beitragsberechnung. Hierfür sind die beitragspflichtigen Einnahmen ein relevanter Faktor.
Grundsätzlich unterliegen alle Einnahmen aus einer Beschäftigung der Beitragspflicht in der Sozialversicherung. Die Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) nennt jedoch eine ganze Reihe von Zuwendungen, die dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen sind.
In § 1 Absatz 1 Nr. 6 SvEV sind beispielsweise die Zuschüsse des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld aufgeführt. Zur Erinnerung: Innerhalb der Schutzfrist zahlt die gesetzliche Krankenkasse ihren anspruchsberechtigen Mitgliedern ein tägliches Mutterschaftsgeld in Höhe von 13 Euro, die Differenz zum Netto-Lohn zahlt der Arbeitgeber als Zuschuss. Da dieser Zuschuss aus der Beschäftigung heraus gezahlt wird, handelt es sich um Arbeitsentgelt nach § 14 SGB IV und wäre beitragspflichtig – nur durch die Regelung in der SvEV wird der Zuschuss nicht dem Arbeitsentgelt zugerechnet.
Ein weiteres Beispiel mit höher Relevanz für die Praxis ist der § 1 Abs. 1 Nr. 1 SvEV: Zunächst gilt die grundsätzliche Aussage, dass Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, nicht dem Arbeitsentgelt hinzugerechnet werden, sofern sie lohnsteuerfrei sind. Für eine korrekte Beurteilung ist also der Absprung in das Einkommensteuergesetz (EStG) notwendig.
Abweichend von dem obigen Grundsatz gilt für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge, dass der Grundlohn, auf dem sie berechnet werden, für die Sozialversicherung nicht mehr als 25 Euro pro Stunde betragen darf (Für die Lohnsteuer ergibt sich aus dem EStG ein Höchstgrundlohn von 50 Euro). Übersteigt der Grundlohn diese Grenze, wird der daraus errechnete Zuschuss dem Arbeitsentgelt hinzugerechnet.
Beitragsbemessungsgrenze
Beiträge werden in der Sozialversicherung maximal von einem Höchstbetrag, der sogenannten Beitragsbemessungsgrenze (Jahresarbeitshöchstverdienst in der gesetzlichen Unfallversicherung) berechnet.
Rechtsgrundlage hierfür sind für die
- Krankenversicherung § 223 Abs. 3 SGB V
- Pflegeversicherung § 55 Abs. 2 SGB XI
- Rentenversicherung § 159 i.V.m. § 160 SGB VI
- Arbeitslosenversicherung § 341 Abs. 4 SGB III
- Unfallversicherung § 152 Abs. 2 SGB VII
Im Gesetz ist jeweils der Jahresbetrag genannt, hier sehen Sie die auf den Kalendermonat heruntergebrochene Grenzen:
Entgelte, die die Beitragsbemessungsgrenze übersteigen, bleiben bei der Beitragsberechnung außer Betracht. Die Beitragsbemessungsgrenzen werden jährlich zum Jahreswechsel angepasst.
Berechnung der anteiligen Beitragsbemessungsgrenze
Möchte man prüfen, ob das Gehalt unter die jeweilige Beitragsbemessungsgrenze fällt, muss man den Zeitraum berücksichtigen, für den das Arbeitsentgelt gezahlt worden ist (sog. Lohnzahlungszeitraum). Typischerweise beträgt dieser einen Kalendermonat.
Immer wieder kann es aber dazu kommen, dass das Arbeitsentgelt nicht für den gesamten Abrechnungszeitraum gewährt wird. In diesem Fall muss die Beitragsbemessungsgrenze für den jeweiligen Teillohnzahlungszeitraum ermittelt werden.
