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Umsatzsteuer

Innergemeinschaftliche Lieferung / Erwerb neuer Fahrzeuge

Innergemeinschaftliche Lieferung und Erwerbe neuer Fahrzeuge

Dem innergemeinschaftlichen Erwerb neuer Fahrzeuge kommt besondere Bedeutung zu, da ein innergemeinschaftlicher Erwerb auch bei Nichtunternehmern vorliegen kann.

Gemäß § 1b Abs. 1 S. 1 UStG muss es sich um ein Erwerb neuer Fahrzeuge handeln. Im Abs. 2 wird definiert, was als Fahrzeuge gilt:

  1. motorbetriebene Landfahrzeuge mit einem Hubraum von mehr als 48 Kubikzentimetern oder einer Leistung von mehr als 7,2 Kilowatt;
  2. Wasserfahrzeuge mit einer Länge von mehr als 7,5 Metern;
  3. Luftfahrzeuge, deren Starthöchstmasse mehr als 1.550 Kilogramm beträgt.

Unter motorbetriebene Landfahrzeugen fallen u. a.  PKWs, LKWs, Motorräder, Pockets-Bikes oder motorbetriebene Wohnmobile. Eine straßenverkehrsrechtliche Zulassung ist dabei nicht erforderlich (A. 1b.1 UStAE).

Nach § 1b Abs. 1 UStG i.v.m. Abs. 3 UStG muss es sich bei den Fahrzeugen um ein neues Fahrzeug handeln. Ein Fahrzeug gilt als neu, wenn das

  1. Landfahrzeug nicht mehr als 6.000 Kilometer zurückgelegt hat oder wenn seine erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als sechs Monate zurückliegt;
  2. Wasserfahrzeug nicht mehr als 100 Betriebsstunden auf dem Wasser zurückgelegt hat oder wenn seine erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als drei Monate zurückliegt;
  3. Luftfahrzeug nicht länger als 40 Betriebsstunden genutzt worden ist oder wenn seine erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als drei Monate zurückliegt.

Maßgebender Beurteilungszeitpunkt für die Beurteilung, ob ein neues Fahrzeug vorliegt ist der Zeitpunkt der Lieferung im übrigen Gemeinschaftsgebiet und nicht der Zeitpunkt des Erwerbs im Inland. Als erste Inbetriebnahme eines Fahrzeuges ist die erste Nutzung zur Personen- oder Güterbeförderung zu verstehen, bei Fahrzeugen, die einer Zulassung bedürfen, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Zeitpunkt der Zulassung mit dem Zeitpunkt der ersten Inbetriebnahme identisch ist (A. 1b.1 S. 7 u. 8 UStAE).

Merke

Die Beurteilung, ob es sich bei dem Lieferer oder Erwerber um einen Unternehmer oder Nichtunternehmer handelt, ist für die richtige Lösung von entscheidender Bedeutung. Bei einem Unternehmer ist § 1a UStG anzuwenden.

Betrachtung der innergemeinschaftlichen Lieferung

Erste Frage: Ist der Lieferer ein Unternehmer oder ein Nichtunternehmer eines neuen Fahrzeugs innerhalb des übrigen Gemeinschaftsgebietes?

Handelt es sich bei dem Lieferer um einen Unternehmer, liegt eine reguläre steuerbare Lieferung vor. Es ist im Anschluss die Steuerbefreiungsvorschrift der innergemeinschaftlichen Lieferung nach § 4 Nr. 1b) i.V.m. § 6a UStG zu prüfen.

Ist der Lieferer eines neuen Fahrzeuges ein Nichtunternehmer oder ein Unternehmer, der nicht im Rahmen seines Unternehmens liefert, wird er unter den Voraussetzungen des § 2a UStG wie ein Unternehmer behandelt. Dazu müssen folgende Tatbestandsmerkmale erfüllt werden:

  1. Lieferung eines neuen Fahrzeuges i.S.d. § 1b Abs. 2 UStG und 3 UStG
  2. Der Lieferer ist eine Privatperson oder ein Unternehmer der nicht im Rahmen seines Unternehmens liefert.
  3. Das Neufahrzeug gelangt in das übrige Gemeinschaftsgebiet
  4. Im Bestimmungsland greift die Erwerbsbesteuerung nach §§ 1a, 1b UStG

Diese innergemeinschaftliche Lieferung eines Neufahrzeuges durch die in § 2a UStG fingierten Unternehmer sind grds. nach § 4 Nr. 1b) UStG  i.V.m. § 6a UStG steuerbefreit.  Beachten Sie aber die Erfüllung der Nachweispflichten nach § 6a Abs. 3 UStG.

Rechnungspflichten und Erklärungspflichten

Der Lieferer ist zur Ausstellung einer Rechnung verpflichtet, in welcher er auf die Steuerbefreiung hinzuweisen hat § 14a Abs. 3 UStG und Abs. 4 UStG.

