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Umsatzsteuer

Innergemeinschaftliche Fernverkäufe, § 3c UStG

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Innergemeinschaftliche Fernverkäufe, § 3c UStG

Bei der Vorschrift § 3c UStG handelt es sich um eine Ortsbestimmungsvorschrift, die für bestimmte bewegte Lieferungen den Ort an das Ende der Beförderung verlagert. Hierdurch kommt es zu einer Steuerbarkeit im Bestimmungsland. Auch im Hinblick auf den Zeitpunkt der Lieferung ergeben sich Konsequenzen: dieser ist nun ebenfalls am Ende der Beförderung/Versendung anzunehmen („Zeit folgt Ort“).

§ 3 Abs. 5a UStG schreibt den Vorrang von § 3c UStG gegenüber § 3 Abs. 6 UStG vor. Liegen die Voraussetzungen von § 3c UStG nicht vor, findet für die bewegte Lieferung § 3 Abs. 6 UStG Anwendung, der Ort ist am Beginn der Beförderung/Versendung und die Steuerbarkeit ist somit im Ursprungsland gegeben.

Beispiel

Der deutsche Computerdiscounter Billig PC-AG verkauft seine Computer an eine Vielzahl von Privatpersonen in Schweden. Der Umsatzsteuersatz beträgt in Schweden 25 % und in Deutschland 19 %. Ohne die Regelung des § 3c UStG wäre der Vorgang in Deutschland steuerbar und würde nur einer Umsatzsteuer von 19 % unterliegen. Schwedische Computerhändler wären insoweit benachteiligt, als dass sie ihren Kunden 6 % mehr Umsatzsteuer in Rechnung stellen müssten. Durch die Regelung des § 3c UStG wird der Lieferort jedoch nach Schweden verlagert und damit dort steuerbar und steuerpflichtig. Für die schwedischen Kunden macht es steuerlich also keinen Unterschied, ob der Erwerb von dem deutschen Händler oder von einem schwedischen Händler erfolgt, in beiden Fällen wird der Umsatz mit 25 % Umsatzsteuer belastet.

Im Kern regelt § 3c UStG grenzüberschreitende Lieferungen innerhalb der EU im nichtkommerziellen Bereich an i.d.R. Privatpersonen bei denen der leistende Unternehmer den Versand übernimmt. Der Sinn und Zweck der Norm besteht – wie in dem o. g. Beispiel verdeutlicht – darin, zu vermeiden, dass Unternehmer in anderen Mitgliedstaaten ihre Waren günstiger anbieten können als in diesem Mitgliedstaat ansässige Unternehmer. Noch vor dem 1.7.2021 wurde der Reglungsinhalt von § 3c UStG auch unter dem Begriff „Versandhandelsregelung“ zusammengefasst. Dieser wird nun durch den Begriff der „innergemeinschaftlichen Fernverkäufe“ abgelöst. Die einzelnen Voraussetzungen und wichtige Besonderheiten werden im Folgenden dargestellt.

Durch die zweite Stufe des sog. Mehrwertsteuer-Digitalpakets Jahressteuergesetzes 2020 (JStG 2020), BGBl. I 2020 S. 3096 vom 28.12.2020) wurde § 3c UStG neu gefasst. 

Warenbewegung i.S.d. § 3c Abs. 1 UStG

Ein innergemeinschaftlicher Fernverkauf ist die Lieferung eines Gegenstands, der durch den Lieferer oder für dessen Rechnung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates oder aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete an einen bestimmten Erwerberkreis befördert oder versandt wird.

Entscheidend ist zum einen, dass es sich um eine bewegte Lieferung handelt. Im Gesetz ist dies an den verwendeten Begriffen „Beförderung“ und „Versendung“ zu erkennen. Im Rahmen einer unbewegten Lieferung, kann sich der Ort folglich niemals nach § 3c UStG bestimmen! Innerhalb der bewegten Lieferung muss es zu einem Grenzübertritt des Gegenstandes kommen und er muss in einen anderen Mitgliedstaat gelangen. Zum Begriff des „Gelangens“ wird auf das jeweilige Kapitel Gelangen verwiesen.

