von Florian Solich - Steuerberater, Master of Arts (Taxation), M.A.
Geplante Gesetzesänderungen in der Umsatzsteuer
Neues zur Werklieferung (§ 3 Abs. 4 UStG)
Die von ständiger Rechtsprechung angewandte Voraussetzung des Be- oder Verarbeitens eines fremden Gegenstands wird nun in das Gesetz aufgenommen.
Die Regelung gilt ab dem Tag der Gesetzesverkündung.
Ort der sonstigen Leistung (§ 3a Abs. 3 UStG)
Eine Gesetzesanpassung soll zum 01.01.2025 für sonstige Leistungen bei kulturellen, künstlerischen, wissenschaftlichen, unterrichtenden, sportlichen, unterhaltenden oder ähnlichen Leistungen erfolgen.
Insbesondere sollen diejenigen Leistungen erfasst werden, die per Streaming übertragen oder auf eine andere Art virtuell verfügbar gemacht werden. Die Ortsbesteuerung soll dort erfolgen, wo der nichtunternehmerische Leistungsempfänger ansässig ist bzw. seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Der aktuelle Regierungsentwurf sieht eine Ausnahmeregelung vor, dass bei der Einräumung von Eintrittsberechtigungen zu kulturellen, künstlerischen, wissenschaftlichen, unterrichtenden, sportlichen, unterhaltenden oder ähnlichen Veranstaltungen (Messen) und Ausstellungen an Unternehmer für deren Unternehmen als Leistungsort das Empfängersitzprinzip i. S. d. § 3a Abs. 2 UStG gilt, sofern die Eintrittsberechtigung eine virtuelle Teilnahme ermöglicht.
Steuerfreiheit von sportlichen Dienstleistungen (§ 4 Nr. 22 UStG)
Durch die Rechtsprechung des EuGH und BFH zu Art. 312 Abs. 1 Buchst. m) MwStSystRL soll die Steuerbefreiungsvorschrift für im Zusammenhang mit Sport stehenden sonstigen Leistungen angepasst werden.
Die Steuerbefreiung wird auf bestimmte in engem Zusammenhang mit Sport stehende Dienstleistungen erweitert, die von Einrichtungen ohne Gewinnerzielungsabsicht an Personen erbracht werden, die sportliche Körperbetätigungen ausüben.
Die Steuerbefreiung kann auch für Leistungen an Personen gelten, die nicht Mitglieder der (umsatzsteuerlich) begünstigten Einrichtung sind. Auch die Nutzungsüberlassung von Sportanlagen ohne Gewinnerzielungsabsicht fällt unter die Steuerbefreiung, wenn sie in einem engen Zusammenhang mit Sport und körperlicher Bewegung (i. w. S.) steht.
Unberechtigter Steuerausweis (§ 14c Abs. 2 UStG)
§ 14c Abs. 2 UStG wird erweitert und schließt damit eine durch die BFH-Rechtsprechung entstandene Regelungslücke.
Die Neuregelung sieht vor, dass eine Person zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer selbst dann schuldet, wenn der Steuerausweis in Form einer Gutschrift erfolgt.
Damit soll entgegengewirkt werden, dass der Empfänger des Dokuments den offen ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrag schuldet, denn es besteht die Gefahr, dass der Gutschriftenersteller einen Vorsteuerabzug geltend macht.
Die Regelung soll ab dem Tag der Gesetzesverkündung gelten.
Vorsteuerabzug bei Istbesteuerung (§ 15 Abs. 1 Nr. 1, § 20 UStG)
Der Vorsteuerabzug bei Leistungsbezug von einem sogenannten Istversteuerer (§ 20 UStG) wird zukünftig erst dann möglich sein, wenn eine Zahlung für den Leistungsbezug geleistet wurde.
Der Leistende hat im allgemeinen Rechnungsverkehr zudem eine weitere Pflichtangabe auf seiner Rechnung zu führen (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6a) (neu) UStG).
Die Regelung soll für Rechnungen gelten, die nach dem 31.12.2025 ausgestellt wurden.
Änderungen in der Vorsteueraufteilung (§ 15 Abs. 4 UStG)
Eine Berechnung der Vorsteueraufteilung nach dem Gesamtumsatzschlüssel ist nur dann möglich, wenn dieser der einzig mögliche Aufteilungsmaßstab ist.
Eine Verhältnisaufteilung nach dem Gesamtumsatz gilt damit als nachrangig gegenüber anderen Ermittlungsmethoden.
Hinweis
Um ungewollte Risiken im Rahmen von Umsatzsteuer-Sonderprüfungen zu vermeiden, empfiehlt es sich ggf. eine verbindliche Auskunft für die gewählte Methodik der Vorsteueraufteilung einzuholen.
