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Mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) wurde die Möglichkeit zur Bildung von Rückstellungen in der Handelsbilanz stärker an das Steuerrecht angeglichen. Dabei sind in der Steuerbilanz die besonderen Vorschriften des § 5 Abs. 3 und 4 EStG zu beachten. Diese regeln, dass bestimmte Rückstellungen nur unter den dort genannten Voraussetzungen gebildet werden dürfen.
Ein wesentlicher Unterschied besteht jedoch bei Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften. Während sie handelsrechtlich gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB zu passivieren sind, ist dies in der Steuerbilanz gemäß § 5 Abs. 4a EStG ausdrücklich ausgeschlossen.
Im Gegensatz zu Verbindlichkeiten, bei denen sowohl das Bestehen als auch die Höhe feststehen, sind Rückstellungen dadurch gekennzeichnet, dass Ungewissheiten hinsichtlich ihres Bestehens, Entstehens oder ihrer Höhe bestehen. Diese Ungewissheiten machen die Bildung von Rückstellungen zu einem wichtigen Instrument zur Abbildung von Risiken und Verpflichtungen in der Bilanz.
Rückstellungspflicht in der Handelsbilanz (§ 249 HGB)
In der Handelsbilanz bestehen verschiedene Rückstellungspflichten, die sich auf unterschiedliche Sachverhalte beziehen. Diese umfassen ungewisse Verbindlichkeiten, drohende Verluste aus schwebenden Geschäften, unterlassene Aufwendungen sowie Kulanzleistungen. Während das Handelsrecht eine breite Rückstellungspflicht vorsieht, unterliegt die Steuerbilanz strengeren Anforderungen gemäß § 5 EStG, die teils zu Abweichungen führen.
Rückstellungskategorien im Detail
Ungewisse Verbindlichkeiten (§ 249 Abs. 1 S. 1 HGB)
Ungewisse Verbindlichkeiten umfassen Verpflichtungen gegenüber Dritten, deren Bestehen, Entstehung oder Höhe am Bilanzstichtag ungewiss ist. Beispiele hierfür sind:
- Abfallbeseitigung
- Altersteilzeit
- Aufbewahrungspflichten für Geschäftsunterlagen
- Steuerverpflichtungen
- Jahresabschluss- und Prüfungskosten
- Urlaubsansprüche
- Auch Pensionszusagen gehören hierzu, wenn sie als unmittelbare Verpflichtungen gegenüber Mitarbeitenden bestehen. Mittelbare Verpflichtungen (z. B. über Unterstützungskassen) sind hingegen nicht rückstellungsfähig.
Drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (§ 249 Abs. 1 S. 1 HGB)
Ein schwebendes Geschäft liegt vor, wenn bei einem Vertrag die Erfüllung der Sachleistung (ganz oder teilweise) noch aussteht, der Vertrag jedoch bereits bindend ist.
- Rückstellungspflicht: Wenn der Wert der Leistungsverpflichtung den Wert des Gegenleistungsanspruchs übersteigt (Verpflichtungsüberschuss), ist handelsrechtlich eine Rückstellung zu bilden.
- Vorrang der Abschreibung: Vor der Rückstellungsbildung muss ein vorhandener Vermögensgegenstand (z. B. unfertige Erzeugnisse) abgeschrieben werden.
- Steuerliche Besonderheit: Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften sind steuerlich unzulässig (§ 5 Abs. 4a EStG). Eine Ausnahme besteht nur bei negativen Ergebnissen aus Bewertungseinheiten (§ 5 Abs. 4a S. 2 EStG).
Unterlassene Instandhaltungen und Abraumbeseitigungen (§ 249 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 HGB)
- Für im Geschäftsjahr unterlassene Instandhaltungsmaßnahmen besteht eine Rückstellungspflicht, wenn die Maßnahmen innerhalb von drei Monaten des folgenden Geschäftsjahres nachgeholt werden.
- Unterlassene Abraumbeseitigungen sind rückstellungsfähig, wenn sie innerhalb von 12 Monaten nachgeholt werden.
Kulanzleistungen (§ 249 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 HGB)
Rückstellungen sind auch für Gewährleistungen zu bilden, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden (Kulanzleistungen). Solche Maßnahmen dienen häufig der Pflege von Geschäftsbeziehungen. Gewährleistungen mit rechtlicher Verpflichtung fallen hingegen unter § 249 Abs. 1 S. 1 HGB.
Andere Rückstellungen (§ 249 HGB)
Rückstellungen für andere Sachverhalte, die nicht explizit im Gesetz genannt sind (z. B. reine Aufwandsrückstellungen oder Aufwendungen zukünftiger Geschäftsjahre), sind handelsrechtlich nicht zulässig.
Auflösung von Rückstellungen (§ 249 Abs. 2 HGB)
Rückstellungen dürfen nur aufgelöst werden, wenn der ursprüngliche Grund für ihre Bildung entfallen ist. Dies gilt gleichermaßen für die Handels- und Steuerbilanz.