Steuerberaterprüfung 2022 – Themenübersicht
von Jan-Hendrik Hillers & Christoph Jansen
1. Einleitung
Das Steuerberaterprüfung stellt jedes Jahr den steuerlichen Berufsnachwuchs Deutschlands vor enorme Herausforderungen. Nicht nur, dass eine Vielzahl von Themen und Sachverhaltskonstellationen sicher (man möchte meinen fast auswendig) beherrscht werden muss, die Klausuren sind zudem auch zeitlich äußerst eng getaktet, weshalb eine große Anzahl an Teilnehmern gar nicht erst dazu kommt, die Klausuren vollumfänglich zu bearbeiten. Hier haben wir die Themen der Steuerberaterprüfung aus den Vorjahren zusammengefasst.
Neben dem Erlenen des examensrelevanten Stoffs in theoretischer Form und dem Schreiben von zahlreichen Übungsklausuren, stellt das Auseinandersetzen mit den Originalklausuren einen sehr wichtigen Bestandteil der Examensvorbereitung dar, da (i) oftmals ähnliche Themen abgeprüft werden („Klassiker“), (ii) vielen Teilnehmern ein Gefühl bzw. Gespür dafür fühlt, in welcher Form die Aufgaben gestellt und die Probleme in den Sachverhalten versteckt sind und (iii) oftmals große Unsicherheit darüber herrscht, in welchem Umfang die Aufgaben gelöst werden müssen. Leider wurden die Klausuren letztmalig für das Examensjahr 2015 veröffentlicht, sodass man seitdem auf Erfahrungsberichte von Teilnehmern angewiesen ist, um die Inhalte der Examensklausuren für nachfolgende Jahrgänge zu rekonstruieren. Der nachfolgende Beitrag basiert auf den Schilderungen einer Vielzahl an Teilnehmern, welche die Examensklausuren 2022 im Zeitraum vom 11. bis 13. Oktober 2022 abgelegt haben, und gibt die wesentlichen Inhalte der Klausuren in knapper Form wieder.
2. Allgemeines
Eines der zentralen Probleme in der Steuerberaterprüfung ist die Zeit, nur wenige Teilnehmer schaffen es überhaupt, alle drei Klausuren vollständig zu lösen. Dies liegt jedoch nicht nur daran, dass die Klausuren oftmals mit Problematiken geradezu überfrachtet sind, vielmehr ist es häufig aus Teilnehmersicht nicht absehbar, wie viele Punkte auf die einzelnen Teilaufgaben entfallen und welche Zeitmenge dementsprechend für die einzelnen Aufgaben eingeplant werden sollte (Anm.: Bislang standen an den Aufgaben keinerlei Punktangaben). Zum ersten Mal wurden nun in den Klausuren die Punkte für die einzelnen Teilaufgaben angegeben, was eine durchweg zu begrüßende Änderung darstellt und hoffentlich auch in kommenden Jahren so beibehalten werden wird.
Hier geben wir Ihnen einen Überblick über den Ablauf der Steuerberaterprüfung.
3. Tag 1 – Verfahrensrecht
Die Verfahrensrechtsklausur (im Sprachgebrauch oftmals auch als „gemischte Klausur“ bzw. „Mischklausur“ bezeichnet) fällt regelmäßig am schlechtesten aus[1], da nicht nur drei grundverschiedene Fächer abgeprüft, sondern die drei einzelnen Teilbereiche der Klausuren oftmals auch zeitlich äußerst anspruchsvoll sind, weshalb insbesondere an diesem Tag viele Teilnehmer die Klausur nicht fertig lösen können. Entsprechend der Erfahrungsberichte der befragten Teilnehmer, stellte die Examensklausur 2022 in dieser Hinsicht keine große Abweichung zur Norm dar, d.h. nicht nur inhaltlich, sondern auch vom Schwierigkeitsgrad her drei grundverschiedene Aufgabenteile und eine zeitlich kaum vollständig zu bewältigende Aufgabenmenge.