Ferner ist erforderlich, dass der leistende Unternehmer (Lieferer) - unter direkter oder indirekter Beteiligung - die Beförderung selbst durchführt oder die Versendung beauftragt. Holt der Erwerber den Gegenstand selbst beim Lieferer ab oder beauftragt er die Versendung, kann sich der Ort nicht nach § 3c UStG bestimmen.

Beispiel

Der niederländische Unternehmer N betreibt einen Handel mit Partyartikeln aller Art in Venlo.

Er unterhält eine Verkaufsfiliale und einen Onlineshop über den Kunden seine Produkte erwerben können.

  1. Privatperson P aus Aachen kauft im Geschäft in Venlo mehrere Gasluftballons.
  2. Privatperson P aus Aachen bestellt die Ballons über den Onlineshop, welche N durch einen Dienstleister nach Deutschland versendet.
  1. N tätigt eine Lieferung an P, § 3 Abs. 1 UStG. Der Ort bestimmt sich gem. § 3 Abs. 6 S. 1 u. 2 UStG und ist in Venlo belegen, weil hier die Beförderung durch den Abnehmer P beginnt. § 3c UStG kann nicht zur Anwendung kommen, weil nicht der Lieferer die Beförderung oder Versendung übernimmt.
  2. N tätigt eine Lieferung an P, § 3 Abs. 1 UStG. Der Transport stellt die unselbständige Nebenleistung dar. Der Ort bestimmt sich grds. gem. § 3 Abs. 6 S. 1 u. 2 UStG und ist damit grundsätzlich am Beginn der Versendung. Weil hier allerdings eine Versendung durch den Lieferer vorliegt und der Gegenstand von einem Mitgliedstaat (Niederlande) in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats (Inland) gelangt, ist zu prüfen, ob sich der Ort der Lieferung wegen § 3c UStG an das Ende der Versendung verlagert. 

Als indirekte Beteiligung des Lieferers an der Versendung oder der Beförderung der Gegenstände sind gemäß Artikel 5a MwStVO folgende Fälle anzusehen:

  1. die Versendung oder Beförderung der Gegenstände wird vom Lieferer als Unterauftrag an einen Dritten, vergeben, der die Gegenstände an den Erwerber transportiert oder transportieren lässt;
  2. die Versendung oder Beförderung der Gegenstände erfolgt durch einen Dritten, der Lieferer trägt jedoch entweder die gesamte oder die teilweise Verantwortung für die Lieferung der Gegenstände an den Erwerber;
  3. der Lieferer stellt dem Erwerber die Transportkosten in Rechnung, zieht diese ein und leitet sie dann an einen Dritten weiter, der die Versendung oder Beförderung der Waren übernimmt;
  4. der Lieferer bewirbt in jeglicher Weise gegenüber dem Erwerber die Zustell-dienste eines Dritten, stellt den Kontakt zwischen dem Erwerber und einem Dritten her oder übermittelt einem Dritten auf andere Weise die Informationen, die dieser für die Zustellung der Gegenstände an den Erwerber benötigt.

Beispiel

Händler A aus Aachen verkauft Waren an eine niederländische Privatperson. A beauftragt die Spedition S mit dem Versand, stellt dem Kunden die Transportkosten in Rechnung und leitet diese nach erfolgter Zahlung an die Spedition weiter. Der Transport wird durch die Spedition S ausgeführt.

Da A seinem Kunden die Transportkosten berechnet und an die Spedition weiterleitet, ist von einer indirekten Beteiligung am Transport auszugehen und es liegt ein innergemeinschaftlicher Fernverkauf von Gegenständen vor. Der Lieferort verlagert sich damit nach § 3c Abs. 1 UStG in die Niederlande, an das Ende der Versendung, wenn A die Umsatzschwelle von 10 000 € überschreitet oder überschritten hat oder auf deren Anwendung verzichtet (vgl. Kapitel Umsatzschwelle).

Damit es zu einer Ortsverlagerung kommt, müssen allerdings noch weitere Voraussetzungen vorliegen. Diese knüpfen an die Höhe der getätigten Umsätze durch den Lieferer und an die Eigenschaft des Erwerbers an.