Wie dies zu erfolgen hat, ergibt sich aus der Verordnung über die Berechnung, Zahlung, Weiterleitung, Abrechnung und Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages (Beitragsverfahrensverordnung – BVV). Nach § 1 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BVV werden die Beitragsbemessungsgrenzen je Kalendermonat für die Kalendertage berechnet, an denen eine versicherungspflichtige Beschäftigung besteht (Sozialversicherungstage). Der jährliche Wert ist die Ausgangsbasis für die Ermittlung. Um zum richtigen Ergebnis zu kommen, muss der jährliche Wert mit der Anzahl der maßgeblichen Kalendertage multipliziert und anschließend durch 360 geteilt werden. Daraus ergibt sich die folgende Formel:
Merke
Jahres-Beitragsbemessungsgrenze x Anzahl der maßgeblichen Tage / 360 = anteilige Beitragsbemessungsgrenze
Nach § 1 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BVV wird ein voller Kalendermonat mit 30 Sozialversicherungstagen angesetzt. Da keine Differenzierung zwischen Monaten stattfindet, gilt dies also für alle Monate, unabhängig davon, ob sie 28, 29, 31 oder tatsächlich 30 Tage haben.
Bei Teilmonaten sind die tatsächlichen Tage zu ermitteln. Aus den allgemeinen Berechnungsgrundsätzen nach § 121 Abs. 2 SGB VI i.V.m. § 123 Abs. 1, 2 SGB VI ergibt sich ferner, dass der berechnete Wert mit 2 Dezimalstellen zu berücksichtigen ist, wobei die zweite Stelle nach dem Komma um 1 zu erhöhen ist, wenn sich in der dritten Stelle eine der Zahlen 5 bis 9 ergeben würde.
Einmalzahlungen
Auch Einmalzahlungen können beitragspflichtig sein. Es handelt sich hierbei um Zuwendungen, die dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind und nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt werden. Zu den Einmalzahlungen zählen:
- Urlaubs- und Weihnachtsgeld,
- Gewinnbeteiligungen und Gratifikationen,
- Auszahlungen von nicht in Anspruch genommenem Urlaub,
- Jubiläumszuwendungen, Heirats- und Geburtsbeihilfen.
Einmalzahlungen sind, sofern die Bemessungsgrenzen nicht überschritten werden, beitragspflichtig in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung.
Hinweis
Beitragspflichtig sind die Einmalzahlungen nur in dem Fall, dass eine vertraglich vereinbarte Einmalzahlung auch tatsächlich ausbezahlt wird. Ein reiner Rechtsanspruch auf die Einmalzahlung genügt nicht.
Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt ist nach § 23a Abs. 1 S. 2 SGB IV im Grundsatz dem Entgeltabrechnungszeitraum zuzuordnen, in dem es gezahlt wird.
Beispiel
Der Arbeitnehmer A ist seit drei Jahren bei der U-GmbH beschäftigt. Aufgrund eines erfolgreichen Jahres entscheidet sich die Unternehmensleitung, den Mitarbeitenden im November ein Weihnachtsgeld i.H.v. 1.000 Euro zu zahlen. Das Weihnachtsgeld ist in diesem Fall dem Entgeltabrechnungszeitraum zuzuordnen, in dem es gezahlt wird (§ 23a Abs. 1 S. 2 SGB IV), also dem November.
Es kann allerdings auch vorkommen, dass die Einmalzahlung in einem Monat gewährt wird, in dem kein laufendes Arbeitsentgelt gezahlt wird. Dies kann z.B. dann der Fall sein, wenn das Beschäftigungsverhältnis ruht oder dieses bereits beendet ist. In diesem Fall wird die Einmalzahlung dem letzten abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum des laufenden Kalenderjahres zugeordnet.
Beispiel
Der Arbeitnehmer A ist seit drei Jahren bei der U-GmbH beschäftigt. Im September des Jahres 03 tritt er einen neuen Job an. Aufgrund eines erfolgreichen Jahres entscheidet sich die Unternehmensleitung, den Mitarbeitenden im November ein Weihnachtsgeld auszuzahlen. Auch A soll dies (anteilig) erhalten. Das Weihnachtsgeld aus dem Monat November wird in diesem Fall ausnahmsweise nicht dem November zugeordnet, sondern dem letzten abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum, also dem Monat September.
Hat der Arbeitnehmer im laufenden Kalenderjahr noch kein Arbeitsentgelt erhalten und liegen im laufenden Kalenderjahr keine Sozialversicherungstage vor, ist die Einmalzahlung beitragsfrei. Dies gilt allerdings nicht, wenn die Einmalzahlung im Zeitraum bis einschließlich zum 31.03. gezahlt wurde. Dann greift die sog. Märzklausel, die nach diesem Kapitel erklärt wird.
