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Umsatzsteuer

Umsatzsteuerliche Leistungen - Lieferung

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Lieferung

Allgemeines

Die Lieferung wird in § 3 Abs. 1 UStG legal definiert. Demnach ist eine Lieferung eine Leistung eines Unternehmens, die den Abnehmer befähigt in eigenem Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht). Der Begriff ist für das Umsatzsteuerrecht unabhängig von anderen Rechtsgebieten zu beurteilen. Gegenstand sind grundsätzlich alle körperlichen Gegenstände. Gemäß §§ 90, 90a BGB also Sachgesamtheiten oder solche Wirtschaftsgüter die im Wirtschaftsverkehr wie Sachen behandelt werden.

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Die Verschaffung der Verfügungsmacht beinhaltet den von den Beteiligten endgültig gewollten Übergang von wirtschaftlicher Substanz, Wert und Ertrag eines Gegenstands vom Leistenden auf den Leistungsempfänger. Der Abnehmer muss faktisch in der Lage sein, mit dem Gegenstand nach Belieben zu verfahren, insbesondere ihn wie ein Eigentümer zu nutzen und veräußern zu können (A. 3.1 Abs. 2 UStAE).

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Nun betrachten wir noch ein Lernvideo über die Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG.

 

Leasing

Beim Finanzierungsleasing handelt es sich um einen atypischen Mietvertrag. Der Leasingnehmer zahlt dem Leasinggeber für eine fixe Grundmietzeit Raten, die dem Leasinggeber den Kaufpreis zuzüglich aller Kosten, Risiken und einem Gewinnaufsschlag abdecken. Mit dem Vertrag ist eine Verlängerungs- oder Kaufoption verknüpft.

Der Leasinggeber bleibt in der Konstellation der zivilrechtliche Eigentümer. Bei einer Verlagerung des Sachrisikos durch Optionen für den Leasingnehmer kommt es jedoch in manchen Fällen zu einer Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums an den Leasingnehmer. Eine Lieferung an den Leasingnehmer erfolgt nur, wenn im Vertrag eine ausdrückliche Klausel zum Übergang des Eigentums an diesem Gegenstand vom Leasinggeber auf den Leasingnehmer enthalten ist und aus den Vertragsbedingungen hervorgeht, dass der Eigentumsübergang bei planmäßigem Vertragsablauf ausgeführt wird (A. 3.5 Abs. 5 Satz 1 UStAE). 

Nach diesen Grundsätzen kommt es bei beweglichen Gegenständen zu einer Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an den Leasingnehmer, wenn der Gegenstand speziell an die Bedürfnisse des Leasingnehmers angepasst ist oder wenn sich die Grundmietzeit und die tatsächliche Nutzungsdauer annähern oder die Grundmietzeit deutlich unter der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer liegt, dafür aber der Leasingnehmer eine Kauf- oder Verlängerungsoption hat und einen deutlich geringeren Beitrag als den Kaufpreis oder Mietzins zahlen muss. Das Entgelt ist die Summe aller Leasingraten zuzüglich des eigentlichen Kaufpreises bei Ausübung einer Kaufoption. Als ausdrückliche Klausel zum Übergang des Eigentum reicht es bereits aus, wenn im Vertrag lediglich eine Kaufoption enthalten ist. Dabei muss auf Grund der finanziellen Vertragsbedingungen der anschließende Kauf als einzig wirtschaftlich rationale Möglichkeit für den Leasingnehmer erscheinen um eine Lieferung darzustellen. Dem Leasingnehmer darf keine echte wirtschaftliche Alternative zum Zeitpunkt der Entscheidung bleiben. Dies ist z. B. der Fall, wenn im Zeitpunkt der Optionsmöglichkeit die vertraglichen Raten dem Verkehrswert des Gegenstandes einschließlich der Finanzierungskosten entspricht und der Leasingnehmer keine erhebliche Summe mit Ausübung der Kaufoption zusätzlich zuzahlen hat. Eine erhebliche Summe liegt dabei vor, wenn der zu entrichtende Betrag 1 Prozent des Verkehrswertes des Gegenstandes im Zeitpunkt der Ausübung der Option übersteigt. (A. 3.5 Abs. 5 Satz 2 - 6 UStAE)

Wenn keine Zurechnung des Leasinggegenstands an den Leasingnehmer erfolgt, dann erbringt der Leasinggeber eine sonstige Leistung in Form der Nutzungsüberlassung. Die Leistung wird dabei in Teilleistungen erbracht (§ 13 Abs. 1 Nr 1. a) Satz 2, 3 UStG). Sonderzahlungen des Leasingnehmers sind beim Leasinggeber als Teilentgelt zu behandeln nach der Ist-Besteuerung im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 1 a) Satz 4 UStG.