a) Abgabenordnung (35 Punkte)
Der Aufgabenabschnitt zur Abgabenordnung (nachfolgend „AO“) bestand aus zwei getrennten Aufgabenabschnitten, die mit 30 und 5 Punkten angesetzt waren.
aa) Aufgabenteil 1 (30 Punkte)
Ein Einkommensteuerbescheid mit Datum vom 2. März 2022 wurde Anfang März bekanntgegeben, während die Inhaltsadressatin seit dem 14. Februar schwererkrankt, aber noch bei vollem Bewusstsein, im Krankenhaus lag. Einen Tag nach der Bekanntgabe des Steuerbescheids fiel sie ins Koma und starb letztendlich am 16. März. Der Alleinerbe der Inhaltsadressatin wurde Anfang Mai vom Gericht zum Alleinerbin benannt, hatte jedoch erst ab dem 19. Mai Zugriff auf die Wohnung und den Briefkasten der Verstorbenen. Nachdem er den Einkommensteuerbescheid gelesen hat, legte er unverzüglich mit Schreiben vom 24. Mai Einspruch ein, das Schreiben ging dem Finanzamt am 25. Mai zu. Mit seinem Einspruch begehrte der Alleinerbe die Aufhebung des Einkommensteuerbescheids, da die Inhaltsadressatin bereits verstorben ist.
Zu prüfen war die Zulässigkeit des Einspruchs, die Begründetheit war hingegen nicht zu prüfen.
bb) Aufgabenteil 2 (5 Punkte)
Zu prüfen war, ob gegen den Alleinerben im August vollstreckt werden könnte, wenn dieser die Einkommensteuerzahllast aus dem Einkommensteuerbescheid aus Aufgabenteil 1 nicht begleicht.
b) Umsatzsteuer (35 Punkte)
Zu beurteilen war eine Antiquitäten-/Kunsthändlerin, die als Wiederverkäuferin i.S.d. § 25a UStG qualifizierte und zum 1. Januar 2022 eine Erklärung i.S.d. § 25a Abs. 2 UStG abgegeben hatte, sodass die Differenzbesteuerung auch auf ihre Kunstgegenstände anzuwenden war. Neben ihrer Tätigkeit als Kunsthändlerin vermietet sie zudem Wohnungen umsatzsteuerfrei an Privatpersonen. Wie für die USt üblich, war die Aufgabe in einzelne Textziffern (hier vier Stück) eingeteilt, die unterschiedlich ausgepunktet waren.
aa) Textziffer 1 (9 Punkte)
Die Kunsthändlerin erwarb ein Gemälde von einer Privatperson aus Österreich und veräußerte das Gemälde anschließend im eigenen Namen im Rahmen einer Auktion an einen niederländischen Unternehmer. Der Versand des Gemäldes erfolgte durch ein niederländisches Speditionsunternehmen.
bb) Textziffer 2 (10 Punkte)
Zu beurteilen war ein Kommissionsgeschäft, in welchem die Kunsthändlerin als Kommissionärin agierte und der Verkauf eines Kunstgegenstands nach Österreich erfolgte. Neben der Kunsthändlerin war auch der Kommittent zu beurteilen.
cc) Textziffer 3 (11 Punkte)
Die Kunsthändlerin erwarb im Jahr 2018 zwei Gemälde von einem deutschen Unternehmer, einmal direkt von seinem Unternehmen in Deutschland (Erwerb mit ausgewiesener USt) und einmal von der niederländischen Betriebsstätte des Unternehmers (Erwerb ohne ausgewiesene USt). Im Jahr 2022 erfolgte nun der Erwerb eines weiteren Gemäldes vom selben Unternehmer, für diesen Verkauf sollte auch der deutsche Unternehmer beurteilt werden. Die Kunsthändlerin veräußerte die Gemälde an zwei Privatpersonen aus Deutschland und eine Privatperson aus der Schweiz.
dd) Textziffer 4 (5 Punkte)
Die Kunsthändlerin erwarb im Jahr 2022 einen neuen PKW, welchen sie zu 60 % für ihre steuerpflichtigen und zu 30 % für ihre steuerfreien Ausgangsumsätze sowie zu 10 % für private Zwecke nutzte. Die Privatnutzung wurde anhand eines Fahrtenbuchs nachgehalten.