Des Weiteren hat er nach § 18 Abs. 4a UStG eine Umsatzsteuervoranmeldung für den Voranmeldungszeitraum der innergemeinschaftlichen Lieferung abzugeben, sowie eine Umsatzsteuerjahreserklärung für das entsprechende Kalenderjahr der innergemeinschaftlichen Lieferung. Eine Zusammenfassende Meldung ist nach § 18a UStG nicht erforderlich.

§ 18c Meldepflicht bei der Lieferung neuer Fahrzeuge

Zu Beachten ist die Meldepflicht bei der Lieferung neuer Fahrzeuge nach § 18c UStG. Zur Sicherung des Steueraufkommens durch einen Austausch von Auskünften mit anderen Mitgliedstaaten kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, dass Unternehmer (§ 2) und Fahrzeuglieferer (§ 2a) der Finanzbehörde ihre innergemeinschaftlichen Lieferungen neuer Fahrzeuge an Abnehmer ohne Umsatzsteuer-Identifikationsnummer melden müssen.

Beispiel

Die Nichtunternehmerin Barbara Schöneburger verkauft ihren privat gefahrenen Ferrari am 22.10.21 an einen niederländischen Privatmann. Das Fahrzeug hat gerade mal 5.350 km gefahren und ist 5 Monate alt. Sie einigen sich auf einen Kaufpreis von 200.000€ zzgl. evtl. USt. Der Niederländer ist über diesen Kauf sehr erfreut und fährt das Fahrzeug am selben Tag sofort vom Kaufort Hamburg in seinen Heimatort Roermond.

Barbara Schöneburger wird für die Lieferung des neuen Fahrzeugs wie ein Unternehmer nach § 2a S. 1 UStG behandelt. Da Sie ein nach § 1b Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 1b Abs. 3 Nr. 1 UStG neues Fahrzeug liefert, da das Fahrzeug weniger als 6.000km (5.350 km) zurückgelegt hat und zusätzlich die erste Inbetriebnahme weniger als 6 Monate beträgt.  Die Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG wird nach § 3 Abs. 6 S. 1 UStG in Hamburg ausgeführt und ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar. Sie ist aber nach § 4 Nr. 1b) i.V.m. § 6a UStG steuerfrei. Der niederländische Erwerber befördert den Ferrari in das übrige Gemeinschaftsgebiet, hier die Niederlande aus einem anderen Mitgliedstaat Deutschland. Auch wenn der Erwerber kein Unternehmer ist, greift die Steuerbefreiung bei Lieferung neuer Fahrzeuge gem.  § 6a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG und Nr. 2c) UStG, da niederländische Erwerber in den Niederlande den § 1b UStG verwirklicht.

Bemessungsgrundlage beträgt nach § 10 Abs. 1 S. 1 u. 2 UStG 200.000€.

Besonderheit Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 4a UStG

Die Vorsteuer aus dem Erwerb des Fahrzeuges kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung ausführt nach § 15 Abs. 4a Nr. 3 UStG. Außerdem der Vorsteuerabzug für Fahrzeuglieferer i.S.d. 2a UStG eingeschränkt.  Nach § 15 Abs. 4a Nr. 1 UStG ist nur die Steuer, die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeug entfällt, abziehbar. Mit der Folge, dass weitere Vorsteuerbeträge z.B. für Nebenleistungen des Erwerbs, für Treibstoffe und sonstige Aufwendungen entfällt.

§ 15 Abs. 4a Nr. 2 UStG beschränkt den Vorsteuerbetrag zusätzlich der Höhe nach auf den Betrag der Steuer, der für die Lieferung des neuen Fahrzeuges geschuldet wurde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre nach § 4 Nr. 1b UStG.

Beispiel

Z erwirbt privat ein neues Fahrzeug für 50.000€ zzgl. 9.500€ Umsatzsteuer. Kurz darauf verkauft er dieses noch neue Fahrzeug  an einen Abnehmer im übrigen Gemeinschaftsgebiet für 48.000€.

Z hat zwar 9.500€ Umsatzsteuer gezahlt, kann aber gem. § 15 Abs. 4a Nr. 2 UStG max. 9.120€ (48.000 * 19%) geltend machen.  Denn die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeuges geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre, somit der Betrag von 48.000€.

Sollte er noch Kosten für z.B. eine Annonce gehabt haben, ist diese nicht abziehbar § 15 Abs. 4a Nr. 1 UStG.

Innergemeinschaftlicher Erwerb eines Neufahrzeugs

Um die Besteuerung nach § 1b UStG zu bejahen, müssen folgende 3 Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Neufahrzeuge i.S.d. § 1b Abs. 2 UStG und 3 UStG
  2. Erwerber der nicht zu den in § 1a Abs. 1 Nr. 2 UStG genannten Personen gehören.
  3. Warenbewegung gem. § 1a Abs. 1 Nr. 1 UStG (nur bewegte Lieferungen) von einem EU-Mitgliedsstaat in einen anderen EU-Mitgliedsstaat.