Fallbeispiel

Verpfändung

Verschaffung der Verfügungsmacht und zivilrechtlicher Eigentumsübergang

Grundfall: Einigung und Übergabe bzw. Auflassung

Für die Verschaffung der Verfügungsmacht kommt es auf eine tatsächliche Betrachtung an, sodass es genügt, wenn der Abnehmer wie ein Eigentümer mit dem Gegenstand verfahren kann. Die Übertragung des Rechts auf Eigentum allein ist insoweit nicht ausreichend, es muss die wirtschaftliche Substanz übergehen (A. 3.1 Abs. 2 Satz 1 UStAE). Die Verschaffung der Verfügungsmacht ist jedoch in den meisten Fällen mit der zivilrechtlichen Eigentumsübertragung identisch (A. 3.1 Abs. 2 Satz 4 UStAE).

 

Die zivilrechtlichen Vorgaben zum Eigentumsübergang an beweglichen Sachen (Mobilien) sind in den §§ 929 ff. BGB geregelt. Gem. § 929 Satz 1 BGB setzt der Eigentumsübergang grundsätzlich zwei Komponenten voraus:

  • Einigung,
  • Übergabe (Übertragung des Besitzes gem. § 854 BGB).

 

Die Übertragung an unbeweglichen Gegenständen (Immobilien) ist in §§ 873, 925 BGB geregelt. Neben der Einigung wird die Übergabe in diesen Fällen durch die Auflassung und Eintragung im Grundbuch ersetzt. 

Vorsicht

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Auch wenn die zivilrechtlichen Grundlagen grundsätzlich kein Bestandteil der schriftlichen Prüfungen sind, sollten Sie für das USt-Recht ein Grundverständnis des zivilrechtlichen Eigentumsrechts haben. Es empfiehlt sich die §§ 929 ff. BGB einmal im Selbststudium anzuschauen! Relevant wird dies insbesondere bei den Übergabesurrogaten.

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Im Grundsatz wird die Verschaffung der Verfügungsmacht gem. § 929 Satz 1 BGB bei beweglichen Sachen durch bloße (tatsächliche) Übergabe der Sache vollzogen. Damit liegt umsatzsteuerlich eine Lieferung vor.

 

Sonderfall: Übergabesurrogate

In Sonderfällen kann die Übergabe jedoch durch sog. Übergabesurrogate ersetzt werden, dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn sich die Sache zum Zeitpunkt der Verfügungsverschaffung physisch nicht im Besitz des Übertragenden befindet:

  • 929 Satz 2 BGB betrifft den Fall, dass sich der Erwerber bereits im Besitz der Sache befindet, eine Übergabe mithin nur zu einem sinnlosen hin und her Übertragen führen würde. Die Übertragung wird auch als Übergabe „kurzerhand“ bezeichnet.

 

Ferner kann die Übergabe durch Ersatzübergaben ersetzt werden, Dies wird i.d.R. vereinbart, wenn sich ein Dritter (nicht der Erwerber) oder der Eigentümer selbst im Besitz der Sache befindet. In diesem Fall kann die Übertragung ersetzt werden durch:

  • Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses (§ 930 BGB): In diesem Fall wird ein Besitzmittlungsverhältnis vereinbart. Aufgrund dieses Besitzmittlungsverhältnisses erlangt der Erwerber den mittelbaren Besitz an der Sache und hat somit einen Herausgabeanspruch gegenüber dem unmittelbaren Besitzer, sobald das Besitzmittlungsverhältnis beendet ist.

  • Abtretung des Herausgabeanspruchs (§ 931 BGB): Ist ein Dritter im Besitz der Sache, so kann die Übergabe auch dadurch ersetzt werden, dass der Eigentümer dem Erwerber den Anspruch auf Herausgabe des Eigentums nach § 985 BGB abtritt.