Kleinunternehmerregelung für im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer (§ 19, § 19a UStG)
Die Gesetzesmodifizierung ist Ausfluss der EU-Richtlinie für Kleinunternehmer RL EU 2020/285.
Zukünftig haben auch im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer die Möglichkeit, die in Deutschland geltende umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung in Anspruch zu nehmen.
Damit im Umkehrschluss auch inländische Unternehmer die „ausländische“ Kleinunternehmerregelung anwenden können, wir in § 19a UStG ein besonderes Meldeverfahren eingeführt. Zuständigkeit dieses Meldeverfahrens wird dem BzSt obliegen.
Der am besonderen Meldeverfahren teilnehmende Unternehmer muss nach dem neuen § 19a Abs. 3 UStG für jedes Kalendervierteljahr eine Umsatzmeldung einreichen. Diese ist innerhalb eines Monats nach Ablauf des anzumeldenden Kalendervierteljahres elektronisch an das BzSt zu übermitteln.
§ 19 Abs. 1 UStG wird zukünftig eine echte Steuerbefreiungsvorschrift (auch hinsichtlich des Vorsteuerabzugs) enthalten. Voraussetzung wird sein, dass der inländische Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 25.000 EUR beträgt und im laufenden Kalenderjahr 100.000 EUR nicht überschritten werden.
Die Regelung soll ab 01.01.2025 gelten.
Geplante Gesetzesänderungen in der Erbschaftsteuer
Steuerpflichtiger Erwerb (§ 10 Abs. 6, 6b ErbStG)
Mit Urteil vom 21.12.2021 hatte der EuGH (EuGH-Urteil vom 21.21.2021, Rs. C-394/20) entschieden, dass die Nichtabzugsfähigkeit einer Pflichtteilsverbindlichkeit bei beschränkt Steuerpflichtigen gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt.
In § 10 Abs. 6 Satz 2 ErbStG soll eine anteilige Abzugsfähigkeit von Nachlassverbindlichkeiten im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht geregelt werden. Die Abzugsfähigkeit soll bis zur Höhe des Anteils möglich sein, dem der Vermögensanfall der deutschen Erbschaftsteuer unterliegt.
Die Neufassung des § 10 Abs. 6, 6a und 6b ErbStG gilt für Erwerbsvorgänge, deren Steuer im Folgemonat der Gesetzesverkündung entstanden sind.
Steuerstundung bei Wohnimmobilien (§ 28 Abs. 3 ErbStG)
Die bisherige Steuerstundung erfasst Grundstücke, die im Erwerbszeitpunkt die Voraussetzungen des § 13d Abs. 3 ErbStG erfüllen.
Auf Antrag kann eine Stundung bis zu zehn Jahre gewährt werden, soweit der Erwerber die Steuer nur durch die Veräußerung des genutzten Grundbesitzes aufbringen kann.
§ 28 Abs. 3 ErbStG soll auf sämtliche Fälle erweitert werden, in denen Grundbesitz zu Wohnzwecken genutzt wird. Insbesondere kommt hier derjenige Grundbesitz zur Anwendung, welcher vom Erblasser oder Schenker nach dem Erbfall bzw. der Schenkung zu Wohnzwecken vermietet wird. Ebenfalls davon erfasst werden alle Fälle der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken.
Die Regelung gilt ab dem Tag der Gesetzesverkündung
Geplante Gesetzesänderungen in der Abgabenordnung
Weitergabe steuerlicher Daten (§ 31a Abs. 1 AO)
§ 31a Abs. 1 AO soll einen neuen Satz 3 erhalten.
Darin soll geregelt werden, dass Bewilligungsbehörden Informationen über eine zu Unrecht erhaltene Leistung aus öffentlichen Mitteln an Strafverfolgungsbehörden weiterleiten dürfen, wenn ihnen die Informationen von der Finanzverwaltung nach § 31a AO offenbart wurde.
Die Regelung soll ab Tag der Verkündung gelten.
Vergünstigte Vermietung an hilfsbedürftige Personen (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 27 AO)
Die Gemeinnützigkeit soll um die Förderung wohngemeinnütziger Zwecke ergänzt werden.
Die Miete muss dafür dauerhaft unter dem marktüblichen Mietzins liegen. Dies ist zu Beginn des Mietverhältnisses und bei späteren Mieterhöhungen zu prüfen.
Es ist auch ausreichend, wenn der Wohnraum zu einem Mietzins vermietet wird, der nur die laufenden Aufwendungen einschließlich der Wohngebäudeabschreibungen deckt.
Entsprechende Verluste können mit anderen Einnahmen aus dem ideellen Bereich ausgeglichen werden.
Die Regelung soll ab 01.01.2025 anzuwenden sein.
Quellen:
- BMF-Referentenentwurf zum JStG 2024 vom 17.05.2024
- Regierungsentwurf zum JStG 2024 vom 05.06.2024