Für den steuerlichen Laien besteht das Besteuerungsverfahren zuerst in der Festsetzung der Steuer. Betrachtet man jedoch die Verfahrensabläufe in den Finanzämtern genauer, so erkennt man, dass das Verfahrensrecht eine Regelung sehr unterschiedlicher Verfahren enthält. Die wichtigsten sollen hier kurz gegenübergestellt werden. Dabei lassen sich die Verfahrensvorschriften wie folgt einteilen:
So beginnt jedes Besteuerungsverfahren damit, dass das FA die Besteuerungsgrundlagen für die Steuer ermittelt. Besteuerungsgrundlagen sind nach § 199 Abs. 1 AO die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Bemessung der Steuer von Bedeutung sind. Man spricht vom steuerlichen Ermittlungsverfahren, das wie folgt abläuft:
Details zu dem dargestellten Ablauf eines Steuerermittlungsverfahrens sind im Anschluss zu finden.
Beispiel
Besteuerungsgrundlagen für die ESt eines Stpfl. sind unter anderem seine Einkünfte aus den sieben Einkunftsarten nach § 2 Abs. 1 EStG, Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG, Werbungskosten nach § 9 EStG, Sonderausgaben nach § 10 EStG, außergewöhnliche Belastungen nach §§ 33 bis 33c EStG, das Vorhandensein von Kindern nach § 32 Abs. 1 bis 6 EStG, die Tatsache der Eheschließung nach § 32a Abs. 5 EStG.
Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzsteuer sind unter anderem alle Lieferungen und sonstigen Leistungen im Inland nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, alle Ausfuhrlieferungen nach § 4 Nr. 1a UStG sowie zum Vorsteuerabzug berechtigende Leistungen an den Unternehmer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG.
Besteuerungsgrundlagen für die Erbschaftsteuer sind unter anderem der Erwerb von Geldvermögen, Betriebsvermögen, Grundvermögen nach §§ 1 ff. ErbStG, Alter des Erben nach § 17 ErbStG, Verwandtschaft mit dem Erben oder Schenker nach §§ 15 und 16 ErbStG.
Allen diesen Besteuerungsgrundlagen ist gemeinsam, dass sie Einfluss auf die Höhe der jeweiligen Steuer haben, also materielles Steuerrecht beinhalten.
Im Anschluss an die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen wird die Steuer durch einen Steuerbescheid nach § 155 Abs. 1 Satz 1 AO festgesetzt. Man spricht vom so genannten Festsetzungsverfahren. Ermittlungsverfahren und Steuerfestsetzungsverfahren werden zusammen auch als Veranlagungsverfahren bezeichnet.
An das Veranlagungsverfahren schließt sich das Erhebungsverfahren an. Es dient der Erhebung (Vereinnahmung) bzw. der Erstattung von Steuern und ist in §§ 218 ff. AO geregelt.
Kommt der Stpfl. seiner Verpflichtung, die festgesetzten Steuern zu bezahlen, nicht nach, so wird das Vollstreckungsverfahren eingeleitet. Dieses ist geregelt in §§ 249 ff. AO.
Will sich der Stpfl. gegen StVAe wehren, die ihn in seinen Rechten verletzen, so kann er durch das Einlegen eines Einspruchs ein Rechtsbehelfsverfahren in Gang setzen. Dieses Verfahren ist geregelt in §§ 347 ff. AO.
Gelegentlich kommt es vor, dass Dritte für die steuerlichen Schulden eines anderen eintreten müssen. In diesen Fällen kommt es zu einem Haftungsverfahren, das mit einem Haftungsbescheid enden kann. Dieses Verfahren ist in § 191 AO, § 192 AO geregelt.
Merke
Übersicht zum Ablauf eines Besteuerungsverfahrens:
Ermittlungsverfahren
Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen
(unter Besteuerungsgrundlagen versteht man die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die maßgebend für die Bemessung der Steuer und Steuerpflicht sind).
Im Ermittlungsverfahren haben die Steuerpflichtigen bestimmte Mitwirkungspflichten: z.B. Abgabe der Steuererklärung (§ 149 AO, Auskunftspflichten § 93 AO).
Festsetzungsverfahren
Beginnt nach dem Ermittlungsverfahren. Dabei werden Steuern und Besteuerungsgrundlagen festgelegt.
Erhebungsverfahren
Beginnt nach dem Festsetzungsverfahren. Das Erhebungsverfahren dient der Verwirklichung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (wie kommt Finanzverwaltung an ihr Geld?)
Rechtsbehelfsverfahren
Dient zur Überprüfung der Aktivitäten der Finanzverwaltung und zum gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtsschutz des Steuerpflichtigen.
Straf- und Bußgeldverfahren
Dabei geht die Finanzverwaltung folgendermaßen vor: Strafaktionen nach den Pflichtverletzungen, z.B. Erhebung von Strafen oder Bußgeldverfahren, nach denen der gesetzmäßige Vollzug der Steuergesetze gefördert wird.
Ermittlungsverfahren, Festsetzungsverfahren und Erhebungsverfahren folgen in zeitlicher Abfolge aufeinander. Rechtsbehelfsverfahren, Straf- und Bußgeldverfahren können allerdings zu jedem Zeitpunkt einsetzen.
Das Ermittlungsverfahren wird von einigen wichtigen Grundsätzen beherrscht, die sowohl verfassungsrechtlichen Erfordernissen als auch der Effektivität der Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen Rechnung tragen.
Prüfungstipp
Die Grundsätze spielen im Allgemeinen keine große Rolle in der Klausur, Sie sollten sie aber – insbesondere für die mündliche Prüfung – kennen.