 

Eine weitere Möglichkeit die physische Übergabe zu ersetzen ist die Übergabe eines indossierten Traditionspapiers (Lagerschein, Ladeschein etc.), dessen Vorlage den Erwerber dann zur Herausgabe berechtigt.

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Beispiel

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Fara Harry beauftragt ihren Angestellten Christian Boule mit dem Kauf von 50 Metallstücken in ihrem Namen und auf ihre Rechnung beim Schrotthändler Uwe Solti, die sie in ihrer Kunstschmiede zu einem Zaun weiterverarbeitet.

Christian Boule besorgt den Einkauf auf Weisung von Fara Harry und ist insoweit nur ein unselbstständiger Erfüllungsgehilfe (§ 3 Abs. 1 UStG). Er ist selbst in den Lieferprozess nicht einbezogen und erlangt selbst auch keine Verfügungsmacht über den Gegenstand. Es liegt jedoch eine Lieferung zwischen Uwe Solti und Fara Harry vor.

Abwandlung: Fara Harry beauftragt den Spediteur S mit der Abholung der Metallteile bei Uwe Solti. Der Spediteur S ist ebenfalls ein Erfüllungsgehilfe, der nicht selbst die Verfügungsmacht an dem Gegenstand erlangt. Es liegt auch hier eine Lieferung zwischen Fara Harry und Uwe Solti vor. (Gleichzeitig besteht aber zwischen dem Spediteur S und Fara Harry ein gesondert zu beurteilendes Leistungsverhältnis).

Sonderfall: Eigentumsvorbehalt

Bei der Lieferung unter Eigentumsvorbehalt nach § 449 BGB wird dem Abnehmer an dem Gegenstand die Verfügungsmacht verschafft, obwohl noch kein zivilrechtliches Eigentum in Sinne des BGB vorliegt.  Es geht das wirtschaftliche Eigentum nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO über. Der Eigentumsvorbehalt ist damit kein Übergabesurrogat. Die Übergabe erfolgt in diesem Fall vielmehr nach § 929 Satz 1 BGB unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung. Umsatzsteuerlich liegt eine (sofortige) Lieferung des Verkäufers an den Käufer vor. Die aufschiebende Bedingung hat hierfür keine Bedeutung.

 

Fallbeispiel

Lieferung unter Eigentumsvorbehalt

 

Sonderfall: Sicherungsübereignung

Die Sicherungsübereignung stellt grundsätzlich eine Übereignung mittels Übergabesurrogat gem. § 930 BGB dar. Zwischen dem Sicherungsgeber und dem Sicherungsnehmer wird ein Besitzmittlungsverhältnis vereinbart. Der Sicherungsgeber bleibt im unmittelbaren Besitz der Sache; er besitzt die Sache jedoch von nun an nicht mehr für sich, sondern für den Sicherungsnehmer. Der Sicherungsnehmer wird mittelbarer Besitzer der Sache. Mangels Erlangung der unmittelbaren Verfügungsmacht stellt die Sicherungsübereignung noch keine Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer dar. 

Hinweis

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Klassische Fälle der Sicherungsübereignung lassen sich im Verhältnis zwischen Banken und ihren Kunden finden, sofern die erworbene Sache Kreditfinanziert wird und keinerlei andere Sicherheiten gestellt werden.

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Ausschlaggebender Zeitpunkt für die umsatzsteuerliche Beurteilung ist die Verwertung des Gegenstands (A. 1.2. UStAE). Die Übertragung der Verfügungsmacht erfolgt erst bei

  • der Veräußerung der Sache an einen Dritten oder
  • wenn der Gegenstand durch einen Dritten veräußert wird, oder
  • die Sache vom Sicherungsnehmer in Absprache mit dem Sicherungsgeber selbst (tatsächlich) übernommen wird (A. 1.2 Abs. 1 Satz 1 UStAE).

Es liegen sodann zwei umsatzsteuerliche Lieferungen vor (sog. Doppelumsatz):

  • die Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer;
  • die Lieferung vom Sicherungsnehmer an den Erwerber des Sicherungsguts (Abschnitt 1.2 Abs. 1 Satz 2 UStAE).

