Inhaltsverzeichnis
- Verluste in der Einkommensteuer
- Verlustausgleich im Selben Jahr
- Verrechnung der Verluste Zwischen den Einkunftsarten
- Besonderheiten und Einschränkungen
- Zusammenfassung und Technische Umsetzung
- Verlustausgleich, § 2 Abs. 3 EStG
- Der innerperiodische Verlustausgleich und die positive Summe der Einkünfte
- Der innerperiodische Verlustausgleich und die negative Summe der Einkünfte
- Interperiodischer Verlustausgleich
- Höchstgrenzen ab dem Veranlagungszeitraum 2024
- Verlustabzug
- Der Verlustabzug gemäß §10d EStG
- Verlustrücktrag
- Höchstbeträge ab 2024
- Zeitraum des Verlustrücktrags
- Verzicht auf den Verlustrücktrag
- Vorrang des Verlustrücktrags
- Anwendung auf Einkommensteuer und Körperschaftsteuer
- Verlustrücktrag bei Eheleuten
- Verlustvortrag
- Verlustvortrag und seine Begrenzungen
- Verlustausgleichsbeschränkungen
- § 10d EStG und die Verlustverrechnungskreise
- Gesonderte Verlustfeststellung, § 10d Abs. 4 EStG
- Vorgehen und Zweck der Verlustfeststellung
- Frist für die Verlustfeststellung
- Zusammenfassung
Verluste in der Einkommensteuer
Ein wesentliches Element in der steuerlichen Betrachtung sind die Verluste. Diese Aussage mag auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen, ist jedoch in Fachkreisen von Steuerberatern weit verbreitet und birgt zumindest in einem Punkt Wahrheit.
Im Gegensatz zu anderen rechtlichen Bereichen gelten Verluste im Steuerrecht nicht als Negativposten in der Bilanz der Steuerpflichtigen, sondern vielmehr als anstrebenswerte Zahlen. Die allgemein verständliche Deutung dieser Verluste als abzugsfähige Posten in der Steuererklärung, um die persönliche Steuerlast zu reduzieren oder sogar auf null zu setzen, inspiriert zu einer Kreativität in der steuerlichen Gestaltung, die in dieser Form wohl einzigartig innerhalb der gesamten Rechtsordnung ist. Besonders im Unternehmensbereich, etwa bei Sanierungen oder Umstrukturierungen, ist das Bewahren der ursprünglichen Verlustvorträge für die neuen juristischen Personen eines der Hauptziele.
Im deutschen Steuerrecht spielt die Verlustverrechnung eine entscheidende Rolle, basierend auf dem objektiven Leistungsfähigkeitsprinzip. Sie ermöglicht es, negative Einkünfte in Form des horizontalen und vertikalen Verlustausgleichs sowie des Verlustvortrags und -rücktrags zu berücksichtigen. Dieser Mechanismus ist essenziell, um das Leistungsfähigkeitsprinzip über das gesamte Lebenseinkommen eines Steuerpflichtigen hinweg umzusetzen. Der Wegfall einer interperiodischen Verlustverrechnung würde diese Umsetzung gefährden.
Verlustausgleich im Selben Jahr
Im Rahmen der Einkommensteuer gibt es sieben Arten steuerpflichtiger Einkünfte, darunter Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung, selbstständiger Tätigkeit, Gewerbebetrieb, Land- und Forstwirtschaft sowie sonstige Einkünfte wie Renten. Innerhalb einer Einkunftsart werden alle positiven und negativen Einkünfte verrechnet (horizontaler Verlustausgleich).
Beispiel
Ein Steuerzahler besitzt zwei Wohnungen. Mit der ersten erzielt er 01 einen Überschuss von 5.000 Euro, mit der zweiten einen Verlust von 8.000 Euro. Insgesamt resultiert daraus ein Verlust von 3.000 Euro bei den Vermietungseinkünften.
Verrechnung der Verluste Zwischen den Einkunftsarten
Neben dem horizontalen Verlustausgleich gibt es den vertikalen Verlustausgleich, bei dem Einkünfte aus verschiedenen Einkunftsarten miteinander verrechnet werden.