c) Erbschaftsteuer (30 Punkte)
Die Erbschaftsteuer (nachfolgend „ErbSt“) wurde mit insgesamt 30 Punkten bewertet. Zu beurteilen war ein Erwerb von Todes wegen durch die überlebende Ehefrau als testamentarische Alleinerbin. Die beiden Eheleute hatten im Zeitpunkt des Todes im Güterstand der Gütertrennung gelebt. Nach Auskunft der Teilnehmer war, abweichend von den Aufgabenstellungen vergangener Jahre, nur die Bereicherung der Ehefrau, nicht aber die festzusetzende ErbSt zu berechnen. Zu beurteilen waren dabei die folgenden Positionen:
- Bewertung eines 60 %-Anteils an einer KG im vereinfachten Ertragswertverfahren. Angegeben waren die Jahresüberschüsse der vergangenen Geschäftsjahre sowie mehrere außerbilanzielle Korrekturen, welche für steuerliche Zwecke vorgenommen worden waren.
- Der Verstorbene hatte ein Kapitalkonto von EUR 0 in einer Ergänzungsbilanz, ein anderer Mitunternehmer hatte ein negatives Kapitalkonto in seiner Ergänzungsbilanz.
- Der Verstorbene hatte der KG einen PKW (SBV I) überlassen, im Sachverhalt waren sowohl der Buch- als auch der gemeine Wert angegeben.
- Die KG war zu 15 % an einer GmbH beteiligt, die Beteiligung war für das Unternehmen der KG betriebsnotwendig. Der gemeine Wert der Beteiligung war im Sachverhalt angegeben. Die GmbH hat in 2021 eine offene Ausschüttung an ihre Gesellschafter getätigt.
- Im Sachverhalt wurden zudem die getätigten Entnahmen, das Kapitalkonto zum Todestag und der Substanzwert i.S.d. § 11 Abs. 2 S. 3 BewG angegeben.
- Bewertung eines Erbbaugrundstücks, auf welchem der Erbbauberechtigte ein Gebäude errichtet hat. Für das Gebäude war nach Ablauf der Laufzeit des Erbbaurechts eine Entschädigung in voller Höhe zu zahlen.
- Beurteilung eines schwebenden Geschäfts über ein unbebautes Grundstücks, für welches der 1/3 des Kaufpreises am Todestag gezahlt war.
- Lebensversicherung, für welche im Sachverhalt der Wert von EUR 2 Mio. angegeben war. Berechtigt aus der Lebensversicherung waren die beiden Eheleute zu jeweils 50 %.
- Hausrat mit einem gemeinen Wert von EUR 51.000 €, der beiden Ehegatten jeweils zu 50 % gehörte.
4. Tag 2 – Ertragsteuern
Statistisch stellt die Ertragsteuerklausur oftmals „die goldene Mitte“ der Examensklausuren dar und fällt besser als die Verfahrensrechts-, aber schlechter als die Bilanzsteuerrechtsklausur aus.[2] Dies dürfte unter anderem daran liegen, dass die Menge an Themen in ihrer Gesamtheit zwar kaum perfekt zu beherrschen ist, aufgrund der Vielzahl an unterschiedlichen Themen aber auch fast jeder Teilnehmer einzelne Aufgaben hat, die ihm / ihr persönlich gut liegen.