In zeitlicher Hinsicht erfolgte diese Lieferung zum selben Zeitpunkt; juristische betrachtet jedoch in Abfolge von einer juristischen Sekunde nacheinander.

Hinweis

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Bei der Lieferung von Gegenständen der Sicherungsübereignung durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer kommt es nach § 13b Abs. 2 Nr. 2 UStG zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers. (vgl hierzu auch § 13b Ausführungen)

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Wenn der Sicherungsgeber im Sicherungsfall im eigenen Namen aber auf Rechnung des Sicherungsnehmers (Kommission) den Verkauf übernimmt, liegen drei umsatzsteuerliche Lieferungen vor (sog. Dreifachumsatz):

  1. Es kommt zu einer Lieferung zwischen dem Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer, dann zu
  2. einer Lieferung des Sicherungsnehmers an den Sicherungsgeber (Rückübertragung), und schließlich zu
  3. einer Lieferung des Sicherungsgebers an den eigentlichen Erwerber.

Hinweis

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Die Veräußerung im eigenen Namen aber auf Rechnung eines anderen stellt sich i.d.R. als Kommissionsgeschäft dar. Zum Kommissionsgeschäft in der Umsatzsteuer vgl. Querverweis Kommissionsgeschäft!

Erfolgt die Verwertung der Sache im Rahmen einer (förmlichen) Zwangsversteigerung, so stellt dies keine Lieferung des Vollstreckungsschuldners an den Gerichtsvollzieher dar. Der Gerichtsvollzieher wird ausschließlich hoheitlich tätig. Die Lieferung erfolgt direkt von dem Vollstreckungsschuldner an den Erwerber (A. 1.2 Abs. 2 UStAE). Für die Übertragung der Verfügungsmacht ist es nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG unschädlich, dass die Übertragung auf einer hoheitlichen Maßnahme anstatt auf einem zweckgerichteten Handeln des Unternehmers basiert. Bei beweglichen Gegenständen erfolgt die Lieferung mit der Ablieferung im Sinne des 817 ZPO. Bei der Versteigerung von Grundstücken kommt es bereits mit dem Zuschlag nach § 90 ZVG zur Lieferung.

Die Regelung über den Dreifachumsatz finden nach A. 1.2 Abs. 4 Satz 1 UStAE auch im Insolvenzverfahren Anwendung.

Besondere Arten der Lieferung

§ 3 Abs. 1a – 5 UStG enthält eine Definition von besonders gearteten Lieferungen oder Leistungen, die zwar nicht von der Definition des § 3 Abs. 1 UStG umfasst ist, jedoch einer umsatzsteuerlichen Lieferung gleichgestellt werden. Diese sollen im Folgenden dargestellt werden.

Prüfungstipp

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§ 3 UStG ist sehr umfangreich. Gleichwohl lohnt es sich, die Vorschrift in ihrer vollen länge einmal ausführlich zu studieren und (sofern zulässig) entsprechende Unterstreichungen etc. vorzunehmen. § 3 UStG ist nicht nur für die Arten von Lieferungen und sonstigen Leistungen relevant, sondern (teilweise) auch für die Ortsbestimmungen hierzu. Das macht die Vorschrift etwas unübersichtlich. Da die Klausuren den Prüfling jedoch unter enormen Zeitdruck setzen, werden Sie in der Regel in der Klausur keine Zeit für ein ausführliches Studium der einzelnen Absätze des § 3 UStG haben. Auch hier gilt: Preparation is key!

Innergemeinschaftliches Verbringen

Beim innergemeinschaftlichen Verbringen gem. § 3 Abs. 1a UStG handelt es sich um eine Sonderregelung für einen Umsatz mit grenzüberschreitendem Bezug. Die Grundsätze des innergemeinschaftlichen Verbringens werden in innergemeinschaftliches Verbringen ausführlich gesondert behandelt.

 

Entnahmen, Sachzuwendungen, andere unentgeltliche Zuwendungen

§ 3 Abs. 1b UStG enthält einen Katalog an Leistungen, die einer Lieferung gegen Entgelt i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG gleichgestellt werden (vgl. dazu auch Abschnitt 3.3 UStAE). Merkmal all dieser Leistungen ist, dass sie unentgeltlich erfolgen und damit ihrerseits nicht Entgelt für eine andere Leistung sind.

