In einem bahnbrechenden Schritt hat das Bundesfinanzhof (BFH) mit seinem wegweisenden Urteil (IV C 3 – S 2190/21/10002 :025; 2022/0186479) neue Maßstäbe gesetzt, die sich maßgeblich auf die Gewinnermittlungen für Wirtschaftsjahre auswirken, die nach dem 31. Dezember 2020 enden.
Dieses wegweisende Urteil eröffnet nicht nur völlig neue Perspektiven für aktuelle Gewinnermittlungen, sondern erlaubt auch die rückwirkende Anwendung seiner Prinzipien auf Wirtschaftsgüter, die bereits in früheren Geschäftsjahren angeschafft oder hergestellt wurden und für die bisher eine abweichende Nutzungsdauer angenommen wurde.
Besonders relevant ist diese Entwicklung im Kontext von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens, die zur Einkünfteerzielung genutzt werden, da die Anwendung der oben genannten Grundsätze bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2021 in Kraft tritt.
In diesem Fachartikel werden wir die Auswirkungen dieses Urteils im Detail analysieren und seine Implikationen für steuerliche Gewinnermittlungen und die steuerliche Planung beleuchten.
Hardware und Software: Neue Regeln für Nutzungsdauer und Steuervorteile
Gerade technische Wirtschaftsgüter wie Computer und zugehörige Software unterliegen aufgrund des schnellen technischen Fortschritts einem immer schnelleren Wandel. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer, die der Abschreibung nach § 7 Einkommensteuergesetz (EStG) zugrunde zu legen ist, wurde für diese Wirtschaftsgüter allerdings seit rund 20 Jahren nicht mehr geprüft und bedarf deshalb einer Anpassung an die geänderten tatsächlichen Verhältnisse.
Für die nach § 7 Absatz 1 EStG anzusetzende Nutzungsdauer kann für die aufgeführten materiellen Wirtschaftsgüter „Computerhardware“ sowie die immateriellen Wirtschaftsgüter „Betriebs- und Anwendersoftware“ eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde gelegt werden.
Computerhardware
Die folgenden Komponenten stellen die abschließende Aufzählung der betrachteten Computerhardware dar.
- „Computer“ bezeichnet ein Gerät, das Logikoperationen ausführt sowie Daten verarbeitet und in der Lage ist, Eingabegeräte zu nutzen, um Informationen auf Anzeigegeräten auszugeben und das in der Regel eine Zentraleinheit (ZE) beinhaltet, die die Operationen ausführt. Ist keine ZE vorhanden, muss das Gerät als Client Gateway zu einem Computerserver fungieren, der als Computerverarbeitungseinheit dient.
- „Desktop-Computer“ bezeichnet einen Computer, dessen Haupteinheit an einem festen Standort aufgestellt wird, der nicht als tragbares Gerät ausgelegt ist und der mit einem externen Anzeigegerät sowie externen Peripheriegeräten wie Tastatur und Maus genutzt wird. Bei einem „integrierten Desktop-Computer“ funktionieren der Computer und das Anzeigegerät als Einheit, deren Wechselstromversorgung über ein einziges Kabel erfolgt.
- „Notebook-Computer“ bezeichnet einen Computer, der speziell als tragbares Gerät und für den längeren Betrieb mit oder ohne direkten Anschluss an eine Wechselstromquelle konzipiert ist. Notebook-Computer verfügen über ein integriertes Anzeigegerät mit einer sichtbaren Bildschirmdiagonale von mindestens 22,86 cm (9 Zoll) und können mit einem integrierten Akku oder einer anderen tragbaren Stromquelle betrieben werden.
Unterkategorien des Notebook-Computers sind unter anderen:
- „Tablet-Computer“: eine Notebook-Computerart, die sowohl über ein eingebautes berührungsempfindliches Anzeigegerät als auch über eine eingebaute physische Tastatur verfügt.
- „Slate-Computer“: eine Notebook-Computerart, die über ein eingebautes berührungsempfindliches Anzeigegerät, nicht aber über eine eingebaute physische Tastatur verfügt.
- „mobiler Thin-Client“: eine Notebook-Computerart, die eine Verbindung zu entfernten Rechenressourcen (z. B. Computerserver, Remote-Workstation) benötigt, mit denen die hauptsächliche Datenverarbeitung erfolgt, und die über kein eingebautes Rotations-Speichermedium verfügt.