a) Einkommensteuer / Internationales Steuerrecht (60 Punkte)
aa) Sachverhalt 1 (25 Punkte)
Zu bestimmen war die Einkommensteuer der Influencerin I für den Veranlagungszeitraum 2021. I unterhielt in 2021 einen Wohnsitz in Deutschland (Lebensmittelpunkt) und einen Wohnsitz in Italien, das entsprechende Doppelbesteuerungsabkommen war der Aufgabe als Anlage beigefügt. Der Gewinn der I aus ihrer gewerblichen Tätigkeit als Influencerin war im Sachverhalt angegeben. In Italien verfügte I laut Sachverhalt über eine Betriebsstätte, der eine Beteiligung an einer italienischen Kapitalgesellschaft zugeordnet war, welche in 2021 eine Ausschüttung getätigt und 30 % Quellensteuern auf die Ausschüttung einbehalten hat. Der Gewinn der Betriebsstätte war im Sachverhalt angegeben. Darüber hinaus erzielte I aus einem in Italien belegenen Grundstück im Jahr 2021 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, das Grundstück wurde in 2021 mit Gewinn veräußert. Sowohl die Einkünfte als auch der Gewinn waren im Sachverhalt angegeben. Mit einem in Brasilien belegenen Grundstück erzielte I in 2021 einen Verlust, welcher ebenfalls der Höhe nach im Sachverhalt angegeben war. Eine brasilianische Kapitalgesellschaft, an der I beteiligt war, hat in 2021 eine Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagenkonto nach brasilianischem Recht getätigt. Neben diesen Einkünften hat I Unterhaltszahlungen an ihren Ex-Mann, die dieser in Italien als steuerpflichtige Einkünfte erklärt hat, und an ihre Ex-Schwiegermutter, die ebenfalls in Italien lebt, geleistet.
bb) Sachverhalt 2 (17 Punkte)
Zu ermitteln war die Summe der Einkünfte für den Veranlagungszeitraum 2021 der natürlichen Person U, welche als Gesellschafter-Geschäftsführer der A-GmbH tätig war und hierfür einen monatlichen Arbeitslohn von EUR 10.000 erhielt Daneben durfte U ein E-Auto mit einem Bruttolistenpreis von EUR 80.000 privat nutzen, wobei die private Nutzung durch die 1 %-Methode versteuert wurde. Mit dem E-Auto legte U seinen Weg von 30 km zur Arbeit zurück, an 110 Tagen nutzte er jedoch sein HomeOffice. 10 % der Anteile am der A-GmbH hatte U im Zuge einer Kapitalerhöhung im Jahr 2013 zu einem verbilligten Preis (EUR 20.000 anstelle von fremdüblichen EUR 50.000) erworben, im Jahr 2015 erwarb U weitere 40 % zu einem fremdüblichen Preis. Die A-GmbH tätigte im März 2021 eine Ausschüttung an ihre Gesellschafter, wobei ein Teil der Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagenkonto der A-GmbH stammte. Im Dezember 2021 übertrug U schließlich sämtliche Anteile an der A-GmbH im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf seinen Neffen gegen Gewährung einer lebenslangen monatlichen Rente von EUR 1.000.
cc) Sachverhalt 3 (18 Punkte)
Zu bestimmen waren die Einkünfte sowie die tariflichen Besonderheiten der natürlichen Person M im Veranlagungszeitraum 2021. M (55 Jahre alt) war Gründungsgesellschafter der V-OHG, an der er zu 40 % und R zu 60 % beteiligt waren. In der V-OHG galt für die Entscheidungsfindung das Mehrheitsprinzip, alleiniger Geschäftsführer der V-OHG war R. Gegenstand der V-OHG war Vermietung von Grundstücken sowie die Verwaltung ihrer Beteiligung von 10 % an der B-GmbH, die im Mai 2021 für EUR 100.000 erworben wurde. Seit März 2013 vermietete die V-OHG ein Grundstück (Anschaffungskosten EUR 400.000) mit aufstehenden Gebäude (Herstellungskosten EUR 2.000.000) an die E-GmbH, an der R zu 40 % beteiligt war. Im März 2021 erwarb R weitere 30 % der Anteile an der E-GmbH. Die B-GmbH hat im September 2021 eine offene Gewinnausschüttung an ihre Gesellschafter getätigt. Im Dezember 2021 veräußerte M schließlich seinen gesamten Mitunternehmeranteil an der V-OHG an R.