Hinweis

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Hier können sich Abgrenzungsschwierigkeiten stellen. Es sollte stets geprüft werden, ob die Leistung die unter § 3 Abs. 1b UStG subsumiert werden soll, tatsächlich unentgeltlich erfolgen soll. Maßgeblich ist hierfür der genaue Sachverhalt. Auch hier gilt wiederum: zunächst sorgfältig den Sachverhalt lesen!

 

§ 3 Abs. 1b UStG stellt die folgenden Leistungen einer umsatzsteuerbaren Lieferung gleich:

  1. die Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen (Entnahme);

  2. die unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands durch einen Unternehmer an sein Personal für dessen privaten Bedarf (Sachzuwendung), sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen;

  3. jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert (Nettobetrag ≤ EUR 35) und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens. Voraussetzung ist, dass der Zuwendende dem Empfänger zielgerichtet einen Vermögensvorteil verschafft.

Voraussetzung ist in allen drei Fällen, dass der betroffene Gegenstand oder seine Bestandteile zum Unternehmen gehört, diesem mithin zugeordnet werden kann. Die Definition des Gegenstands ist dieselbe wie in § 3 Abs. 1 UStG (Sachen i.S.d. §§ 90, 90a BGB). Bestandteile eines Gegenstands sind diejenigen gelieferten Gegenstände, die auf Grund ihres Einbaus ihre körperliche und wirtschaftliche Eigenart endgültig verloren haben und die zu einer dauerhaften, im Zeitpunkt der Entnahme nicht vollständig verbrauchten Werterhöhung des Gegenstands geführt haben. Der Einbau eines Bestandteils in einen Gegenstand hat nur dann zu einer dauerhaften, im Zeitpunkt der Entnahme nicht vollständig verbrauchten Werterhöhung des Gegenstands geführt, wenn er nicht lediglich zur Werterhaltung des Gegenstands beigetragen hat. Zu beachten ist hier zudem die Bagatellgrenze, die in Abschnitt 3.3 Abs. 4 UStG dargestellt ist. Maßgeblich ist damit, ob der Einbau des Bestandteils 20% der Anschaffungskosten des Gegenstands und einen Betrag von EUR 1.000 nicht übersteigt.

Zu Nr. 2 betrachten wir uns nun folgendes Lernvideo.

Beispiel

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Ein Unternehmer erwirbt am 01.07.01 aus privater Hand einen gebrauchten Pkw für EUR 10.000 und ordnet ihn zulässigerweise seinem Unternehmen zu. Am 01.03.02 lässt er nachträglich die Windschutzscheibe erneuern (Entgelt EUR 500). Der Unternehmer nimmt hierfür den VSt-Abzug in Anspruch.
Das aufgewendete Entgelt für den nachträglichen Einbau der Windschutzscheibe beträgt EUR 500. Dies ist weniger als 20 % der ursprünglichen Anschaffungskosten des Pkw, und übersteigt auch nicht den Betrag von EUR 1.000. Eine Werterhöhung des Pkw wird damit für umsatzsteuerliche Zwecke nicht angenommen.

Voraussetzung ist des Weiteren, dass der betroffenen Gegenstand (oder seine Bestandteile) zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat. Sinn und Zweck der Regelung ist damit das Besteuerungsprinzip der Allphasen-Netto Umsatzsteuer herzustellen, wonach der Letztverbraucher in der Kette die Umsatzsteuer endgültig zu tragen hat. Ohne die Reglung des § 3 Abs, 1b UStG würde in diesen Fällen keiner die Umsatzsteuer für den Gegenstand endgültig tragen. Hat der Unternehmer keinen Vorsteuerabzug vorgenommen, ist § 3 Abs. 1b UStG nicht anwendbar. Es würde ansonsten zu einer Mehrfachbesteuerung kommen.

Prüfungstipp

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An dieser Stelle können sich in der Klausur interessante Abgrenzungsfragen (Zuordnung zu unternehmerischen oder nichtunternehmerischen Bereich) stellen. Sie sollten über diesen Punkt keinesfalls hinweggehen, insbesondere dann nicht, wenn sich der Rest der Prüfung dieses Sachverhalts vermeintlich leicht und ohne weitere Probleme darstellt. Auch hier gilt stets: Erarbeiten Sie sich den Sachverhalt sauber und lesen sie vor allem genau!