Erwerberkreis des § 3c UStG

Ein innergemeinschaftlicher Fernverkauf, der die Ortsverlagerung an das Ende der Beförderung/Versendung zur Folge hat, kann nur vorliegen, wenn der Erwerber ein in § 3a Abs. 5 S. 1 UStG bezeichneter Empfänger oder eine in § 1a Abs. 3 Nr. 1 UStG genannte Person ist, die weder die maßgebende Erwerbsschwelle überschreitet noch auf ihre Anwendung verzichtet.

 

§ 3a Abs. 5 UStG definiert den Kreis folgendermaßen: Der Erwerber darf

  1. kein Unternehmer sein bzw. darf die Leistung nicht für sein Unternehmen beziehen oder
  2. keine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
  3. keine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist, bei der die Leistung nicht ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt ist,

 

Positiv - und vereinfacht - ausgedrückt handelt es sich hierbei um private Endverbraucher oder juristische Personen, die lediglich nichtunternehmerisch tätig sind.

Durch den Verweis auf die in § 1a Abs. 3 Nr. 1 UStG genannten Personen, fallen auch die sog. Schwellenerwerber, die die Erwerbsschwellen nicht überschreiten und auch keine Option nach § 1a Abs. 4 UStG vornehmen, in den Anwendungsbereich der Regelung.

Diese Erwerber verbindet eine Gemeinsamkeit: Sie haben keine USt-IdNr. bzw. treten nicht unter dieser auf!

Umsatzschwelle, § 3c Abs. 4 UStG

Eine Ortsverlagerung an das Ende der Beförderung/Versendung findet grundsätzlich nach § 3c Abs. 1 UStG statt. Jedoch gilt diese Regelung gemäß § 3c Abs. 4 UStG nicht, wenn der leistende Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte oder – in Ermangelung dieser – seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in nur einem Mitgliedstaat hat und der Gesamtbetrag der Entgelte für innergemeinschaftliche Fernverkäufe sowie bestimmte sonstige Leistungen 10.000 Euro im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr nicht überschreitet.

Der Unternehmer kann allerdings freiwillig auf die Nichtanwendung des § 3c Abs. 4 UStG verzichten, indem er dies dem Finanzamt erklärt. In diesem Fall bindet ihn die Entscheidung für mindestens zwei Kalenderjahre."

Hinweis

Die Umsatzschwelle dient somit als Grenze für die Anwendung der Ortsregelung. Bei Unterschreiten dieser Schwelle bleibt der Leistungsort grundsätzlich der Sitz des Unternehmers.

Die Umsatzschwelle beträgt 10.000 € für alle Mitgliedsstaaten und ermittelt sich aus dem Gesamtbetrag der Entgelte:

  • der in § 3a Abs. 5 S. 2 bezeichneten sonstigen Leistungen an in § 3a Abs. 5 S. 1 bezeichnete Empfänger mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt oder Sitz in anderen Mitgliedstaaten
  • sowie der innergemeinschaftlichen Fernverkäufe nach Abs. 1 S. 2 und 3. 

In die Prüfung werden nicht nur innergemeinschaftliche Fernverkäufe einbezogen, sondern auch sonstige Leistungen i.S.d. § 3a Abs. 5 S. 2 UStG. Hierbei handelt es sich um sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen und auf elektronischem Weg erbrachte sonstigen Leistungen.

Erbringt der Unternehmer z.B. regelmäßig innergemeinschaftliche Fernverkäufe in Höhe von 9.000 € führt dies allein nicht zum Überschreiten der Umsatzschwelle. Werden darüber hinaus aber auch noch auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen an Privatpersonen aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in Höhe von 2.000 € erbracht, führt dies zum Überschreiten der Umsatzschwelle. Der Ort der Lieferungen durch innergemeinschaftliche Fernverkäufe ist nun am Ende der Beförderung/Versendung. Für die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen, ist § 3c UStG als Ortsbestimmung hingegen nicht maßgebend, da durch diese Vorschrift nur der Ort von Lieferungen bestimmt wird. Vielmehr bestimmt sich dieser Ort weiterhin gem. § 3a Abs. 5 S. 1 UStG und ist am Wohnsitz des Leistungsempfängers, also in dem Land, in dem die Leistung wirtschaftlich verbraucht wird.