Ist die Beitragspflicht von einer Einmalzahlung zu prüfen, ist vorrangig die Beitragsbemessungsgrenze des Entgeltabrechnungszeitraumes, dem die Einmalzahlung zugeordnet wurde (Zufluss-Prinzip), vorauszusetzen. Es ist also in einem ersten Schritt zu prüfen, ob im Monat der Auszahlung das einmalig gezahlte Arbeitsentgelt zusammen mit dem laufenden Arbeitsentgelt die monatliche Beitragsbemessungsgrenze übersteigt. Wird die Beitragsbemessungsgrenze durch die Einmalzahlung zusammen mit dem Arbeitsentgelt nicht überschritten, werden die Beiträge aus dem gesamten (laufenden und einmalig gezahlten) Arbeitsentgelt berechnet.
Beispiel
Arbeitnehmer D ist seit fünf Jahren bei der T-GmbH beschäftigt. Für seine Tätigkeit erhält er monatlich ein Entgelt i.H.v. 3.100 Euro. Die Beschäftigten der T-GmbH erhalten im April des Jahres 2024 ein Urlaubsgeld i.H.v. 1.000 Euro.
Im Jahr 2024 liegt die monatliche Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung bei 5.175 Euro. Diese monatliche Beitragsbemessungsgrenze wird durch die Einmalzahlung sowie das monatliche laufende Entgelt nicht überschritten:
Monatliches Entgelt | 3.100 Euro |
Urlaubsgeld | + 1.000 Euro |
Summe | = 4.100 Euro |
Damit ist das Entgelt voll beitragspflichtig.
Wird die Beitragsbemessungsgrenze des Abrechnungszeitraums durch das laufende Arbeitsentgelt und die Einmalzahlung zusammen überschritten, ist in einem zweiten Schritt eine anteilige (Jahres-)Beitragsbemessungsgrenze zu ermitteln. Die Ermittlung einer anteiligen Jahres-Beitragsbemessungsgrenze führt dazu, dass die Einmalzahlung beitragsrechtlich auf einen längeren Zeitraum verteilt wird. Man ermittelt die anteilige Jahres-Beitragsbemessungsgrenze anhand aller beitragspflichtigen Zeiten des laufenden Kalenderjahres bei dem Arbeitgeber, der die Einmalzahlung gewährt hat. Beitragsfreie Zeiten, z.B. während des Bezugs von Krankengeld, sowie Beschäftigungszeiten bei einem anderen Arbeitgeber werden nicht mitgezählt.
Beispiel
Arbeitnehmer U ist seit zehn Jahren bei der Y-GmbH beschäftigt. Für seine Tätigkeit erhält er monatlich ein Entgelt i.H.v. 3.100 Euro. Die Beschäftigten der T-GmbH erhalten im April des Jahres 2024 ein Urlaubsgeld i.H.v. 3.000 Euro.
Im Jahr 2024 liegt die monatliche Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung bei 5.175 Euro. Diese monatliche Beitragsbemessungsgrenze wird durch die Einmalzahlung sowie das monatliche laufende Entgelt überschritten:
Monatliches Entgelt | 3.100 Euro |
Urlaubsgeld | + 3.000 Euro |
Summe | = 6.100 Euro |
Da das laufende Arbeitsentgelt und die Einmalzahlung zusammen die o.g. Grenze überschreiten, muss eine anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze ermittelt werden.
Um zu ermitteln, auf welchen Beitrag der Einmalzahlung Beiträge zur Sozialversicherung zu zahlen sind, ist zu prüfen, ob der Arbeitnehmer die sog. anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze durch sein bisheriges beitragspflichtiges Entgelt bereits ausgeschöpft hat. Ist das der Fall, ist das darüber hinausgehende Entgelt nicht mehr beitragspflichtig. Ist der Beitrag der anteiligen Jahresbeitragsbemessungsgrenze hingegen noch nicht ausgeschöpft, fallen darauf Sozialversicherungsbeiträge an.
Die beitragspflichtigen Zeiten werden auch Sozialversicherungstage genannt (s. dazu sogleich).
