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Abgabenordnung | Steuerfachwirtprüfung

Dauer der Festsetzungsfrist in der AO

Dauer der Festsetzungsfrist

 Es gibt verschiedene zeitliche Rahmen der Festsetzungsverjährung.

Dauer der Festsetzungsfrist für Steuern, Steuervergütungen und bestimmte Abgaben gem. § 169 AO

Die Festsetzungsfrist beträgt grundsätzlich vier Jahre (§ 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO). Eine Ausnahme stellen die Verbrauchsteuern dar (§ 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO). Hier beträgt sie nur 1 Jahr.

Umsatzsteuer gilt nicht als Verbrauch- sondern als Verkehrsteuer. § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO ist also auf die USt nicht anwendbar, so dass für die USt die vierjährige Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO gilt, was oft in Klausuren zu Fehlern führt.

Hat ein Stpfl. eine leichtfertige Steuerverkürzung, also eine Ordnungswidrigkeit (§ 378 AO) begangen, verlängert sich die Frist insoweit, also punktuell auf fünf Jahre. Hat er eine Steuerhinterziehung (§ 370 AO) begangen, so verlängert sie sich insoweit, also wieder punktuell auf zehn Jahre, § 169 Abs. 2 S. 2 AO.

Übungsfall:

Der Steuerpflichtige Frank Reich reicht am 05.08.11 seine Einkommensteuererklärung 10 beim Finanzamt ein. Das Finanzamt veranlagt erklärungsgemäß und setzt eine Einkommensteuer 10 i.H.v. 150.000 € fest. Im Rahmen einer späteren Außenprüfung stellt das Finanzamt fest, dass der Steuerpflichtige 50.000 € Einkommensteuer für das Jahr 10 hinterzogen sowie 20.000 € Einkommensteuer für das Jahr 10 leichtfertig verkürzt hat.

  1. Bestimmen Sie den Beginn der Festsetzungsfrist!
  2. Wann endet die reguläre Festsetzungsfrist?

Lösung:

  1. Die Festsetzungsfrist beginnt m.A.d. 31.12.11, da der Steuerpflichtige verpflichtet ist eine Einkommensteuererklärung abzugeben (§§ 170 Abs. 2 Nr. 1 1. Alt., 149 Abs. 1 S. 1 AO, § 25 Abs. 3 EStG). Beim Fristbeginn ist es unerheblich, dass Reich die Einkommensteuer vorsätzlich oder leichtfertig verkürzt hat.
  2. Die reguläre Festsetzungsfrist endet m.A.d. 31.12.15 (§§ 169 Abs. 2 Nr. 2, 108 Abs. 1 AO, § 188 Abs. 2 BGB). Soweit die Einkommensteuer hinterzogen wurde (50.000 €), endet die Festsetzungsfrist m.A.d. 31.12.21 und soweit sie leichtfertig verkürzt wurde (20.000 €), endet sie m.A.d. 31.12.16 (§§ 169 Abs. 2 S. 2, 108 Abs. 1 AO, § 188 Abs. 2 BGB).

Die verlängerte Festsetzungsfrist von 5 und 10 Jahren findet auch Anwendung, wenn ein Vertreter oder Erfüllungsgehilfe des Steuerpflichtigen die Steuer leichtfertig oder vorsätzlich verkürzt hat (§ 169 Abs. 2 S. 3 AO). Unmaßgeblich ist es ebenfalls, wenn der Steuerpflichtige infolge der Steuerverkürzung keinen Vorteil erlangt und die im Verkehr erforderliche Sorgfalt aufgewendet hat, damit es nicht zu einer solchen Verkürzung kommen kann. Eine Hinterziehung liegt auch schon bereits dann vor, wenn der Steuerpflichtige seine Erklärung verspätetet beim Finanzamt abgibt (keine Fristverlängerung!), sodass eine Hinterziehung auch bei anderen Steuervorteilen vorliegen kann (§ 370 Abs. 4 AO).

Handelt es sich weder um einen Vertreter noch um einen Erfüllungsgehilfen des Steuerpflichtigen, also um einen fremden Dritten, welcher die Steuerverkürzung veranlasst hat, so kann sich der Steuerpflichtige auf den Eintritt der Festsetzungsverjährung berufen (§ 169 Abs. 2 S. 3 AO).

Übungsfall:

Der Chef der Buchhaltungsabteilung des Warenhauses Wahlmart, Claus Claufix, hat in der USt-Jahresanmeldung zu hohe Vorsteuerbeträge ausgewiesen. Es kommt dadurch zu unberechtigten  Steuervergütungen. Die Erstattung erfolgt per Überweisung auf das Geschäftskonto des Warenhauses.

Wann tritt Festsetzungsverjährung für die Umsatzsteuer ein?

Würde sich an der Lösung etwas ändern, wenn der Buchhalter die Überweisung der Vergütungen auf sein privates Konto veranlasst hätte?