§ 3c UStG kommt nur dann nicht zur Anwendung, wenn die Umsatzschwelle von 10.000 € im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten wurde und im laufenden Kalenderjahr nicht überschritten wird. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass das Überschreiten einer Grenze in dem Zweijahres-Betrachtungszeitraum zur Anwendbarkeit von § 3c UStG führt, wenn die übrigen Voraussetzungen vorliegen. 

Wird die Umsatzschwelle von 10.000 € im laufenden Jahr überschritten, greift § 3c UStG bereits für den Umsatz, der zum Überschreiten der Grenze führt.

Für ausländische Unternehmer, die Umsätze i.S.d. § 3c UStG tätigen, bedeutet das, dass sie steuerbare Umsätze im Inland vornehmen und zum Steuerschuldner im Sinne des § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG werden. Sie müssen sich folglich für umsatzsteuerliche Zwecke registrieren lassen und nach § 18 UStG eine Voranmeldung und Steuererklärung abgeben und die entsprechenden Zahlungen leisten. Sie sind weiter verpflichtet Rechnungen nach § 14 UStG mit gesondertem Ausweis der Steuer auszustellen und ein Doppel der Rechnung 10 Jahre aufzubewahren. Die Steuersätze richten sich nach § 12 UStG. Eine Anwendung des § 19 UStG kommt für ausländische Unternehmer nicht in Betracht, da die Regelung nur für im Inland ansässige Unternehmer oder Unternehmer, die in Gebieten nach § 1 Abs. 3 UStG ansässig sind, Anwendung findet.

Beispiel

Unternehmer U ist ein im Inland ansässiger Unternehmer (Ulm). In den Jahren 2022 bis 2024 versendet er Waren im folgenden Wert an in anderen Mitgliedstaaten ansässige Nichtunternehmer:

  • Kalenderjahr 2022:                                                 8.000 €
  • Kalenderjahr 2023, bis zum 30.06.:                          9.000 €
  • aktueller Umsatz im Kalenderjahr 2023, am 01.07.:   1.500 €
  • Kalenderjahr 2024:                                                  6.000 €

Im Kalenderjahr 2022 wurde die maßgebliche Umsatzschwelle von 10.000 € nicht überschritten. 

Im vorangegangenen Kalenderjahr 2023 wurde bis zum 30.06. die maßgebliche Umsatzschwelle von 10.000 € ebenfalls nicht überschritten. 

§ 3c UStG ist daher - zunächst - nicht anwendbar (Ausnahme: Verzicht auf die Anwendung der EU-einheitlichen Umsatzschwelle gem. § 3c Abs. 4 S. 2 UStG). 

Sobald im Kalenderjahr 2023 die Umsatzschwelle überschritten wird (9.000 € + 1.500 € = 10.500 €) greift die Ortsverlagerung nach § 3c UStG unter Vorliegen der übrigen Voraussetzungen. Dies gilt bereits für den Umsatz (1.500 €), der zur Überschreitung der Umsatzschwelle führt. 

Im Kalenderjahr 2024 ist - unabhängig von der Höhe der Umsätze - der Ort nach § 3c Abs. 1 S. 1 UStG zu bestimmen, da die Umsatzschwelle im vorangegangenen Kalenderjahr überschritten wurde. 

U hat demnach alle innergemeinschaftlichen Fernverkäufe (ab dem 1. Juli 2023) in den Mitgliedstaaten zu versteuern, in denen die Empfänger ansässig sind, und kann dafür das besondere Besteuerungsverfahren nach § 18j UStG in Anspruch nehmen.

Beispiel

Der niederländische Unternehmer N betreibt einen Handel mit Partyartikeln aller Art in Venlo.

Er unterhält eine Verkaufsfiliale und einen Onlineshop über den Kunden seine Produkte erwerben können. Im Jahr 01 und 02 werden im Umfang von insgesamt 5.000 € und 6.000 € über den Onlineshop Partyartikel an Privatkunden aus Belgien, Deutschland und Frankreich versendet. Außerdem veräußert N über den Onlineshop in beiden Jahren für 7.000 € Artikel an Unternehmer aus anderen Mitgliedstaaten (Kunden treten unter Verwendung der jeweiligen USt-IdNr. auf) und beauftragt einen Spediteur mit der Versendung. Alle anderen Umsätze tätigt er durch Verkäufe an niederländische Kunden (Privatpersonen und Unternehmer). Hinweis: N erbringt keine sonstigen Leistungen.