- „Desktop-Thin-Client“ bezeichnet einen Computer, der eine Verbindung zu entfernten Rechenressourcen (z. B. Computerserver, Remote-Workstation) benötigt, mit denen die hauptsächliche Datenverarbeitung erfolgt, und der über kein eingebautes Rotations-Speichermedium verfügt. Die Haupteinheit eines Desktop-Thin-Clients wird an einem festen Standort (z. B. auf einem Schreibtisch) aufgestellt und ist nicht als tragbares Gerät ausgelegt. Desktop-Thin-Clients können Informationen entweder auf einem externen oder, soweit vorhanden, auf einem eingebauten Anzeigegerät ausgeben.
- „Workstation“ bezeichnet einen Hochleistungs-
Einzelplatzcomputer, der neben anderen rechenintensiven Aufgaben hauptsächlich für Grafikanwendungen, Computer Aided Design, Softwareentwicklung sowie finanzwirtschaftliche und wissenschaftliche Anwendungen genutzt wird.
- „Mobile Workstation“ bezeichnet einen Hochleistungs-
Einzelplatzcomputer, der neben anderen rechenintensiven Aufgaben mit Ausnahme von Spielen hauptsächlich für Grafikanwendungen, Computer Aided Design, Softwareentwicklung sowie finanzwirtschaftliche und wissenschaftliche Anwendungen genutzt wird, und der speziell als tragbares Gerät und für den längeren Betrieb mit oder ohne direkten Anschluss an eine Wechselstromquelle konzipiert ist. Mobile Workstations haben ein integriertes Anzeigegerät und können mit einem integrierten Akku oder einer anderen tragbaren Stromquelle betrieben werden. Die meisten mobilen Workstations verfügen über ein externes Netzteil sowie eine integrierte Tastatur und ein integriertes Zeigegerät.
- „Small-Scale-Server“ bezeichnet eine Computer-Art, die in der Regel Desktop-Computer-Komponenten im Desktopgeräteformat verwendet, jedoch in erster Linie als Speicherhost für andere Computer und zur Ausführung von Funktionen wie der Bereitstellung von Netzinfrastrukturdiensten und dem Daten-/Medien-Hosting bestimmt ist und
- als Standgerät, Turmgerät oder in einem sonstigen Format ausgelegt ist, das dem Format von Desktop-Computern ähnelt, so dass alle Datenverarbeitungs-, Speicher- und Netzschnittstellenkomponenten in einem Gehäuse untergebracht sind;
- die für den Betrieb 24 Stunden pro Tag an 7 Tagen in der Woche ausgelegt ist;
- die in erster Linie für den Simultanbetrieb in einer Mehrbenutzer-Umgebung ausgelegt ist, in der mehrere Benutzer an vernetzten Client-Geräten arbeiten können;
- die über ein Betriebssystem verfügt, das für Heimserver oder Serveranwendungen im unteren Leistungsbereich ausgelegt ist, sofern das Gerät mit einem Betriebssystem in Verkehr gebracht wird.
- „Dockingstation“ bezeichnet ein separates Produkt, das an einen Computer angeschlossen wird und dazu dient, Funktionen wie z. B. die Erweiterung der Anschlussmöglichkeiten oder das Zusammenlegen von Anschlüssen für Peripheriegeräte zu übernehmen. Dockingstations können auch das Laden von internen Akkus im angeschlossenen Computer erleichtern.
- „Externes Netzteil“ bezeichnet ein Gerät, das dafür konzipiert ist, Wechselstrom (AC) aus dem Stromnetz in Wechselstrom (AC) oder Gleichstrom (DC) niedrigerer Spannung umzuwandeln; das die Umwandlung jeweils nur in eine Gleichstrom- oder eine Wechselstromausgangsspannung vornehmen kann; das zum Betrieb mit einem separaten Gerät -dem Primärverbraucher -bestimmt ist; das sich in einem vom Primärverbraucher physisch getrennten Gehäuse befindet; das über einen abnehmbaren oder fest verdrahteten elektrischen Anschluss mit Stecker und Kupplung, ein Kabel, eine Litze oder eine sonstige Verdrahtung mit dem Primärverbraucher verbunden ist und das über eine Ausgangsleistung laut Typenschild von höchstens 250 Watt verfügt.