Spielt es eine Rolle, ob der Buchhalter seine Pflichten bisher sorgfältig erfüllt hat oder ob bei ihm bereits früher steuerliche Unregelmäßigkeiten durch seinen Arbeitgeber festgestellt wurden?

Lösung:

Der Claufix ist Erfüllungsgehilfe, aber nicht Eigentümer oder Vertreter des Warenhauses. Die Verjährungsfrist beträgt in allen angesprochenen Fällen entsprechend § 169 Abs. 2 S. 3 AO zehn Jahre, da der Buchhalter als Erfüllungsgehilfe die Steuerhinterziehung begangen hat.

  • 169 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 AO bestimmt, dass die Festsetzungsfrist gewahrt ist, wenn der Bescheid vor Ablauf der Frist das FA verlassen hat.
  • Generell gilt, dass laufende Verfahren erst abgeschlossen werden müssen, damit Verjährungen eintreten können.

Beispiel

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Das Finanzamt Kamp-Lintfort erkennt am 19.12.06, dass die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer 01 des Gewerbetreibenden Mäxchen bald abläuft. Das Finanzamt möchte noch einen geänderten Bescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO für die Einkommensteuer 01 erlassen. Der Änderungsbescheid geht am 30.12.06 zur Post und erreicht Mäxchen am 02.01.07.

Als der Änderungsbescheid zur Post gegangen ist, war die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen. Nach § 169 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 AO ist es unerheblich, dass der Änderungsbescheid Mäxchen erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist erreicht hat. Jedoch muss der Bescheid dem Steuerpflichtigen nach Fristablauf auch tatsächlich zugehen (AEAO zu § 169 Nr. 1) sowie vom örtlich und sachlich zuständigen Finanzamt erlassen und richtig adressiert worden sein. Eine Heilung von Übermittlungsfehlern ist u.U. möglich.

Dauer der Festsetzungsfrist für bestimmte steuerliche Nebenleistungen

Vorbemerkungen

Bei steuerlichen Nebenleistungen spielt die Festsetzungsverjährung nur dort eine Rolle, wo sie gesetzlich vorgesehen ist (AEAO Nr. 5 vor § 169 bis § 171).

Dauer der Festsetzungsfrist für Zinsen gem. § 239 AO

Nach § 239 Abs. 1 AO finden die Vorschriften über die Besteuerung für Zinsen entsprechende Anwendung. Damit gelten auch die Vorschriften über die Festsetzungsverjährung. Die Vorschriften der §§ 169 ff. AO finden nur insoweit Anwendung, als § 239 AO keine Besonderheiten vorsieht. Auch hier sei noch einmal drauf hingewiesen, dass Verfahren erst abgeschlossen sein müssen, damit Verjährung eintreten kann.

  • § 239 Abs. 1 S. 1 AO legt die Dauer der Frist einheitlich auf zwei Jahre fest. § 239 Abs. 1 S. 2 AO bestimmt für die einzelnen Zinsarten jeweils den Beginn der Frist.

Beispiel

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Dem Unternehmer wurde die USt für das Jahr 00 von März 02 bis Februar 03 gestundet (§ 222 AO).

Nach § 234 Abs. 1 AO sind für die Dauer der Stundung Zinsen zu erheben. Die Frist für die Festsetzungsverjährung beginnt mit Ablauf 03, dauert zwei Jahre und endet mit Ablauf 05 (§ 239 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Nr. 2 AO).

Dauer der Festsetzungsfrist für Verspätungs- und Säumniszuschläge sowie Zwangsgelder

Säumniszuschläge, SZ, § 240 AO:

SZ werden nicht vom Sachbearbeiter festgesetzt, sondern entstehen kraft Gesetz (§ 240 Abs. 1 AO). Daher kann es folglich auch keine Festsetzungsfrist geben. Säumniszuschläge unterliegen allein der Zahlungsverjährung (AEAO Nr. 6 vor § 169 bis § 171).

Verspätungszuschläge, § 152 AO:

Verspätungszuschläge sind teilweise Ermessensentscheidungen (§ 152 AO und § 5 AO). Sie werden nach § 152 Abs. 11 AO regelmäßig mit der Steuer festgesetzt. Daher können sie so lange festgesetzt werden wie die zugrunde liegende Steuer. Eine spätere Festsetzung ist ermessenswidrig (§ 5 AO).

Zwangsgelder, § 329 AO:

 Die Finanzämter können Zwangsgelder im Ermessensrahmen festsetzen (§ 328 Abs. 1 AO und § 5 AO). Vor der Festsetzung ist das Zwangsgeld anzudrohen (§ 332 Abs. 1 AO). Im Rahmen der Androhung ist dem Betroffenen eine angemessene Frist zur Nachholung der unterlassenen Handlung zu setzen (§ 332 Abs. 1 S. 3 AO). Wird nach Ablauf dieser Frist das Zwangsgeld nicht zügig festgesetzt, so ist die Festsetzung ermessenswidrig (§ 5 AO) und somit rechtsfehlerhaft.