b) Gewerbesteuer (8 Punkte)
Zu ermitteln war der GewSt-Messbetrag für eine Mitunternehmerschaft mit vier Gesellschaftern, die jeweils zu 25 % an der Mitunternehmerschaft beteiligt waren. Bei den Gesellschaftern handelte es sich um drei natürliche Personen und eine Kapitalgesellschaft. Im Sachverhalt angegeben war der festgestellte gewerbesteuerliche Verlustvortrag i.S.d. § 10a GewStG zum 31. Dezember 2020. Im Januar 2021 übertrug eine der natürlichen Personen ihren Mitunternehmeranteil im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge, darüber hinaus veräußerten eine weitere natürliche Person sowie die Kapitalgesellschaft ihre jeweiligen Mitunternehmeranteile im Laufe des Jahres 2021 entgeltlich an neue Gesellschafter.
c) Körperschaftsteuer (32 Punkte)
aa) Sachverhalt 1 (28 Punkte)
Zu ermitteln war das zu versteuernde Einkommen der R-GmbH für 2021, deren Alleingesellschafterin die natürliche Person U ist. Die R-GmbH wurde im Mai 2019 durch Sacheinlage der Anteile an der H-GmbH, welche zu 100 % von der U gehalten wurden, gegründet, im Sachverhalt war angegeben, dass der Anteilstausch zu Buchwerten nach § 21 Abs. 1 UmwStG erfolgte. Im April 2021 übertrug die R-GmbH ein Lastenfahrrad unentgeltlich auf die H-GmbH, im Sachverhalt angegeben waren die Anschaffungskosten, der Buchwert und die Nutzungsdauer des Lastenfahrrads. Die R-GmbH veräußerte schließlich ihre Anteile an der H-GmbH im August 2021 an einen fremden Dritten. Darüber hinaus waren die folgenden Einzelsachverhalte zu beurteilen:
- Die R-GmbH war zu 5 % an der A-GmbH mit einem abweichenden Wirtschaftsjahr beteiligt, die in einer körperschaftsteuerlichen Organschaft als Organgesellschaft agierte. Die R-GmbH erhielt eine Ausgleichszahlung für ihre Rolle als Minderheitsgesellschafter der A-GmbH.
- Die R-GmbH war zu 100 % an der B-GmbH und zu 5 % an der C-GmbH beteiligt. Die B-GmbH gewährte der C-GmbH ein Darlehen zu einem Zinssatz von 2 %, angemessen wäre ein Zinssatz von 5 %.
- Zu beurteilen war das Geschäftsführergehalt der U (z.B. eine angemessene und ordnungsgemäß dokumentierte Überstundenvergütung). U schloss im April 2021 eine Änderungsvereinbarung mit der R-GmbH über eine rückwirkende laufende Gehaltserhöhung ab Januar 2021 von EUR 1.000 monatlich sowie die erstmalige Vereinbarung eines Weihnachtsgeldes ab Dezember 2021.
- Die R-GmbH vermietete ab Februar 2021 ein Gebäude an eine KG, an welcher sie ab Oktober 2021 als Kommanditistin beteiligt war. Die Beteiligung an der KG wurde mit einem Darlehen finanziert.
bb) Sachverhalt 2 (4 Punkte)
Zu beurteilen war die Körperschaftsteuerpflicht sowie die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens eines Theater-Vereins, welcher neben der eigentlichen Vereinstätigkeit auch Speisen und Getränke an Dritte veräußerte.
5. Tag 3 – Bilanzsteuerrecht
Erfahrungsgemäß fällt die dritte und letzte Klausur im Bereich des Bilanzsteuerrechts regelmäßig am besten aus.[3] Dies dürfte insbesondere daran liegen, dass viele Teilnehmer aus ihrer Berufspraxis mit einer großen Anzahl an bilanziellen Problematiken vertraut sind und die Klausur oftmals zeitlich auch nicht so extrem kritisch wie die anderen beiden Klausuren ausfällt.
