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Gewinnermittlung nach der Einnahmenüberschussrechnung
Der Begriff „Einnahmenüberschussrechnung“ bezieht sich auf eine vereinfachte Methode der steuerlichen Gewinnermittlung, auch bekannt als „Überschussrechnung“ oder offiziell „Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes“. Diese Methode ist vor allem für Selbstständige, Freiberufler und kleine Gewerbetreibende relevant, die nicht gesetzlich zur doppelten Buchführung verpflichtet sind.
Grundprinzip der Einnahmenüberschussrechnung
Die Einnahmenüberschussrechnung basiert auf dem Prinzip der Ist-Besteuerung, wobei der steuerliche Gewinn als Differenz zwischen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben innerhalb eines Wirtschaftsjahres ermittelt wird. Im Gegensatz zur Bilanzierung, die eine Bestandsaufnahme von Vermögen und Schulden erfordert, fokussiert sich die Einnahmenüberschussrechnung auf die tatsächlichen Zahlungsströme.
Hauptmerkmale
- Zeitpunkt der Gewinnrealisierung: Einnahmen und Ausgaben werden im Zeitpunkt ihres tatsächlichen Zu- oder Abflusses erfasst.
- Abschreibungen auf Anlagevermögen: Trotz fehlender Bilanzierung von Beständen sind Abschreibungen auf abnutzbare Anlagegüter vorgeschrieben.
- Vereinfachte Aufzeichnungspflichten: Die Anforderungen an die Buchführung sind weniger umfangreich als bei der doppelten Buchführung.
- Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG): Anschaffungen bis zu einem bestimmten Betrag können im Anschaffungsjahr vollständig abgeschrieben werden.
Hinweis
Die zeitliche Zuordnung der Betriebseinnahmen und -ausgaben richtet sich nach dem Zufluss- bzw. Abflussprinzip des § 11 EStG. Diese Methode ist aufgrund ihrer Einfachheit besonders attraktiv für kleinere Unternehmer und Freiberufler.
Schema zur Einnahmenüberschussrechnung
Betriebseinnahmen des Kalenderjahres
- Betriebsausgaben des Kalenderjahres
= Einnahmenüberschuss bzw. Ausgangsüberschuss
- Abschreibungen auf abnutzbare Anlagegüter
- Buchwert veräußerter oder entnommener Anlagegüter
= Einnahmen- bzw. Ausgabenüberschuss
= Gewinn/Verlust
Expertentipp
Wichtige Anmerkung zur praktischen Anwendung: Die Einnahmenüberschussrechnung sollte Steuerberatern und Steuerfachwirten geläufig sein, da sie häufig in Prüfungen thematisiert wird. Für eine vertiefende Behandlung ist es ratsam, sich mit den detaillierten Materialien eines Einkommensteuerkurses auseinanderzusetzen, besonders wenn Unsicherheiten in diesem Bereich bestehen.
Die Einnahmenüberschussrechnung wird nachfolgend noch einmal erläutert:
Beispiele
Beispiel
Zwar ist die Leistung im Jahre 01 erbracht worden, die Einnahme fließt dem Fritz allerdings erst im Jahr 02 zu. Nach dem Zuflussprinzip des § 11 EStG hat er deswegen die 100 € nicht im Jahre 01, sondern erst im Jahre 02 zu versteuern. Es kommt, anders ausgedrückt, erst im Jahre 02 zu einer Betriebseinnahme.
Von diesem Prinzip der Gewinnermittlung nach dem Zufluss bzw. dem Abfluss existieren allerdings wichtige Ausnahmen in der Einnahmenüberschussrechnung, und zwar bei
- nicht abnutzbaren Anlagegütern,
- abnutzbaren Anlagegütern und bei
- Darlehensgeschäften.
Bei nicht abnutzbaren Anlagegütern werden Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht zum Zeitpunkt des Kaufs als Betriebsausgabe berücksichtigt und auch nicht durch Abschreibungen auf die Folgeperioden verteilt. Vielmehr werden Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten erst im Zeitpunkt der Veräußerung bzw. der Entnahme als Betriebsausgaben berücksichtigt (§ 4 Abs. 3 Satz 4 EStG).
Beispiel
Im Jahre 01 kommt es zwar zu einem Abfluss von Zahlungsmitteln in Höhe von 200.000 €, allerdings werden diese Ausgaben nicht als Betriebsausgaben in 01 berücksichtigt. Vielmehr können sie erst im Jahre 04 steuermindernd geltend gemacht werden. Dem Erlös von 300.000 € werden die Betriebsausgaben von 200.000 € gegenübergestellt, es kommt daher in 04 zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn in Höhe von 300.000 € - 200.000 € = 100.000 €.
Verrechnung der Abschreibung
Bei abnutzbaren Anlagegütern werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Rahmen von Abschreibungen während der Nutzungsdauer des Wirtschaftsgutes als Betriebsausgaben verrechnet (§ 4 Abs. 3 Satz 3 EStG, R 4.5 Abs. 3 Satz 2,3 EStR).
Beispiel
Es kommt im Jahre 04 zu einer liquiditätsmäßigen Belastung in Höhe von 200.000 €. Im Rahmen von Betriebsausgaben können allerdings nur 50.000 € hiervon geltend gemacht werden, denn die Anschaffungskosten von 200.000 € werden auf vier Jahre verteilt, d.h. mit $\ \frac {200.000}{4} = 50.000\ € $ in den Jahren 01, 02, 03 und 04.
Man sieht hier sehr gut den Sinn von Abschreibungen. Diese dienen nicht nur dazu,
- den Werteverzehr auszudrücken, sondern auch
- die Anschaffungskosten auf die Laufzeit eines Anlagegutes zu verteilen.
Es ist gewissermaßen ungerecht, nur die Anfangsperiode komplett mit den Anschaffungskosten zu belasten und die folgenden Perioden nicht, denn diese erwirtschaften doch ihre Erträge auch und gerade dadurch, dass das Anlagegut in der nullten Periode angeschafft wurde. Vielmehr ist es nach dieser Sichtweise gerechter, auch die folgenden Perioden anteilsmäßig mit Abschreibungen (die Aufwendungen sind) zu belasten.
Besonderheit bei Darlehen
Bei Darlehensgeschäften sind die Einzahlungen aus der Kreditvergabe nicht als Betriebseinnahmen anzusetzen. Ebenso sind die Tilgungszahlungen für Darlehen keine Betriebsausgaben (H 4.5 Abs 2 [Darlehen] EStH). Ausschließlich die Zinszahlungen sind als Betriebsausgabe anzusehen.
Beispiel
Isa erhält 2.000 € Einzahlung im Jahre 01. Dies stellt keine Betriebseinnahme dar. Am Ende des Jahres 01 zahlt sie Zinsen für ein halbes Jahr, also in Höhe von $\ 0,025 \cdot 2.000 = 50\ € $. Am Ende des Jahres 05 und 06 zahlt sie Zinsen in Höhe von 100 €, am 30.6. des Jahres 07 schließlich 50 € Zinsaufwand und 2.000 € Tilgung. Lediglich die Zinsaufwendungen, also die 50 €, zweimal 100 € und einmal 50 € am Ende sind Betriebsausgaben. Die Tilgung in Höhe von 2.000 € am Ende der Laufzeit stellt eine Auszahlung, aber keine Betriebsausgabe dar.