Unter den § 1b UStG fallen Erwerber die nicht zu den in § 1a Abs. 1 Nr. 2 UStG genannten Personen gehört, folglich handelt es sich um:

  1. Privatpersonen
  2. Unternehmer, die das neue Fahrzeug für Zwecke außerhalb des Unternehmens erwerben und
  3. Nichtunternehmerisch tätige Personenvereinigungen

Besonderheiten gibt es bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts, diese fallen unter § 1a Abs. 1 Nr. 2 UStG

Merke

Prüfschema ig Erwerb neuer Fahrzeuge

  • § 1b UStG
  • Ort § 3d Satz 1 UStG
  • Steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG
  • Steuerbefreiung nach § 4b UStG
  • Bemessungsgrundlage § 10 Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG
  • Steuersatz § 12 UStG
  • Steuerentstehung § 13 Abs. 1 Nr. 7 UStG
  • Steuerschuldner ist der Erwerber gem. § 13 Abs. 1 Nr. 2 UStG
  • Fahrzeugeinzelbesteuerung nach § 16 Abs. 5a UStG
  • Erwähnung kein Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG (da Erwerber Nichtunternehmer oder Erwerb für den nichtunternehmerischen Bereich)

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 7 UStG entsteht die Steuer am Tag des Erwerbs und wird nach § 13a Abs. 1 Nr. 2 UStG vom Erwerber geschuldet.

Eine Besonderheit im Rahmen des Erwerbs ist die sogenannte Fahrzeugeinzelbesteuerung nach § 16 Abs. 5a UStG. Beim innergemeinschaftlichen Erwerb neuer Fahrzeuge ist die Steuer für jeden einzelnen steuerpflichtigen Erwerb zu berechnen (Fahrzeugeinzelbesteuerung). In den Fällen der Fahrzeugeinzelbesteuerung hat der Erwerber nach § 18 Abs. 5a UStG spätestens bis zum 10 Tag nach Ablauf des Tages, an dem die Steuer entstanden ist, eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck abzugeben.

Beispiel

Der Nichtunternehmer Petro Lombabo aus Oldenburg kauft am 19.10.2021 in einem Urlaub in Spanien einen blauen Ferrari. Er wird sich schnell mit dem spanischen Autohändler einig und kauft das Fahrzeug für 500.000 € zzgl. evtl. entstehender USt in Höhe von 95.000 €. Die erste Inbetriebnahme war zwar bereits 2019 aber es wurden erst 2.000 km mit dem Fahrzeug  zurückgelegt. Am selben Abend fährt Petro Lombabo mit dem Ferrari zurück nach Deutschland zu einer Schlagernacht in Köln.

Lösung:

Es liegt kein innergemeinschaftlicher Erwerb gem. § 1a UStG vor, da der Gegenstand (Ferrari) zwar aus einem Gebiet eines Mitgliedsstaats Spanien in das Gebiet eines anderen Mitgliedsstaats Deutschland gelangt § 1a Abs. 1 Nr. 1 UStG, der Erwerber Petro Lombabo aber kein Unternehmer im Sinne des § 1a Abs. 1 Nr. 2a) UStG ist.

Es liegt aber ein innergemeinschaftlicher Erwerb eines neuen Fahrzeuges vor, da es sich bei dem Ferrari nach § 1b Abs. 2 Nr. 1 UStG um ein motorbetriebenes Landfahrzeughandelt, welches nach § 1b Abs. 3 Nr. 1 UStG als neu gilt. Das Fahrzeug gilt als neu, weil es nicht mehr als 6.000 km zurückgelegt hat (hier 2.000 km).

Der Ort bestimmt sich nach § 3d Satz 1 UStG und liegt am Ende der Beförderung in Köln. Der Vorgang ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG steuerbar und mangels Befreiung nach § 4b UStG steuerpflichtig.

Die Bemessungsgrundlage beträgt nach § 10 Abs. 1 S. 1 u. 2 UStG 500.000 €. Nach § 12 Abs. 1 UStG beträgt die USt 95.000 € und entsteht gem. § 13 Abs. 1 Nr. 7 UStG am Tag des Erwerbes, somit am 19.10.21. Steuerschuldner ist nach § 13a Abs. 1 Nr. 2 UStG Petro Lombabo.

Er hat außerdem eine Fahrzeugeinzelbesteuerung nach § 16 Abs. 5a UStG durchzuführen. Nach § 18 Abs. 5a UStG muss er seinen Erklärungspflichten nachkommen und die Steuer entrichten.

Er kann die Vorsteuer nicht nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG geltend machen, da der Erwerber kein Unternehmer ist.