 

Findet im Jahr 02 § 3c UStG Anwendung? 

Lieferungen an Unternehmer:

Der Ort der bewegten Lieferungen bestimmt sich nach § 3 Abs. 6 UStG und ist in Venlo (Beginn der Beförderung/Versendung). § 3 c UStG kann nicht zur Anwendung kommen, weil die Abnehmer durch die Verwendung ihrer USt-IdNr. als Unternehmer auftreten und somit nicht zum Abnehmerkreis des § 3c Abs. 1 UStG i.V.m. § 3a Abs. 5 UStG gehören. Die Lieferungen sind somit in den Niederlanden steuerbar und werden dort als innergemeinschaftliche Lieferung regelmäßig steuerfrei sein.

 

Lieferungen an Privatkunden aus anderen Mitgliedstaaten:

Die Privatkunden gehören zum Abnehmerkreis des § 3c Abs. 1 UStG i.V.m. § 3a Abs. 5 UStG, weil sie keine Unternehmer sind. Zur Anwendung von § 3c UStG kommt es allerdings nur, wenn N die Umsatzschwelle im vorangegangenen Jahr 01 oder im laufenden Jahr 02 überschreitet. Da der Gesamtbetrag der Entgelte der innergemeinschaftlichen Fernverkäufe die Umsatzschwelle von 10.000 € in beiden Jahren nicht überschreitet, kommt § 3c UStG nicht zur Anwendung. Der Ort wird somit regulär nach § 3 Abs. 6 S. 1, 3, 4 UStG normiert und ist am Beginn der Versendung in Venlo. Im Gegensatz zu den Lieferungen an Unternehmer aus anderen Mitgliedstaaten liegen hier keine steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen vor. N liefert somit steuerpflichtig an die europäischen Privatkunden und schuldet niederländische USt.

 

Lieferungen an niederländische Kunden:

§ 3c UStG ist nicht zu prüfen, weil die Gegenstände in den Niederlanden verbleiben und somit kein innergemeinschaftlicher Fernverkauf vorliegen. Gem. § 3c Abs. 4 S. 2 UStG kann der Unternehmer dem Finanzamt erklären, dass er auf die Anwendung des S. 1 (Umsatzschwelle) verzichtet. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für zwei Kalenderjahre. Erklärt der Unternehmer den Verzicht, kommt es unter den übrigen Voraussetzungen des § 3c UStG für jeden innergemeinschaftlich Fernverkauf zu einer Ortsverlagerung in das Bestimmungsland.

Ausnahme, § 3c Abs. 5 UStG

Ein innergemeinschaftlicher Fernverkauf liegt nicht vor, wenn es sich bei dem gelieferten Gegenstand um ein neues Fahrzeug handelt oder um Gegenstände, die mit oder ohne probeweise Inbetriebnahme durch den Lieferer oder für dessen Rechnung montiert oder installiert geliefert werden und für die Lieferung eines Gegenstands, auf die die Differenzbesteuerung nach § 25a Abs. 1 oder 2 UStG angewendet wird.

Außerdem ist § 3c UStG auch nicht bei der Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren an einen Schwellenerwerber anwendbar. Hintergrund: Losgelöst von den Erwerbsschwellen hat der Schwellenerwerber beim Erwerb von verbrauchsteuerpflichtigen Waren immer einen innergemeinschaftlichen Erwerb gem. § 1a Abs. 5 UStG i.V.m. § 1a Abs. 1 UStG zu erfassen (§ 1a Abs. 3 UStG ist wegen Abs. 5 nicht anwendbar).

Besteuerungsverfahren, § 18j UStG

Da es durch die Ortsverlagerung zu einer Steuerbarkeit und Steuerpflicht im jeweiligen Bestimmungsland kommt, hat der Unternehmer unter Berücksichtigung des jeweiligen Steuersatzes des Ansässigkeitsstaates des Abnehmers mit diesem abzurechnen. Die Steuern sind sodann an die Finanzbehörden des Ansässigkeitsstaates des Kunden abzuführen. Beim Überschreiten der Umsatzschwelle oder beim Verzicht auf die Anwendung der Umsatzschwelle muss der Unternehmer sich somit grundsätzlich in jedem Staat umsatzsteuerlich erfassen lassen, in den er innergemeinschaftliche Fernverkäufe tätigt.