Um die anteilige Jahres-Beitragsbemessungsgrenze zu ermitteln, geht man wie folgt vor
Merke
Sozialversicherungstage x Jahres-Beitragsbemessungsgrenze / 360 = anteilige Jahres-Beitragsbemessungsgrenze
Beiträge zur Sozialversicherung sind für jeden Kalendertag zu zahlen, an dem eine Mitgliedschaft in der Sozialversicherung besteht. Ein solcher Kalendertag wird als Sozialversicherungstag (SV-Tag) bezeichnet.
Die Zahl der Sozialversicherungstage ist nicht nur zu ermitteln, wenn die Beitragsberechnung bei Einmalzahlungen erfolgt, sondern beispielsweise auch dann, wenn Beiträge für einen Teillohnzahlungszeitraum oder die Höhe einer Entgeltersatzleistung berechnet werden.
Die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge für jeden Kalendertag der Mitgliedschaft ist in Bezug auf die gesetzliche Krankenversicherung in § 223 SGB V und für die Pflegeversicherung in § 57 Abs. 1 SGB XI normiert. Das SGB III sieht für die Arbeitslosenversicherung eine entsprechende Regelung in § 341 Abs. 2 SGB III. Im Fall einer versicherungspflichtigen Beschäftigung regelt die Beitragsverfahrensordnung die Berechnungsgrundsätze, § 1 Abs. 1 Satz 1 BVV.
Bei der Berechnung wird
- die Woche mit 7 Tagen,
- der Kalendermonat mit 30 Tagen und
- das Kalenderjahr mit 360 Kalendertagen
berücksichtigt. Ein voller Kalendermonat ist immer mit 30 Tagen anzusetzen. Sind die Beiträge für einen Zeitraum zu berechnen, der keinen vollen Kalendermonat umfasst, sind die tatsächlichen Beitragstage anzusetzen. Dies kann teilweise zu Ergebnissen führen, die auf den ersten Blick verwundern:
Beispiel
01.02. – 28.02. = 30 SV-Tage
03.02. – 28.02. = 26 SV-Tage
01.08. – 31.08. = 30 SV-Tage
02.08. – 31.08. = 30 SV-Tage
Wie bereits dargestellt, muss, sofern die Beitragsbemessungsgrenze des Abrechnungszeitraums durch das laufende Arbeitsentgelt und die Einmalzahlung zusammen überschritten wird, die anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze ermittelt werden. Ist dies erfolgt, berechnet man die Höhe des bisher beitragspflichtigen Entgelts (vom Beginn des Jahres bzw., sofern die Einstellung erst während des Jahres erfolgt ist, ab dem Einstellungstag bis zum Ende des Zahlungsmonats der Einmalzahlung). Von der zuvor ermittelten anteiligen Jahresbeitragsbemessungsgrenze zieht man dann den Betrag des bisherigen beitragspflichtigen Entgelts ab. Den sich daraus ergebenden Differenzbetrag bezeichnet man auch als „SV-Luft“.
Im Regelfall wird der Differenzbetrag höher, je weiter fortgeschritten das Jahr ist. Denn die Differenz zwischen der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze und dem laufenden Arbeitsentgelt wird in der Regel immer größer.
Ist der Differenzbetrag geringer, bedeutet dies, dass die Beitragsbemessungsgrenze schneller erreicht ist und weniger der Einmalzahlung beitragspflichtig ist.
Beispiel
Im Monat Februar ergibt sich der Differenzbetrag („SV-Luft“) nur aus der Differenz zwischen dem Entgelt aus den Monaten Januar und Februar zur anteiligen Jahresbeitragsbemessungsgrenze. Verdient ein Arbeitnehmer, der zum 01.01. eingestellt wurde, monatlich 3.500 Euro, so beträgt sein Entgelt aus Januar und Februar 7.000 Euro. Die anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung liegt für die Monate Januar und Februar bei 10.350 Euro (60 Sozialversicherungstage x Jahres-Beitragsbemessungsgrenze (2024) i.H.v. 62.100 Euro / 360 = 10.350 Euro (anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze). Der Differenzbetrag liegt also bei 3.350 Euro.
