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Abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sind dadurch gekennzeichnet, dass sie einem planmäßigen Wertverzehr unterliegen, der in Form der Absetzung für Abnutzung abgebildet wird (§ 253 Abs. 1 und 3 HGB, § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Dieser planmäßige Werteverzehr spiegelt die Nutzung des Wirtschaftsguts über dessen betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer wider (R 6.1 Abs. 1 S. 1, 5 EStR).
Die Zuordnung dieser Wirtschaftsgüter erfolgt entweder als:
- Notwendiges Betriebsvermögen (§ 4 Abs. 1 EStG, R 4.2 Abs. 1 S. 1 und 4, Abs. 7 S. 1 EStR), oder
Gewillkürtes Betriebsvermögen, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Betrieb besteht (R 4.2 Abs. 1 S. 3, 6 und Abs. 9 S. 1 EStR).
Beispiele für abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens:
- Gebäude,
- Betriebs- und Geschäftsausstattung,
- Fuhrpark,
- Immaterielle Wirtschaftsgüter, wie Software oder Lizenzen.
Bewertungsgrundsätze
Handelsbilanz
- Ansatz mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten (AK/HK) abzüglich planmäßiger Abschreibung (§ 253 Abs. 1 S. 1 HGB).
- Bei voraussichtlich dauernder Wertminderung: Zwingender Ansatz des niedrigeren beizulegenden Wertes (§ 253 Abs. 3 S. 5 HGB).
- Bei vorübergehender Wertminderung: Kein Ansatz eines niedrigeren Wertes (§ 253 Abs. 3 S. 5 HGB).
- Ein höherer Wertansatz ist nicht zulässig (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB).
Steuerbilanz
- Ansatz mit AK/HK abzüglich AfA, gegebenenfalls ergänzt durch erhöhte Absetzungen, Sonderabschreibungen oder Abzüge nach § 6b EStG (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG).
- Bei voraussichtlich dauernder Wertminderung: Wahlrecht zum Ansatz des niedrigeren Teilwerts (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG, § 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 EStG).
- Bei vorübergehender Wertminderung: Kein Ansatz eines niedrigeren Teilwerts (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG).
Voraussichtlich dauernde Wertminderung
Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung liegt vor, wenn der Wert des Wirtschaftsguts zum Bilanzstichtag für mindestens die halbe Restnutzungsdauer (RND) unter dem planmäßigen Buchwert liegt (§ 253 Abs. 3 S. 5 HGB, § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG).
Kriterien gemäß BMF-Schreiben vom 02.09.2016 (Beck’sche StErlasse 1 § 6/12):
- Objektive Anzeichen für eine Wertminderung.
- Nachhaltiges Absinken des Wertes, das mehr Gründe für als gegen eine Dauerhaftigkeit bietet.
- Besondere Anlässe, wie Katastrophen, können regelmäßig auf eine dauernde Wertminderung hinweisen.
Beispiel:
- Gebäude mit RND gemäß § 7 Abs. 4 und 5 EStG oder andere Wirtschaftsgüter nach den AfA-Tabellen.
Merke
Für die Bewertung eines abnutzbaren Wirtschaftsguts des Anlagevermögens ist stets zunächst der Bilanzansatz (AK/HK abzüglich planmäßiger AfA) zu berechnen und anschließend mit dem beizulegenden Wert oder Teilwert am Bilanzstichtag zu vergleichen.
Überblick
Klausurtechnik zur Bewertung von Vermögensgegenständen in Bilanzsteuerrechtsklausuren
Zuordnung von Vermögensgegenständen
In Bilanzsteuerrechtsklausuren ist es unerlässlich, die aufgeführten Vermögensgegenstände oder Wirtschaftsgüter systematisch zu analysieren. Dabei sollten folgende Schritte durchgeführt werden:
Zuordnung zum Anlage- oder Umlaufvermögen (AV/UV)
Klärung, ob der Vermögensgegenstand zum Anlagevermögen (AV) oder Umlaufvermögen (UV) gehört.