In Abhängigkeit von der Anzahl der Mitgliedstaaten, in die innergemeinschaftliche Fernverkäufe getätigt werden, bedeutet das einen enormen administrativen und finanziellen Aufwand.

Um diesen Aufwand abzumildern, können betroffene Unternehmer für Lieferungen die nach dem 30. Juni 2021 erfolgen, an einem besonderen Besteuerungsverfahren teilnehmen. Dieses wird durch § 18j UStG normiert. Das Verfahren trägt den Namen One-Stop-Shop-Verfahren (OSS) und löst das bisher bestehende Mini-One-Stop-Shop-Verfahren (MOSS) ab, welches nur für die auf elektronischem Wege erbrachten sonstigen Leistungen galt. 

Das OSS-Verfahren richtet sich an Unternehmer, die im Inland ansässig sind und gegen Entgelt

  • Dienstleistungen an Privatpersonen in Mitgliedstaaten der Europäischen Union erbringen, in denen sie nicht ansässig sind (z.B. Leistungen i.S.d. § 3a Abs. 5 UStG) oder
  • innergemeinschaftliche Fernverkäufe von Gegenständen tätigen (§ 3c UStG) oder
  • eine elektronische Schnittstelle zur Verfügung stellen, durch deren Nutzung sie die Lieferung von Gegenständen innerhalb eines Mitgliedstaats durch einen nicht in der Gemeinschaft ansässigen Steuerpflichtigen unterstützen und deshalb behandelt werden als ob sie die Gegenstände selbst geliefert hätten (§ 3 Abs. 3a UStG).

Alle drei Arten von Leistung haben gemeinsam, dass es sich um grenzüberschreitende Vorgänge im B2C-Bereich handelt, für die aufgrund der Ortsbestimmungsvorschriften eine Besteuerung im Bestimmungsland erfolgen muss.

Darüber hinaus richtet sich das Verfahren an Unternehmer, die nicht in der Europäischen Union ansässig sind und im Inland über eine Einrichtung wie z. B. ein Warenlager verfügen, von der aus Waren an Privatpersonen in anderen EU-Mitgliedstaaten geliefert werden (dazu später mehr VERWEIS).

 Der One-Stop-Shop ermöglicht es Unternehmern, ihre unter die Sonderregelung fallenden Umsätze

  • in einer besonderen Steuererklärung zu erklären,
  • diese Steuererklärung zentral über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) auf elektronischem Weg zu übermitteln und
  • die sich ergebende Steuer insgesamt zu entrichten.

Unternehmer, die an dem OSS-Verfahren teilnehmen, haben hierdurch also die Möglichkeit, sämtlichen steuerlichen Pflichten, die sich aufgrund der Ortsbestimmungen eigentlich im Bestimmungsland ergeben, auf nationaler Ebene nachzukommen.

Unternehmer, die bereits für das Vorgängerverfahren Mini-One-Stop-Shop registriert sind, nehmen automatisch an der Sonderregelung One-Stop-Shop teil. Andere Unternehmer müssen, um an der Sonderregelung teilzunehmen, ihre Teilnahme auf elektronischem Weg unter Angabe ihrer USt-IdNr. beim BZSt beantragen. Bei umsatzsteuerlichen Organschaften muss die Teilnahme an der Sonderregelung durch den Organträger unter dessen USt-IdNr. beantragt werden.

Mit der Teilnahme an der Sonderregelung sind verschiedene Pflichten verbunden. Einige grundlegende Pflichten sind nachstehend erläutert.

Fristgerechte Abgabe der Steuererklärung

Die „Steuererklärung“ ist bis zum Ende des Monats, der auf den Ablauf des Besteuerungszeitraums (Kalendervierteljahr) folgt, elektronisch dem Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln. Die „Steuererklärung“ ist somit zu übermitteln für das:

I. Kalendervierteljahr bis zum 30. April,

II. Kalendervierteljahr bis zum 31. Juli,

III. Kalendervierteljahr bis zum 31. Oktober,

IV. Kalendervierteljahr bis zum 31. Januar des Folgejahres.

Auch wenn keine Umsätze im betreffenden Kalendervierteljahr ausgeführt wurden, ist eine Steuererklärung (sogenannte Nullmeldung) zu den angegebenen Terminen abzugeben.