a) Sachverhalt 1 (33 Punkte)
K betreibt ein Einzelunternehmen und übernahm zum 1. Juli 2021 den noch bis zum 31. Dezember 2030 laufenden Mietvertrag seines Schwagers über ein Geschäftsgrundstück mit der Zustimmung des Vermieters. Der Schwager des K hatte fest mit dem gemieteten Gebäude verbaute Trennwände angebracht, die bis zum Ende des Mietvertrags entfernt werden müssen. Als Ausgleich zahlte K seinem Schwager EUR 30.000 zzgl. USt für die Trennwände. Da K allerdings auch die Verpflichtung des Schwagers zur Beseitigung der Trennwände übernahm, erhielt K von seinem Schwager wiederum EUR 9.500. Zum 31. Dezember 2021 betrugen die Kosten für die Beseitigung der Trennwände EUR 17.000 zzgl. USt, am 31. Dezember 2030 werden die Kosten voraussichtlich EUR 20.000 zzgl. USt betragen. Der durchschnittliche Marktzinssatz in 2021 betrug 1,1 %.
K hatte zudem im Jahr 2019 ein unbebautes Grundstück (2.000 m²) angeschafft und dieses im Jahr 2021 im Rahmen eines Umlageverfahrens an die Stadt veräußert und hierfür ein neues Grundstück erhalten. Die Stadt leistete eine Ausgleichszahlung, da der Wert des neu erhaltenen Grundstücks niedriger als der Wert des hingegebenen Grundstücks war.
Zur Stärkung seines Kapitals hielt K 100 Aktien an der X-AG. Im Jahr 2021 erfolgte eine Kapitalerhöhung im Verhältnis 6 zu 1. K verkaufte seine Bezugsrechte und erwarb 10 der neu ausgegebenen Aktien. Im Laufe des Jahres 2021 veräußerte K sämtliche Aktien an der X-AG.
Alle Geschäftsvorfälle sollten handels- und steuerrechtlich gewürdigt werden, wobei handelsrechtlich ein möglichst hohes Eigenkapital und steuerrechtlich ein möglichst niedriges Einkommen ausgewiesen werden sollte. Dem steuerlich niedrigen Einkommen war hierbei Vorrang eingeräumt.
b) Sachverhalt 2 (17 Punkte)
Die M-GmbH stellt Maschinen her, ein Betriebsabrechnungsbogen für die hergestellten Maschinen mit unterschiedlichsten Angaben wie Fertigungs- und Materialeinzelkosten sowie bspw. dem Geschäftsführergehalt war der Aufgabe als Anlage beigefügt. Die Maschine 1 wurde vom Kunden A am 30. Dezember 2021 abgenommen und das Eigentum an der Maschine 1 am selben Tag von der M-GmbH auf den A übertragen. A hat jedoch die Maschine erst im Januar 2022 bei der M-GmbH abholen können, die Rechnung an A wurde ebenfalls erst im Januar 2022 gestellt. Maschine 2 wurde an den Kunden B veräußert, welcher jedoch die Maschine im Jahr 2021 noch nicht abgenommen hat. B hat lediglich in 2021 eine Anzahlung auf die Maschine geleistet.
Die Sachverhalte waren sowohl handels- als auch steuerrechtlich zu würdigen, wobei handelsrechtlich ein möglichst hohes Eigenkapital und steuerrechtlich ein möglichst niedriges zu versteuerndes Einkommen ausgewiesen werden sollte. Dem steuerlich niedrigen zu versteuernden Einkommen war hierbei Vorrang eingeräumt.
c) Sachverhalt 3 (22 Punkte)
Die CN-OHG bestand aus den beiden Gesellschaftern C und N, die jeweils zu 50 % an der CN-OHG beteiligt waren. Die CN-OHG wurde zum 31. Dezember 2021 aufgeteilt. N erhielt ein bebautes Grundstück samt der dazugehörigen Verbindlichkeit und einer 100 % Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (kein Teilbetrieb lt. Sachverhalt) mit einem gesamten gemeinen Wert von EUR 1.000.000. C erhielt eine Maschine, die Betriebs- und Geschäftsausstattung der CN-OHG sowie weitere diverse Aktiva und Passiva (Teilbetrieb lt. Sachverhalt) mit einem gemeinen Wert von insgesamt EUR 800.000. In diesen EUR 800.000 war zudem auch der Geschäfts- und Firmenwert der CN-OHG enthalten. Als Ausgleich erhielt C aus privaten Mitteln des N eine Ausgleichszahlung von EUR 100.000. C und N überführten beide ihre Wirtschaftsgüter bzw. ihren Teilbetrieb in ihre neu gegründeten Einzelunternehmen. Im Jahr 2023 veräußern C seinen Teilbetrieb und N sein Grundstück sowie die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft an jeweils einen fremden Dritten.
