1. Rückabwicklung bei Nichtvorliegen von Nutzungs- und/oder Verbleibensvoraussetzung
§ 7g Abs. 4 EStG betrifft in Abgrenzung zu § 7g Abs. 3 EStG die Konstellation, dass der Steuerpflichtige eine (zunächst) begünstigte Investition vorgenommen hat, aber die in § 7g Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 EStG aufgestellten Nutzungs- oder Verbleibensvoraussetzungen nicht erfüllt werden.
Gemäß § 7g Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 EStG muss ein begünstigtes Wirtschaftsgut bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres entweder vermietet oder in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich (mindestens 90%) betrieblich genutzt werden. Werden diese Voraussetzungen nicht eingehalten, ordnet § 7g Abs. 4 Satz 1 EStG die Wiederherstellung des "steuerlichen Ursprungszustands" an, und zwar
- durch Rückgängigmachung der gewinnerhöhenden Hinzurechnung, indem die ursprüngliche außerbilanzielle Gewinnerhöhung nach § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG ebenfalls außerbilanziell wieder rückgängig zu machen ist;
- durch Rückgängigmachung der innerbilanziellen Minderung nach § 7g Abs. 2 Satz 3, 1. HS. EStG sowie
- durch Erhöhung der AfA-BMG um den Betrag der Rückgängigmachung der innerbilanziellen Minderung nach § 7g Abs. 2 Satz 3, 1. HS. EStG (vgl. § 7g Abs. 2 Satz 3, 2. HS. EStG).
Beispiel
A hat im Wirtschaftsjahr 01 zu Recht einen IAB in Höhe von 50.000 EUR gebildet. Zu Beginn des Wirtschaftsjahres 02 hat A einen LKW erworben (Anschaffungskosten 100.000 EUR, betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer 5 Jahre), den in 01 gebildeten IAB vollständig aufgelöst und von den Anschaffungskosten des LKW abgezogen. Demzufolge hat A in 02 AfA in Höhe von 10.000 EUR geltend gemacht ([100.000 EUR – 50.000 EUR] x 20%). Ferner hat A in 02 eine Maschine erworben, die als Ersatz für eine in 01 ausgeschiedene Maschine angeschafft wurde. Anfang 03 veräußert A den LKW wieder, da dieser nicht seinen gewünschten Anforderungen entspricht. Die Veranlagung des Jahres 02 steht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Die Veräußerung in 03 wurde zutreffend gebucht.
Lösung:
In Bezug auf den LKW hat A die Verbleibensvoraussetzungen des § 7g Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 EStG verletzt, weil der LKW nicht bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt hat. Infolgedessen ist rückwirkend in 02 rückgängig zu machen
- die außerbilanzielle Gewinnerhöhung um ./. 50.000 EUR nach § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG (ebenfalls außerbilanziell),
- der innerbilanziell erfolgte Minderungsbetrag nach § 7g Abs. 2 Satz 3, 1. HS. EStG durch erfolgswirksame innerbilanzielle Hinzurechnung um + 50.000 EUR sowie
- Erhöhung der AfA-BMG um +50.000 EUR und folgerichtige AfA (statt bisher 10.000 EUR nunmehr 20.000 EUR).
Der Abzug des Investitionsabzugsbetrags in 01 dagegen muss nicht rückgängig gemacht werden. Daher kann dieser für die in 02 erworbene Maschine genutzt werden, sofern dies verfahrensrechtlich möglich ist (hier nach § 164 AO).
Merke
§ 7g Abs. 4 EStG ordnet gerade nicht die Rückgänigmachung des Investitionsabzugsbetrags an (vgl. § 7g Abs. 3 EStG). Dadurch besteht die Möglichkeit, dass unter Beachtung der verfahrensrechtlichen Zulässigkeit der Investitionsabzugsbetrag für andere begünstigte Wirtschaftsgüter genutzt werden können.
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2. Verfahrensrechtliche Umsetzung der Rückabwicklung
Es ist rückwirkend der Veranlagungszeitraum zu ändern, in welchem die Hinzurechnung nach § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG und der Herabsetzungsbetrag nebst Minderung der AfA-BMG nach § 7g Abs. 2 Satz 3 EStG erfolgt ist. Da sich die Minderung der AfA-BMG auch auf Folgezeiträume auswirkt, führt die Korrektur der AfA-BMG auch zur rückwirkenden Korrektur der Zeiträume, in welchen die AfA von der um den Minderungsbetrag nach § 7g Abs. 2 Satz 3 EStG geminderten Bemessungsgrundlage ausgegangen wurde. Verfahrensrechtlich bietet § 7g Abs. 4 Satz 2, 3 EStG eine einzelgesetzliche Änderungsvorschrift nebst Ablaufhemmung, die über § 172 Abs. 1 Nr. 2 lit. d) AO eine Korrektur auch dann ermöglicht, wenn die zu ändernden Steuerfestsetzungen bereits bestandskräftig geworden sind. Um die fehlende Investition "zu sanktionieren", ordnet § 7g Abs. 4 Satz 4 EStG zusätzlich an, dass § 233a Abs. 2a AO nicht anzuwenden ist. Hierdurch beginnt der Zinslauf bereits 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist, und nicht erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten ist.
Der § 7g Abs. 4 EStG wird nun nochmals näher behandelt.
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