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Bilanzsteuerrecht | Steuerberaterprüfung - Die lineare AfA nach § 7 Abs. 4 EStG

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Die lineare AfA nach § 7 Abs. 4 EStG

Die lineare Abschreibung ist die gängigste Methode zur steuerlichen Berücksichtigung des Wertverlusts von Gebäuden. Dabei werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Gebäudes gleichmäßig über dessen Nutzungsdauer verteilt (§ 7 Abs. 4 Satz 1 EStG). Dies bedeutet, dass jährlich ein konstanter Betrag abgeschrieben wird, um den Wertverlust steuerlich geltend zu machen.

Anwendung der linearen Abschreibung bei Gebäuden

Die lineare Abschreibung ist sowohl für gebrauchte Immobilien als auch für Neubauten anwendbar. Entscheidend sind der Zeitpunkt der Fertigstellung und die Nutzung des Gebäudes. Je nach Baujahr gelten folgende typisierte Abschreibungssätze:

  1. 3 % pro Jahr (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG):
    Für Gebäude, die nach dem 31.12.2022 fertiggestellt wurden, mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 33 Jahren.
  2. 2 % pro Jahr (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG):
    Für Gebäude, die nach dem 31.12.1924 und vor dem 01.01.2023 fertiggestellt wurden, mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 50 Jahren.
  3. 2,5 % pro Jahr (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG):
    Für Gebäude, die vor dem 01.01.1925 fertiggestellt wurden, mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 40 Jahren.
  4. 3 % pro Jahr (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG):
    Für Wirtschaftsgebäude, deren Bauantrag nach dem 31.12.2000 gestellt wurde. Für ältere Bauanträge galt zuvor ein Satz von 4 %, der nach § 52 Abs. 15 Satz 2 EStG angepasst wurde.

Die lineare Abschreibung bietet eine einfache und transparente Möglichkeit, den Wertverlust eines Gebäudes steuerlich zu berücksichtigen. Je nach Baujahr und Nutzung gelten spezifische AfA-Sätze, die präzise angewendet werden müssen. In Ausnahmefällen kann eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer angesetzt werden, was eine zusätzliche Flexibilität bei der steuerlichen Berücksichtigung ermöglicht.

Individuelle Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG)

Die typisierte Nutzungsdauer bildet in der Regel die Grundlage für die Abschreibung von Gebäuden. Doch es gibt Fälle, in denen die tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes kürzer ist als die typisierte. In solchen Situationen ermöglicht § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG den Ansatz einer individuell ermittelten Nutzungsdauer. Dies bietet Steuerpflichtigen die Möglichkeit, höhere jährliche Abschreibungsbeträge anzusetzen und so den tatsächlichen Wertverlust des Gebäudes realistischer abzubilden.

Anwendungsvoraussetzungen

Um die individuelle Nutzungsdauer nutzen zu können, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  1. Nachweis der Nutzungsdauer: Der Steuerpflichtige muss glaubhaft machen, dass die tatsächliche Nutzungsdauer kürzer ist als die typisierte. Dies geschieht in der Regel durch ein Gutachten eines zertifizierten Sachverständigen (§ 11c Abs. 1 Satz 1 EStDV).
  2. Besondere Umstände
    1. Gebäude in leichter Bauweise.
    2. Erhebliche Schäden, etwa durch Naturereignisse oder Abnutzung.
  3. Erforderliche Dokumentation: Ergänzende Nachweise (z. B. das Gutachten) sind notwendig, um die steuerliche Anerkennung der kürzeren Nutzungsdauer sicherzustellen (BMF-Schreiben vom 22.02.2023, BStBl I 2023, 332).

Besondere Anwendungsfälle

Neben der allgemeinen Anwendung bei kürzerer tatsächlicher Nutzungsdauer gibt es weitere besondere Fälle:

  1. Abbruch eines Gebäudes: Die Anwendung der individuellen Nutzungsdauer ist auch bei bevorstehendem Gebäudeabbruch möglich. Voraussetzung ist, dass die Abbruchvorbereitungen so weit fortgeschritten sind, dass eine weitere Nutzung praktisch ausgeschlossen ist (H 7.4 „Nutzungsdauer“ EStH).
  2. Restnutzungsdauer: Wenn sich ein Gebäude in einer Phase der stark eingeschränkten Nutzung befindet, beispielsweise vor der endgültigen Stilllegung, kann die Restnutzungsdauer ebenfalls herangezogen werden.

Beispiel

Berechnung des jährlichen Abschreibungsbetrags

Der jährliche Abschreibungsbetrag wird berechnet, indem die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes durch die festgelegte Nutzungsdauer geteilt werden (§ 7 Abs. 4 Satz 3 EStG). Ein Gebäude wird für 300.000 € errichtet und hat eine Nutzungsdauer von 50 Jahren.

Berechnung: 300.000 € ÷ 50 Jahre = 6.000 € pro Jahr.

Bei einer tatsächlichen Nutzungsdauer von 20 Jahren (nachgewiesen durch Gutachten)

Berechnung: 300.000 € ÷ 20 Jahre = 15.000 € pro Jahr.

Beispiel

Die Einzelunternehmerin B errichtet im Jahr 04 eine neue, eigenbetrieblich genutzte Lagerhalle aus Leichtbauweise. Laut einem Gutachten beträgt die tatsächliche Nutzungsdauer der Lagerhalle nur 15 Jahre. Die Herstellungskosten belaufen sich auf 150.000 €, und die Fertigstellung erfolgt Anfang September 02. Der Bauantrag wurde im Jahr 02 gestellt.

Ermittlung der jährlichen AfA bei tatsächlicher Nutzungsdauer

Die Lagerhalle ist notwendiges Betriebsvermögen (§ 246 Abs. 1 Satz 1 HGB, R 4.2 Abs. 7 Satz 1 EStR). Die tatsächliche Nutzungsdauer von 15 Jahren (entspricht 6,67 %) ist kürzer als die typisierte Nutzungsdauer von 33 Jahren (3 % AfA gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG). Die Anwendung der Gebäude-AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG ist daher zulässig.

Berechnung: 150.000 € ÷ 15 Jahre = 10.000 € pro Jahr. Berechnung der AfA für das Wirtschaftsjahr 04 (Rumpfwirtschaftsjahr): Fertigstellung im September 04. Es werden 4 Monate (September bis Dezember) berücksichtigt (§ 7 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 4 EStG). 150.000 € × 6,67 % × 4/12 = 3.333 €.