Im Monat Oktober ergibt sich der Differenzbetrag („SV-Luft“) aus der Differenz zwischen dem Entgelt aus den Monaten Januar bis Oktober zur anteiligen Jahresbeitragsbemessungsgrenze. Verdient ein Arbeitnehmer, der zum 01.01. eingestellt wurde, monatlich 3.500 Euro, so beträgt sein Entgelt aus den Monaten Januar bis Oktober 35.000 Euro. Die anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung liegt für die Monate Januar bis Oktober bei (300 Sozialversicherungstage x Jahres-Beitragsbemessungsgrenze (2024) 62.100 Euro / 360 = 51.750 Euro (anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze). Der Differenzbetrag liegt also bei 16.750 Euro.
Bei einer Einmalzahlung i.H.v. 4.000 Euro, die im Monat Februar ausgezahlt wird, wäre also (ohne Berücksichtigung der sog. Märzklausel, dazu sogleich) immerhin ein Betrag von 650 Euro beitragsfrei.
Bei einer Einmalzahlung in derselben Höhe, die allerdings erst im Oktober ausgezahlt wird, wäre diese in der gesetzlichen Krankenversicherung voll beitragspflichtig.
Daraus ergibt sich also im Grundsatz, dass der beitragspflichtige Teil einer Einmalzahlung kleiner ist, je früher die Einmalzahlung erfolgt. Dies ist auch der Grund dafür, weshalb viele Unternehmen eine Einmalzahlung in den ersten Monaten eines Jahres auszahlen. Dabei müssen sie jedoch die sog. Märzklausel beachten. Wird diese übersehen und werden als Folge zu geringe Beiträge gezahlt, müssen diese (spätestens bei der Betriebsprüfung) nachgezahlt werden.
Hinweis
Erhält ein Arbeitnehmer mehrere Einmalzahlungen innerhalb eines Jahres, muss bzw. müssen für die Feststellung der Beitragspflicht bei der zweiten bzw. weiteren Zahlung die erste bzw. die weiteren Sonderzahlung(en) mitberücksichtigt werden. Sofern sie beitragspflichtig war, wird sie zum erhaltenen laufenden Gehalt addiert.
Märzklausel
Besonderheiten gelten für solche Sonderzahlungen, die im ersten Quartal eines Kalenderjahres, also von Januar bis März, ausgezahlt werden. Bei diesen führt die sog. Märzklausel unter bestimmten Voraussetzungen dazu, dass die Beiträge dem Vorjahr zugeordnet werden. Die Beiträge zur Sozialversicherung aus der Einmalzahlung werden also so erhoben, als wäre die Einmalzahlung im Vorjahr ausgezahlt worden.
Gesetzlich normiert ist die Märzklausel in § 23a Abs. 4 SGB IV. Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt ist danach dem letzten Entgeltabrechnungszeitraum des Vorjahres zuzuordnen, wenn das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis bereits im Vorjahr bestanden hat und das einmalig gezahlte Arbeitsentgelt zusammen mit dem sonstigen beitragspflichtigen Arbeitsentgelt die anteilige Beitragsbemessungsgrenze des laufenden Jahres überschreitet. Hintergrund der Regelung ist, dass verhindert werden soll, dass aus Gründen der Beitragsersparnis sämtliche Einmalzahlungen stets am Anfang eines Jahres gezahlt werden.
Die Zuordnung zum Vorjahr wird einheitlich für alle Versicherungszweige vorgenommen. Im Fall eines krankenversicherungspflichtigen Arbeitnehmers ist auf die anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung (§ 223 Abs. 3 SGB V) abzustellen. Bei nicht krankenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern, die jedoch renten- und/oder arbeitslosenversicherungspflichtig sind, ist für die Zuordnung die anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung heranzuziehen.
Kommt es durch die Einmalzahlung nicht zu einer Überschreitung der anteiligen Jahresbeitragsbemessungsgrenze für das laufende Kalenderjahr, wird die Einmalzahlung nicht dem Vorjahr, sondern dem Auszahlungsmonat zugeordnet.
Beitragsschuldner und Beitragstragung
Bei den Sozialversicherungsbeiträgen ist zwischen dem Beitragsschuldner und demjenigen, der den Beitrag zu tragen hat, zu differenzieren, wobei es hier auch Überschneidungen geben kann. Wer Beitragsträger ist, wird in den jeweiligen Büchern des Sozialgesetzbuches geregelt:
- Gesetzliche Krankenversicherung (§§ 249 ff. SGB V): Bei versicherungspflichtigen Beschäftigen tragen diese und ihre Arbeitgeber die Beiträge jeweils zur Hälfte.