Kommissionsgeschäft gem. § 3 Abs. 3 UStG

§ 3 Abs. 3 UStG enthält eine Regelung für die umsatzsteuerliche Behandlung eines Kommissionsgeschäfts. Das Kommissionsgeschäft selbst ist in § 383 HGB geregelt. Dieses Video gibt Ihnen zunächst eine Übersicht über Kommissionsgeschäfte:

In einem Kommissionsgeschäft sind grundsätzlich der Parteien auseinander zu halten: 

  • Kommissionär, 
  • Kommittent, 
  • Dritte.

Kommissionär ist nach der gesetzlichen Definition in § 383 Abs. 1 HGB, wer es gewerbsmäßig übernimmt, Waren oder Wertpapiere für Rechnung eines anderen in eigenem Namen zu verkaufen (Verkaufskommission) oder zu kaufen (Einkaufskommission). Der Kommissionär geht damit eine Lieferbeziehung (entweder Kauf oder Verkauf) mit dem Dritten ein. Der Dritte kann seine Rechte nur gegenüber dem Kommissionär geltend machen und muss auch nur dessen Ansprüche bedienen. Der Kommittent übergibt die Ware lediglich an den Kommissionär. Der Kommissionär erhält im Zuge des Kommissionsgeschäfts für seine Leistung eine Vergütung (Provision). Der Kommittent erhält den Erlös aus dem Letztgeschäft (Verkauf an den Erwerber), abzüglich der Provision des Kommissionärs.

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Abzugrenzen ist das Kommissionsgeschäft vom Vermittlungsgeschäft: 

  • Der Kommissionär handelt im eigenen Namen und auf fremde Rechnung; 
  • Der Vermittler handelt im fremden Namen und auf fremde Rechnung.

Zwischen Vermittler und Endkunde kommt somit niemals ein Geschäft zustande. Parteien des Vertrags werden in diesem Fall immer der Endkunde und der Unternehmer selbst. Der Vermittler bringt lediglich beide Parteien zusammen.

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Vorsicht

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Der Kommissionär ist nicht Vertreter des Kommittenten. Der Vertreter handelt stets in fremden Namen und auf fremde Rechnung! Der Kommissionär wird damit nach außen hin Vertragspartner und trägt somit auch ein wirtschaftliches Risiko.

Gem. § 3 Abs. 3 UStG finden beim Kommissionsgeschäft (Verkaufskommission) zwei umsatzsteuerliche Lieferungen statt:

  1. die Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär,
  2. die Lieferung des Kommissionärs an den Dritten.
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Wir schauen uns zur Verkaufskommission ein Lernvideo an.

Hinweis

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Bei der Einkaufskommission ändern sich lediglich die Leistungsrichtungen. Somit ist die erste Lieferung die Lieferung des Dritten an den Kommissionär und die zweite Lieferung die des Kommissionärs an den Kommittenten.

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In Abgrenzung zur Verkaufskommission, betrachten wir nun folgendes Lernvideo zur Einkaufskommission.

Für den Zeitpunkt der Lieferungen kommt es auf die sachenrechtliche Ausgestaltung des Kommissionsgeschäfts an. I.d.R. werden beide Lieferungen zeitgleich ausgeführt. Bei einer Verkaufskommission wird bei dem Verkauf an den Endabnehmer in der selben juristischen Sekunde eine Lieferung des Kommitten an den Kommissionär angenommen.

Beachte: Die Herausforderung in der Klausur besteht damit regelmäßig in der Bestimmung des Ortes der Lieferung (siehe dazu Ortsbestimmung im Kommissionsgeschäft)! Je nach Vertragsgestaltung und Warenbewegung kann es auch zu einem Reihengeschäft kommen.

Beispiel

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A und B schließen einen Kommissionsvertrag ab. In diesem verpflichtet sich der A im eigenen Namen aber auf Rechnung des B die Waren des B (Staubsauger) zu vertreiben. B ermächtigt den A entsprechende Verfügungen hinsichtlich der Ware zu treffen. A schließt mit E einen Kaufvertrag ab und übergibt ihm den Staubsauger. Im Moment der Übergabe liegen umsatzsteuerlich zwei Lieferungen i.S.d. § 3 Abs. 3 UStG vor. Eine Lieferung von B an A und eine Lieferung von A an E.