Einteilung innerhalb des Anlagevermögens
Unterscheidung, ob es sich um bewegliches oder unbewegliches sowie abnutzbares oder nicht abnutzbares Anlagevermögen handelt (§ 247 Abs. 2 HGB).
Bestimmung des Bewertungsmaßstabs
Feststellung, ob die Bewertung auf Grundlage der Anschaffungs- oder Herstellungskosten (AK/HK) erfolgt, ggf. abzüglich planmäßiger Abschreibungen, oder ob ein niedrigerer beizulegender Wert (nbzW) oder Teilwert (TW) anzusetzen ist.
Beispiele für abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens
- Bürogebäude
- Zuordnung: Notwendiges Betriebsvermögen, da ausschließlich betrieblich genutzt (§ 246 Abs. 1 HGB, R 4.2 Abs. 7 S. 1 EStR).
- Einordnung: Unbewegliches, abnutzbares Wirtschaftsgut des AV (§ 247 Abs. 2 HGB, R 6.1 Abs. 1 S. 1, 5 EStR).
- Bewertung: AK/HK abzüglich planmäßiger AfA oder bei voraussichtlich dauernder Wertminderung Ansatz mit nbzW/TW (§ 253 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1, 2, 5 HGB, § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, 2 EStG).
- Maschinen oder Betriebs- und Geschäftsausstattung (BGA)
- Zuordnung: Notwendiges Betriebsvermögen, da ausschließlich betrieblich genutzt (§ 246 Abs. 1 HGB, R 4.2 Abs. 1 S. 1 EStR).
- Einordnung: Bewegliches, abnutzbares Wirtschaftsgut des AV (§ 247 Abs. 2 HGB, R 6.1 Abs. 1 S. 1, 5 EStR).
- Bewertung: AK/HK abzüglich planmäßiger AfA oder bei voraussichtlich dauernder Wertminderung Ansatz mit nbzW/TW (§ 253 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1, 2, 5 HGB, § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, 2 EStG).
- Fuhrpark
- Zuordnung: Notwendiges Betriebsvermögen, da ausschließlich betrieblich genutzt (§ 246 Abs. 1 HGB, R 4.2 Abs. 1 S. 1 EStR).
- Einordnung: Bewegliches, abnutzbares Wirtschaftsgut des AV (§ 247 Abs. 2 HGB, R 6.1 Abs. 1 S. 1, 5 EStR).
- Bewertung: AK/HK abzüglich planmäßiger AfA. Bei voraussichtlich dauernder Wertminderung ist handelsrechtlich der Ansatz mit nbzW zwingend (§ 253 Abs. 3 S. 5 HGB); steuerrechtlich besteht ein Wahlrecht zum Ansatz des niedrigeren TW (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG).
Besondere Situationen
- Voraussichtlich dauernde Wertminderung
- Handelsrechtlich: Zwingender Ansatz des nbzW (§ 253 Abs. 3 S. 5 HGB).
- Steuerrechtlich: Wahlrecht zum Ansatz des niedrigeren TW (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG, § 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 EStG).
- Vorübergehende Wertminderung
- Handels- und steuerrechtlich: Ansatz der AK/HK abzüglich planmäßiger AfA. Ein niedrigerer nbzW/TW darf nicht angesetzt werden (§ 253 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 5 HGB, § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, 2 EStG).
Wichtige Hinweise
- Dokumentation: Wirtschaftsgüter, die steuerlich mit einem niedrigeren Teilwert angesetzt werden, sind im besonderen Verzeichnis gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 und 3 EStG zu erfassen.
- Aufgabenstellung beachten: Die Wahlrechtsausübung ist an die Vorgaben der Aufgabenstellung anzupassen, z. B. Ansatz des niedrigsten steuerlichen Gewinns.
Zur Vertriefung behandeln wir im folgenden noch ein Lernvideo zur Bewertung des abnutzbaren Anlagevermögens.