Beispiel
Ein Arbeitnehmer mit einem Jahresgehalt von 35.000 Euro gründet eine Firma, die im ersten Jahr einen Verlust von 10.000 Euro verzeichnet. Das Finanzamt verrechnet beide Beträge, sodass der Gesamtbetrag der Einkünfte 25.000 Euro beträgt.
Besonderheiten und Einschränkungen
Die Verlustverrechnung wird jedoch nur akzeptiert, wenn eine Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht verfolgt wird. Fehlt diese, wie im Fall der sogenannten "Liebhaberei", werden weder Verluste noch Gewinne steuerlich berücksichtigt. Für die Anerkennung von Anlaufverlusten kann das Finanzamt eine Prognoserechnung verlangen, um die Gewinnabsicht zu bestätigen.
Für Verluste aus Einkünften aus Kapitalvermögen, geregelt in § 20 Abs. 6 S.1 EStG, gilt ein spezielles Verrechnungsverbot. Diese Regelung ist steuersystematisch korrekt, da sie keinem Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip darstellt.
Zusammenfassung und Technische Umsetzung
Die Verlustverrechnung im deutschen Steuerrecht, sowohl horizontal als auch vertikal, ist ein komplexes, aber wesentliches Instrument, das die Leistungsfähigkeit eines Steuerpflichtigen adäquat widerspiegelt. Das nachfolgende Kapitel zeigt detailliert auf , unter welchen Voraussetzungen und bis zu welcher Höhe eine Verlustverrechnung möglich ist und wie diese technisch funktioniert.
Verlustausgleich, § 2 Abs. 3 EStG
Negative Einkünfte aus einer Einkunftsart stellen einen Verlust dar. Verluste einer Einkunftsart sind mit positiven Einkünften derselben Einkunftsart verrechenbar. Man spricht vom horizontalen Verlustausgleich. Wenn dann noch ein Verlust übrig bleibt, so können die Verluste mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, dies nennt man vertikalen Verlustausgleich.
Bei der Ermittlung der Einkünfte ist die Summe der Einkünfte auszurechnen. Die Summe der Einkünfte ist der Saldo der Zusammenrechnung der einzelnen Einkünfte. Im ersten Schritt sind im Rahmen des horizontalen Verlustausgleichs zunächst die negativen Einkünfte einer Einkunftsart mit den positiven Einkünften derselben Einkunftsart auszugleichen. Im nächsten Schritt sind die Einkünfte aus den verschiedenen Einkunftsarten miteinander (sogenannter vertikaler Verlustausgleich) zu verrechen.
Der innerperiodische Verlustausgleich und die positive Summe der Einkünfte
Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 3 S. 7 und S. 8 EStGFür die jeweiligen Beschränkungen gelten gesonderte Feststellungen der entsprechenden Verluste. § 10d Abs. 4 EStG ist analog anzuwenden.
§ 10d EStG und die Verlustverrechnungskreise
Eine spezifische Herausforderung ergibt sich aus dem Zusammnespiel zwischen § 10d EStG und bestimmten Verlustverrechnungsbereichen wie § 2b a.F., § 15 Abs. 4, § 22 Nr. 3 und § 23 EStG. Hierzu hat das Bundesministerium der Finanzen am 29.11.2004 (IV C 8 – S 2225 – 5/04) festgelegt, dass die Begrenzung des Abzugs gemäß § 10d Abs. 2 EStG sowohl bei Verlustvorträgen als auch innerhalb dieser speziellen Verrechnungsbereiche anzuwenden ist.
Die Begrenzung des Abzugs nach § 10d Abs. 2 EStG muss sowohl bei der Durchführung des Verlustvortrags nach § 10d Abs. 2 EStG als auch innerhalb der speziellen Verrechnungskreise berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang bilden die Einkünfte aus § 15 Abs. 4 Satz 1 und 2 sowie den Sätzen 3 bis 5 und 6 bis 8 EStG jeweils eigenständige, spezielle Verrechnungskreise.