Zu beurteilen war die CN-OHG. Darüber hinaus sollten die Eröffnungsbilanzen für die Einzelunternehmen von C und N erstellt und entsprechende Aufgabegewinne, sofern einschlägig, ermittelt werden. Für das Gebäude des N war für das Jahr 2022 die Ermittlung der AfA darzustellen. Zuletzt waren die Veräußerungsvorgänge im Jahr 2023 für beide Gesellschafter zu beurteilen.
d) Sachverhalt 4 (28 Punkte)
Die natürliche Person L ist zu 100 % an der L-GmbH beteiligt, die Beteiligung wird im Privatvermögen der L gehalten. Im Januar 2021 kaufte L teils eigen- und fremdfinanziert ein bebautes Grundstück und vermietete es an die L-GmbH. Die Vermietung an die L-GmbH erfolgte teilentgeltlich (25 % entgeltlich / 75 % unentgeltlich) bis zum September 2021, L erklärte in ihrer Steuererklärung hierfür Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Im Oktober 2021 legte L das Grundstück in die L-GmbH ein, welche die Einlage zu Buchwerten erfasste und für die restlichen 3 Monate des Jahres 2021 AfA in Höhe von 2 % vornahm.
Daneben vermietete auch der Bruder der L ein Grundstück an die L-GmbH, allerdings erfolgte die Vermietung zu einer überhöhten Miete. Obwohl die L-GmbH in einer wirtschaftlich guten Lage war, stundete der Bruder der L-GmbH die Miete und verzichtete schließlich im November 2021 vollständig auf die Mietforderung. L hatte hieraus für sich keine Folgen gezogen.
Laut Aufgabenstellung waren die L-GmbH, L und der Bruder von L zu beurteilen. Bei der L-GmbH sollte ein handelsrechtlich möglichst niedriges Ergebnis ausgewiesen werden, das steuerliche Einlagekonto war fortzuentwickeln. Steuerliche Buchungssätze waren nicht vorzunehmen, da Anpassungen für steuerliche Zwecke in einer Überleitungsrechnung nach § 60 Abs. 2 EStDV dargestellt wurden. Sofern erforderlich, waren für L entsprechende Bilanzen aufzustellen.
[1] Vgl. beispielhaft die Auswertung der Examensklausuren von 2021 durch Dr. Enrico Rennebarth, DStR 2022, 1971.
[2] Vgl. beispielhaft die Auswertung der Examensklausuren von 2021 durch Dr. Enrico Rennebarth, DStR 2022, 1971.
[3] Vgl. beispielhaft die Auswertung der Examensklausuren von 2021 durch Dr. Enrico Rennebarth, DStR 2022, 1971.
Tag 3 - Wiederholungsklausur
Im Prüfungsjahr 2022/2023 kam es leider zu einer Besonderheit, welche es bisher nicht gegeben hat. Ein Teil der Examensklausuren des 3. Tages wurde in NRW entwendet und im Anschluss daran vernichtet. Dies geschah durch den Diebstahl des Kurierfahrzeuges, welches die Klausuren von den Erst- zu den Zweitkorrektoren transportieren sollte. Für die vom Diebstahl der Klausuren betroffenen Teilnehmer bestand das Wahlrecht, entweder vom Steuerberaterexamen zurückzutreten oder an einer Wiederholungsklausur teilzunehmen. Für die Wiederholungsklausur war dabei der Rechtsstand Oktober 2022 maßgeblich.