 

Elektronische Lieferungen gem. § 3 Abs. 3a UStG

§ 3 Abs. 3a S. 1, 2 UStG regelt die Einbeziehung von Betreibern elektronischer Schnittstellen in fiktive Lieferketten. Demnach werden Unternehmer, die mittels ihrer elektronischen Schnittstelle Lieferungen von Gegenständen durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Nichtunternehmer unterstützen, deren Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, so behandelt, als ob sie diese Gegenstände für ihr Unternehmen selbst erhalten und geliefert hätten (vgl. Abschnitt 3.18 Abs. 1 UStAE). Gleiches gilt nach § 3 Abs. 3a Satz 2 UStG für die Unterstützung von Fernverkäufen von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 € mittels einer elektronischen Schnittstelle.

Vorsicht

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Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Regelung ist, dass der liefernde Unternehmer im Drittland ansässig ist. Lieferungen von (Erst-) Unternehmen die im Gemeinschaftsgebiet (EU-Mitgliedstaaten) ansässig sind, fallen ausweislich des Wortlauts nicht unter die Regelung (vgl. auch Abschn. 3.18 Abs. 2 S. 3 UStAE)! Hier gelten vielmehr die allgemeinen Grundsätze. 

Umsatzsteuerlich führt die Reglung des § 3 Abs. 3a UStG dazu, dass zwei Lieferungen fingiert werden, obwohl tatsächlich nur eine (physische) Lieferung stattfindet:

  1. Lieferung des (ersten) Unternehmens an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle (1. Fiktive Lieferung),
  2. Lieferung des Betreibers der elektronischen Schnittstelle an den Endkunden (2. Fiktive Lieferung).

Damit wird der Betreiber der elektronischen Schnittstelle so behandelt, als ob er den Gegenstand selbst empfangen und anschließend an den Erwerber ausgeliefert hätte. Hintergrund der Regelung ist die Umsetzung der EU-Richtlinie v. 5.12.2017 (2017/2455) in das nationale Recht (sog. Mehrwertsteuer-Digitalpaket). Der Gesetzgeber wollte damit der Zunahme von Fremdverkäufen über Internetplattformen durch Globalisierung und den technologischen Fortschritt Rechnung tragen. 

Vorsicht

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Die Regelung des § 3 Abs. 3a UStG führt dazu, dass ein umsatzsteuerliches Reihengeschäft (vollständig) fingiert wird (hierzu siehe Reihengeschäft). Damit ist nur eine Lieferung als Warenbewegte anzusehen. Maßgeblich ist dies für die Ortsbestimmung, wobei § 3 (6b) UStG die bewegte Lieferung klarstellt!  

Beispiel

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Die in Frankreich ansässige Privatperson C bestellt eine Handyhülle über einen Online-Marketplace des Unternehmens A; der Betreiber der Schnittstelle sitzt im Inland (Deutschland). Der Händler H der Handyhülle ist in den USA ansässig; der Versand erfolgt aus einem inländischen Lager eines anderen Unternehmens (Frankreich) heraus. Gem. § 3 Abs. 3a UStG werden zwei Lieferungen fingiert: H liefert die Handyhülle an A. A liefert die Handyhülle an C.

Werklieferung § 3 Abs. 4 UStG

Eine besondere Form der Lieferung ist die sogenannte Werklieferung. Eine Werklieferung liegt nach § 3 Abs. 4 UStG vor, wenn durch einen Unternehmer die übernommene Bearbeitung oder Verarbeitung eines fremden Gegenstandes unter der Verwendung aus selbst beschaffter Hauptstoffe erfolgt. Besteht das Werk aus mehreren Hauptstoffen, bewirkt der Werkunternehmer bereits dann eine Werklieferung, wenn er nur einen Hauptstoff oder einen Teil eines Hauptstoffs selbst beschafft hat, während alle übrigen Stoffe vom Besteller beigestellt werden. Hauptstoffe sind alle Stoffe, die nicht lediglich Nebenstoffe oder Zutaten sind. Abzugrenzen ist nach dem jeweiligen Werk im Einzelfall. Kleinere technische Hilfsmittel, z.B. Nägel, Schrauben, Splinte usw., sind in aller Regel Nebensachen.