Fristgerechte Zahlung der angemeldeten Steuern

Die im Verfahren One-Stop-Shop erklärten Steuerbeträge müssen so rechtzeitig überwiesen werden, dass die Zahlung bis zum Ende des Monats, der auf den Ablauf des Besteuerungszeitraums (Kalendervierteljahr) folgt, bei der zuständigen Bundeskasse eingegangen ist.

Änderung der Registrierungsdaten

Der registrierte Unternehmer muss Änderungen seiner Registrierungsdaten spätestens am zehnten Tag des Monats, der auf die Änderung der Verhältnisse folgt, dem BZSt auf elektronischem Weg mitteilen. Änderungen des Firmennamens und der Anschrift sind jedoch ausschließlich dem zuständigen Finanzamt zu melden.

Abmeldung von der Sonderregelung

Der registrierte Unternehmer muss sich in den folgenden Fällen spätestens am zehnten Tag des auf den Eintritt der Änderung folgenden Monats von der Teilnahme an der Sonderregelung abmelden:

  • Einstellung der Leistungserbringung
  • Wegfall der Teilnahmevoraussetzungen in allen EU-Mitgliedstaaten
  • Registrierung in einem anderen EU-Mitgliedstaat wegen Wegfalls der Teilnahmevoraussetzungen in Deutschland (z.B. nach Verlegung des Sitzes oder nach Schließen einer Betriebsstätte im Inland)

Merke

In der schriftlichen Prüfung muss i.d.R. nicht detailliert auf das Besteuerungsverfahren eingegangen werden. Der Prüfungsschwerpunkt liegt regelmäßig auf dem rechtlichen Aspekt (d.h. der Prüfung der Abnehmerqualitäten und der Umsatzschwellen), um den Ort der Leistung und die damit verbundenen steuerlichen Folgen korrekt bestimmen zu können. Ein Hinweis auf die Möglichkeit zur Teilnahme an dem Besteuerungsverfahren nach § 18j UStG sollte aber in jedem Fall erfolgen, wenn Leistungen aus dem Katalog des § 18j UStG (z.B. also Vorgänge die unter § 3c UStG fallen) getätigt werden.

Bitte beachten Sie hier unbedingt die Aufgabenstellung!

Importe aus Drittländern, § 3c Abs. 2 und 3 UStG

Die Regelung des § 3c UStG befasst sich auch mit sog. Drittlands-Fernverkäufen

Der Ort eines Fernverkaufs eines Gegenstands, der aus dem Drittlandsgebiet in einen anderen EU- Mitgliedstaat als den, in dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstands an den Erwerber endet, eingeführt wird, wird ebenfalls an den Ort verlagert, an dem sich der Gegenstand bei Beendigung der Beförderung oder Versendung an den Erwerber befindet, § 3c Abs. 2 UStG.

Tatbestandsmerkmale des § 3c Abs. 2 UStG i.V.m. § 3 Abs. 3a S. 4 und 5 UStG sind also:

  • Beförderung oder Versendung
  • vom Drittlandsgebiet ins Gemeinschaftsgebiet
  • kein Abholfall
  • Erwerber verwirklicht keinen ig. Erwerb, da Nichtunternehmer/ Schwellenerwerber i.S.d. § 1a Abs. 3 Nr. 1 UStG
  • Einfuhr in einen anderen Mitgliedstaat als dem Bestimmungsmitgliedstaat.

Rechtsfolge ist dann, dass sich der Ort des Fernverkaufs an den Ort verlagert, an dem sich der Gegenstand am Ende der Lieferung an den Erwerber befindet. 

Der Ort eines Fernverkaufs eines Gegenstands, der aus dem Drittlandsgebiet in den EU-Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung der Gegenstände an den Erwerber endet, eingeführt wird, wird nur dann in diesen Mitgliedstaat nach § 3c Abs. 3 UStG verlagert, sofern die Steuer auf diesen Gegenstand gemäß dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18k UStG (IOSS) zu erklären ist.