Sachverhalt 1 (50 Punkte)
Im ersten Teil-Sachverhalt erwarb ein Einzelunternehmer zusammen mit seinem Ehegatten in 2019 ein Grundstück mit der Absicht dieses zukünftig privat zu nutzen. Das Grundstück wurde durch die Ehegatten jeweils anteilig im Verhältnis von 50:50 erworben. Zur Finanzierung des Kaufpreises wurden zwei verschiedene Darlehen aufgenommen. Zum einen ein Tilgungsdarlehen mit Verzinsung und zum anderen ein zinsloses öffentliches Darlehen.
In 2021 änderte sich die ursprüngliche Nutzungsabsicht, demnach sollte das Grundstück nun betrieblich genutzt und mit einem Betriebsgebäude bebaut werden. Dabei wurde ein Gebäude errichtet, welches sich in drei Geschosse unterteilt. Hiervon wurden zwei Geschosse für die eigenbetrieblichen Zwecke verwendet und ein Geschoss wurde für fremdbetriebliche Zwecke an einen Versicherungsmakler vermietet. Der Einzelunternehmer zahlte zudem eine Entschädigung an den Nicht-Unternehmer Ehegatten.
Im zweiten Teil-Sachverhalt musste die Bewertung von fertigen Erzeugnisse beurteilt werden. Die fertigen Erzeugnisse wurden für Selbstkosten inkl. der Vertriebskosten und des Unternehmerlohns i. H. v. insgesamt EUR 11.000 selbst hergestellt. Im Laufe des Jahres wurde die Produktion aufgrund des Preisdrucks der Konkurrenten eingestellt. Zum Ende des Jahres 2021 wurde der Restbestand für EUR 8.500 verkauft. Eine Lieferung der Waren erfolgte jedoch erst im Januar 2022, daher wurden bei der Inventur für 2021 die Waren mit einem Wert von EUR 8.200 erfasst.
Im letzten Teilsachverhalt war eine Darlehensvereinbarung zwischen dem Einzelunternehmer und einem Bekannten zu beurteilen. Dabei wurde eine Laufzeit von 5 Jahren mit steigenden Zinssätzen vereinbart, die Zinsen selbst wurden nachschüssig bezahlt.
Alle Teil-Sachverhalte mussten sowohl aus handels- als auch aus steuerrechtlicher Perspektive beurteilt werden.
Sachverhalt 2 (50 Punkte)
Eine OHG bestehend aus zwei Mitunternehmern (jeweils 56 Jahre alt) wurde zum 31.12.2021 aufgelöst. Die Mitunternehmer gründeten zum 01.01.2022 eine neue Kapitalgesellschaft. In diese Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH brachten die Mitunternehmer jeweils ihren 50%igen Anteil an der OHG mit ein. Hinsichtlich der Vereinbarung zwischen den Mitunternehmern waren die Kapitalrücklagen und die gewährten Mitunternehmer-Darlehen (je Mitunternehmer EUR 600.000) miteinzubringen. Einer der Mitunternehmer hatte an die OHG zudem einen PKW überlassen, welcher ausdrücklich nicht mit in die neugegründete GmbH eingebracht werden sollte.
Laut Sachverhalt waren in der Schlussbilanz der OHG zum 31.12.2021 sowie in der Eröffnungsbilanz der GmbH zum 01.01.2022 die gemeinen Werte angesetzt u. a. wurde hierbei ein Firmenwert ausgewiesen worden. Die Schlussbilanz der OHG wies darüber hinaus eine steuerliche Rücklage nach § 6b EStG aus, sowie eine Beteiligung an einer anderen GmbH.
Für die neugegründete GmbH war eine Steuerbilanz zu erstellen und die Handelsbilanz, falls notwendig, anzupassen. Zudem war eine Gewinnverteilung für die OHG zu erstellen und dabei die Gewinnanteile der Mitunternehmer zu ermitteln. Zudem sollten insbesondere die Behandlung der §6b-Rücklage sowie des Sondervermögens dargestellt werden.
Zuletzt sollten bei einem anzunehmenden Verkauf der GmbH-Anteile in 2023 die daraus resultierenden Folgen erläutert und dargestellt werden. Dabei sollte zudem auf die Weiterentwicklung des Anlagevermögens im Rahmen der Abschreibung eingegangen werden und die entsprechenden Buchungssätze gebildet werden.