- Peripherie-Geräte“ sind alle Geräte, die nach dem EVA-Prinzip (Eingabe-Verarbeitung-Ausgabe) zur Ein- und Ausgabe von Daten genutzt werden.
Peripheriegeräte lassen sich funktional in drei Gruppen gliedern:
- Eingabegeräte: Tastatur, Maus, Grafiktablett, Scanner, Kamera, Mikrofon, Headset, u. ä.
- Externe Speicher: Festplatte, DVD-/CD-Laufwerk, Flash Speicher (USB-Stick), Bandlaufwerke (Streamer)
- Ausgabegeräte: Beamer, Plotter, Headset, Lautsprecher und „Computer-Bildschirm“ oder auch Monitor oder Display (dient der Darstellung der Benutzeroberfläche und der Datenausgabe) sowie „Drucker“ (Geräte, die Computerdaten in graphischer Form auf Papier oder Folien bringen, Non-Impact-Drucker (anschlagfrei, Laserdrucker, Tintenstrahldrucker) und Impact-Drucker [Nadeldrucker]).
Computersoftware
Im Rahmen dieses Schreibens wird der Begriff "Software" in einem breiten Kontext verstanden und umfasst verschiedene Arten von Software, die für die Dateneingabe und -verarbeitung relevant sind. Hierbei handelt es sich sowohl um die Betriebssoftware als auch um Anwendungssoftware. Die Anwendungssoftware umfasst nicht nur Standardprogramme, sondern schließt auch speziell auf die Bedürfnisse individueller Nutzer zugeschnittene Anwendungen mit ein.
Dazu gehören beispielsweise ERP-Software (Enterprise Resource Planning), die in Unternehmen zur effizienten Ressourcenverwaltung eingesetzt wird. Ebenfalls erfasst sind Softwarelösungen für Warenwirtschaftssysteme, die bei der Verwaltung von Lagerbeständen und Bestellprozessen unterstützen. Desweiteren fällt darunter auch sonstige Anwendungssoftware zur Unternehmensverwaltung, die in verschiedenen Geschäftsbereichen eingesetzt werden kann, sowie Software zur Prozesssteuerung, die dazu dient, Abläufe in Produktions- oder Geschäftsprozessen zu steuern und zu optimieren.
Insgesamt wird der Begriff "Software" in diesem Schreiben in einem weitreichenden Sinne interpretiert, um die Vielfalt der Softwareanwendungen für die Dateneingabe und -verarbeitung angemessen zu berücksichtigen.
Fazit
Das BFH-Urteil und die damit verbundenen Anpassungen der Nutzungsdauer von Computerhardware und Software zur Dateneingabe und -verarbeitung haben weitreichende Vorteile für Unternehmen und Steuerzahler mit sich gebracht. Die klare Definition von Software im Kontext dieses Urteils, die sowohl Betriebssoftware als auch Anwendungssoftware einschließt, schafft eine solide Grundlage für eine präzise steuerliche Bewertung und Planung.
Die Möglichkeit, die geänderten Grundsätze rückwirkend auf bereits angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter anzuwenden, eröffnet Unternehmen die Chance, bisherige steuerliche Belastungen zu überprüfen und gegebenenfalls zu optimieren. Dies ist besonders relevant für individuell angepasste Anwendungen wie ERP-Software oder spezialisierte Software für die Unternehmensverwaltung, da diese oft eine längere Nutzungsdauer haben.
Zusätzlich wird die Anwendung der neuen Regelungen auf Wirtschaftsgüter des Privatvermögens, die zur Einkünfteerzielung genutzt werden, ab dem Veranlagungszeitraum 2021 ermöglicht. Dies schafft Planungssicherheit und eröffnet Potenziale zur Steueroptimierung für Privatpersonen, die solche Vermögenswerte nutzen.
Insgesamt eröffnet das BFH-Urteil und die Anpassung der Nutzungsdauer von Software und Hardware neue Möglichkeiten zur Steuereinsparung und -optimierung, wodurch Unternehmen und Privatpersonen gleichermaßen von einer präziseren und gerechteren steuerlichen Bewertung ihrer Vermögenswerte profitieren können.