Tatbestandsmerkmale des § 3c Abs. 3 UStG i.V.m. § 3 Abs. 3a S. 4 und 5 UStG sind also:

  • Beförderung oder Versendung
  • vom Drittlandsgebiet in den EU-Mitgliedstaat 
  • kein Abholfall
  • Erweber verwirklicht keinen ig. Erwerb, da Nichtunternehmer/ Schwellenerwerber i.S.d. § 1a Abs. 3 Nr. 1 UStG
  • Einfuhr in den Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung endet
  • besonderes Besteuerungsverfahren nach § 18k UStG 

Rechtsfolge ist dann, dass sich der Ort des Fernverkaufs an den Ort verlagert, an dem sich der Gegenstand am Ende der Lieferung an den Erwerber befindet. 

 

Beispiel

  1. Ein in der Türkei ansässiger Händler T veräußert über die eigene Internetseite Handyzubehör (Sachwert: 200 €) an eine Privatperson in Österreich. Die Ware wird durch T aus dem Lager in der Türkei nach Deutschland versendet, wo die Zollanmeldung erfolgt. Von Deutschland aus wird die Ware weiter an den Wohnsitz der Privatperson in Österreich versendet.

    Da die Ware aus dem Drittlandsgebiet in einen anderen EU-Mitgliedstaat (hier: Deutschland) als den, in dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstandes an den Erwerber endet (hier: Österreich), eingeführt wird, verlagert sich der Ort nach § 3c Abs. 2 S. 1 UStG an den Ort, an dem sich der Gegenstand bei Beendigung der Beförderung oder Versendung an den Erwerber befindet (hier: Österreich). T hat den Umsatz im Bestimmungsland (hier: Österreich) im allgemeinen Besteuerungsverfahren (Artikel 250 bis 261 MwStSystRL) zu erklären. 

  2. Ein in der Türkei ansässiger Händler T veräußert über die eigene Internetseite Handyzubehör (Wert: 30 €) an eine Privatperson in Deutschland. Die Ware wird aus seinem Lager in der Türkei an den Wohnsitz der
    Privatperson in Deutschland versendet. Die Zollanmeldung in Deutschland erfolgt durch T. T nimmt das besondere Besteuerungsverfahren nach § 18k UStG nicht in Anspruch.

    Da die Zollanmeldung im Namen des T erfolgt, schuldet T die Einfuhrumsatzsteuer. Die Lieferung des T an die Privatperson ist in Deutschland steuerbar, weil ein Gegenstand aus dem Drittland ins Inland gelangt und der Lieferer Schuldner der EUSt ist, vgl. § 3 Abs. 8 S. 1 UStG. Die Lieferung ist steuerpflichtig in Deutschland und T hat den Umsatz im allgemeinen Besteuerungsverfahren zu erklären, § 18 Abs. 1 bis 4 UStG. § 3c Abs. 3 S. 1 UStG ist nicht anzuwenden, weil H das besondere Besteuerungsverfahren nach § 18k UStG nicht in Anspruch nimmt.

  3. Sachverhalt wie Beispiel b), allerdings nimmt T an dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18k UStG (IOSS) teil.

    Die Einfuhr der Waren ist gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 7 UStG steuerfrei (Waren bis zum Wert von 150 €). Der Ort der Lieferung bestimmt sich nach § 3c Abs. 3 S. 1 UStG, weil der Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet in das Inland eingeführt wird, das Inland auch der Staat ist, in dem die Beförderung/Versendung endet und T an dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18k UStG teilnimmt. Der Ort ist somit in Deutschland, der Umsatz ist steuerbar und steuerpflichtig. T hat diesen Umsatz im besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18k UStG zu erklären.

  4. Sachverhalt wie Beispiel b). Die Zollanmeldung in Deutschland erfolgt durch die Privatperson oder durch einen Post- oder Kurierdienstleister im Namen und für Rechnung der Privatperson.

    Da die Zollanmeldung im Namen der Privatperson erfolgt, schuldet die Privatperson die Einfuhrumsatzsteuer. § 3c Abs. 3 UStG kommt nicht zur Anwendung, weil der Lieferer für diesen Umsatz nicht an dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18k UStG teilnimmt. Demnach ist der Ort am Beginn der Beförderung/Versendung und die Lieferung des T an die Privatperson ist in Deutschland nicht steuerbar.

Wir betrachten im folgenden Lernvideo den § 3c Abs. 3 UStG.