Wichtig: Es muss sich um einen fremden Gegenstand handeln vgl. Abschnitt 3.8 UStAE.

Selbst beschafft hat ein Unternehmer die Hauptstoffe dann, wenn er die Verfügungsmacht über diese hat. Wenn ein Werkunternehmer als Agent oder Berater bei der Stoffbeschaffung für sein Auftraggeber agiert, so erlangt er i.d.R, nicht er die Verfügungsmacht an den Hauptstoffen, sondern der Kunde direkt. Dementsprechend liegt dann keine Werklieferung vor. Zu beachten sind in diesem Zusammenhang auch Beistellleistungen des Bestellers. Auch hier erlangt der Unternehmer keine Verfügungsmacht an den beigestellten Gegenständen. Die beigestellte Sache kann ein Hauptstoff sein, die Beistellung kann sich aber auch auf Nebenstoffe oder sonstige Beistellungen, z.B. Arbeitskräfte, Maschinen, Hilfsstoffe wie Elektrizität, Kohle, Baustrom und Bauwasser oder ähnliche Betriebsmittel, beziehen.

Beispiel

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Peter Müller entdeckt bei seiner Reise nach München einen wunderschönen Anzug und kauft diesen für EUR 3.000. Aufgrund seiner Empfindlichkeit gegen bestimmte Futterstoffe, lässt Peter Müller das Innenfutter des Anzugs durch Seide ersetzen. Er lässt außerdem einige Änderungen an den Knöpfen vornehmen. Der Schneider Johann Nadel beschafft das Futter, die Knöpfe und andere Materialien die er selber benötigt.
Es liegt hier aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht eine Werklieferung nach § 3 Abs. 4 UStG vor, da es Peter Müller vor allem um das Futter aus Seide geht und dies einen Hauptstoff darstellen dürfte, den der Auftraggeber selbstständig besorgt.

Hinweis

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Sofern der Unternehmer die Leistung ohne selbst beschaffte Hauptstoffe vollzieht, liegt im Umkehrschluss eine Werkleistung nach § 3 Abs. 9 UStG vor. Hierzu ausführlich der Abschnitt Werkleistung gem. § 3 Abs. 10 UStG unter dem Kapitel sonstige Leistung.

Werklieferungen werden grundsätzlich zum Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht ausgeführt. Die Verschaffung der Verfügungsmacht bei Werklieferungen ist im Baugewerbe von besonderer Bedeutung und erfolgt durch die Übergabe und Abnahme des fertigen Werkes (Abschnitt 13.2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UStAE).

 

Gehaltslieferung § 3 Abs. 5 UStG

Nach § 3 Abs. 5 UStG versteht man unter einer Gehaltslieferung eine Lieferung, bei der der Abnehmer bestimmte Nebenerzeugnisse oder Abfälle, die bei der Bearbeitung oder Verarbeitung des ihm übergebenen Gegenstandes entstehen, an den Lieferer zurückgibt. Aufgrund der Beschränkung der Lieferung auf das übergebene Material, sind die Nebenerzeugnisse und Abfälle kein Gegenstand des Leistungsaustausch. Der Abnehmer erlangte auch nur an dem übergebenen Extrakt des Materials oder Stoffes die wirtschaftliche Verfügungsmacht. Unter diesem Aspekt kann unter § 3 Abs. 5 UStG eine klarstellende Norm gesehen werden.

Beispiel

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Der Milchlieferant M liefert an den Unternehmer A den Fettgehalt von Milch und erhält den entsprechenden Magerquark wieder zurück. M erhält darüber hinaus ein Entgelt für den Fettgehalt der Milch.

Der Landwirt Peter Fleißig liefert an die Rübenfabrik seine Zuckerrüben und erhält neben einem Entgelt die Zuckerrübenschnitzel von seinen Rüben zurück.

Es liegt in beiden Fällen eine Gehaltslieferung vor. Ohne die Klarstellung des § 3 Abs. 5 UStG könnte der Vorgang auch als Tausch betrachtet werden, bei dem der Landwirt neben dem Entgelt noch die Zuckerrübenschnitzel als Gegenleistung erhält. Die Bemessungsgrundlage wäre entsprechend deutlich höher.