Folgendes Beispiel wurde gebildet:
Einkünfte (§ 21 EStG) | 5.000.000 EUR | |
Einkünfte ( § 22 Nr. 2, 23 EStG) | 2.500.000 EUR | |
Verlustvortrag (§ 22 Nr. 2, 23 EstG) | 2.000.000 EUR | |
Verlustvortrag nach § 10d Abs. 2 EStG | 4.000.000 EUR | |
Besonderer Verrechnungskreis | ||
Einkünfte (§§ 22 Nr.2, 23 EStG) | 2.500.000 EUR | 2.500.000 EUR |
Abziehbarer Betrag (§ 10d Abs. 2 EStG) | ||
Sockelbetrag | 1.000.000 EUR | |
zzgl. 70 % des verbleibenden Betrages von 1 500 000 € | 1.050.000 EUR | |
maximal abziehbar | 2.050.000 EUR | |
vorhandener Verlustvortrag §§ 22, 23 EStG | 2.000.000 EUR | |
Abziehbarer Betrag | 2.000.000 EUR | |
In den Gesamtbetrag der Einkünfte (G.d.E.) eingehender Gewinn | 500.000 EUR | |
G.d.E. | ||
Einkünfte (§ 21 EStG) | 5 000 000 € | |
Einkünfte (§§ 22, 23 EStG) | 500 000 € | |
G.d.E. | 5 500 000 € | |
Verlustvortrag nach § 10d Abs. 2 EStG | ||
G.d.E. | 5 500 000 € | |
Abziehbarer Betrag (§ 10 Abs. 2 EStG)/Berechnung | ||
Sockelbetrag | 1 000 000 € | |
zzgl. 70 % von 4 500 000 € (verbleibender Betrag) | 3 150 000 € | |
maximal abziehbar | 4 150 000 € | |
vorhandener Verlustvortrag (§ 10d EStG) | 4 000 000 € | |
Abziehbarer Betrag | 4 000 000 € | |
Ergebnis (G.d.E. nach Verlustabzug) | 1 500 000 € |
Gesonderte Verlustfeststellung, § 10d Abs. 4 EStG
Werden Verluste in einem Veranlagungszeitraum nicht vollständig mit positiven Einkünften verrechnet, so sind diese am Ende des Veranlagungszeitraums als verbleibender Verlustvortrag gesondert festzustellen. Diese Feststellung erfolgt gemäß § 10d Abs. 4 EStG und dient der Dokumentation der nicht verbrauchten Verluste, die in den folgenden Veranlagungszeiträumen genutzt werden können.
Vorgehen und Zweck der Verlustfeststellung
Verluste, die nicht innerhalb des Veranlagungszeitraums ausgeglichen werden können, werden vom Finanzamt am Schluss des Veranlagungszeitraums gesondert festgestellt. Ziel ist es, die verbleibenden Verluste transparent und rechtssicher für zukünftige Verrechnungen zu dokumentieren. Der Verlust wird in einem eigenständigen Verlustfeststellungsbescheid ausgewiesen, der unabhängig vom Einkommensteuerbescheid angefochten werden kann.
Beispiel
Ein Unternehmen erlitt im Veranlagungszeitraum 01 einen Verlust von 100.000 Euro. Dieser Verlust konnte innerhalb des Jahres nicht vollständig mit positiven Einkünften verrechnet werden. Am Ende des Veranlagungszeitraums 01 wird daher der noch ungenutzte Teil des Verlustes, sagen wir 40.000 Euro, als verbleibender Verlustvortrag nach § 10d Abs. 4 EStG separat festgestellt. Die Frist für diese Feststellung endet erst mit Ablauf der Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum 01.
Frist für die Verlustfeststellung
Die Feststellungsfrist für den Verlustvortrag ist mit der Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer gekoppelt. Sie endet nicht vor Ablauf der Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum, in dem der verbleibende Verlust festgestellt wurde (§ 10d Abs. 4 Satz 6 EStG)
Zusammenfassung
Die gesonderte Verlustfeststellung nach § 10d Abs. 4 EStG stellt sicher, dass nicht verrechnete Verluste rechtlich verbindlich für zukünftige Veranlagungszeiträume dokumentiert werden. Sie dient der Wahrung der steuerlichen Ansprüche der Steuerpflichtigen und bietet Flexibilität für die Verlustverrechnung in späteren Jahren. Die Kopplung der Feststellungsfrist an die Festsetzungsfrist des zugrunde liegenden Veranlagungszeitraums gewährleistet, dass ungenutzte Verluste nicht unberücksichtigt bleiben.
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