- Gesetzliche Rentenversicherung (§§ 168 ff. SGB VI): Bei gegen Arbeitsentgelt Beschäftigten tragen der Arbeitgeber und der Beschäftigte die Beiträge je zur Hälfte.
- Arbeitslosenversicherung (§§ 346 ff. SGB III): Die Beiträge werden von den versicherungspflichtigen Beschäftigten und den Arbeitgebern je zur Hälfte getragen.
- Pflegeversicherung (§§ 58 ff. SGB XI): Bei versicherungspflichtig Beschäftigten werden die Beiträge zur Hälfte vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer getragen.
- Gesetzliche Unfallversicherung (§§ 150 ff. SGB VII): Beitragspflichtig sind die Unternehmer, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen.
Gezahlt werden die Beiträge stets vom Beitragsschuldner. Beitragsschuldner ist bei gegen Arbeitsentgelt beschäftigten Personen stets der Arbeitgeber. Werden die Beiträge von ihm nicht ordnungsgemäß abgeführt, haftet er hierfür.
Die paritätische Aufteilung der Beitragslast zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gilt nicht uneingeschränkt. Sonderregelungen gibt es z.B. für geringfügig Beschäftigte und Personen im Übergangsbereich. Für geringfügig Beschäftigte findet sich eine Sonderregel beispielsweise in § 249b SGB V für die gesetzliche Krankenversicherung: Die Beitragspflicht trifft ausschließlich den Arbeitgeber. Liegen die Voraussetzungen des § 249b S. 1 SGB V vor, hat der Arbeitgeber grundsätzlich einen Beitrag in Höhe von 13 % des Arbeitsentgelts zu tragen.
Übergangsbereich
Für Beschäftigte, die ein regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt zwischen 538,01 Euro und 2.000,00 Euro haben, gilt nach § 20 Abs. 2 SGB IV ein Übergangsbereich. Durch das besondere Beitragsverfahren innerhalb des Übergangsbereichs soll für Arbeitnehmer ein Anreiz zur Aufnahme von Teilzeitbeschäftigungen geschaffen werden, indem die Beitragsbelastung für Arbeitnehmer mit niedrigem Arbeitsentgelt abgesenkt wird.
Die besonderen Berechnungsformeln führen beim Arbeitnehmer zu einer verminderten Beitragsbelastung. Je höher das Entgelt im Übergangsbereich, desto niedriger der Beitragsvorteil. Für die komplexe Beitragsberechnung im Übergangsbereich sind zwei Formeln notwendig.
Voraussetzung für die Anwendung des Übergangsbereichs ist stets, dass der Arbeitnehmer
- in der Beschäftigung versicherungspflichtig ist und
- ein regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt von insgesamt 538,01 Euro bis 2.000,00 Euro erhält.
Merke
Berechnungsschema:
- Gesamtbeitrag (Formel 1) mit ½ Beitragssatz, kaufmännischer Rundung und Verdoppelung
2. Beitragsanteil Arbeitnehmer (Formel 2) mit ½ Beitragssatz und kaufmännischer Rundung
3. Beitragsanteil Arbeitgeber durch Abzug Arbeitnehmeranteil (2) vom Gesamtbeitrag (1)
Die Berechnung ist aufgrund unterschiedlicher Beitragssätze für jeden einzelnen Sozialversicherungszweig getrennt durchzuführen.
Die Regelung zum Übergangsbereich gilt nicht für Auszubildende, Praktikanten und Teilnehmer an dualen Studiengängen.
Sollte das Arbeitsentgelt ausnahmsweise unterhalb von 538,01 Euro liegen, ist zur Beitragsberechnung der Faktor F notwendig, um das reduzierte beitragspflichtige Entgelt zu bestimmen. Im Jahr 2024 beträgt der Faktor F 0,6846.
Auch wenn die Beiträge von einem verminderten Entgelt berechnet werden, entsteht den Beschäftigten im Übergangsbereich kein Nachteil bei einer späteren Rente. Grund hierfür: Die Entgeltpunkte werden aus dem tatsächlichen (und nicht aus dem beitragspflichtigen) Entgelt berücksichtigt.