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Aufgrund mehrerer Entscheidungen des europäischen Gerichtshofes im Zusammenhang mit der Niederlassungsfreiheit, ist es ausländischen (Kapital-)Gesellschaften nun möglich, ihren Sitz nach Deutschland zu verlagern. In der Vergangenheit wurde insbesondere die englische Limited als kostengünstige und einfacher zu gründende Alternative zur deutschen GmbH beworben, was sich allerdings mit dem Brexit und den hiermit verbundenen Problemen gewandelt hat.
Zunehmend wird auch über weitere Gesellschaftsformen auf unionsrechtlicher Ebene und deren Regelung nachgedacht. Daher ist das Gesellschaftsrecht stark im Wandel, was seinen Ursprung sowohl auf nationaler und auch internationaler Ebene hat. Durch die zunehmende Globalisierung wird es auch weiterhin Bestrebungen geben, das Gesellschaftsrecht international auf eine einheitlich bzw. vergleichbare Ebene zu heben.
Europäische Aktiengesellschaft (SE)
Das SE-Einführungsgesetz trat 2004 in Deutschland in Kraft. Da es zahlreiche Regelungs- und Wahlrechte für nationale Gesetzgeber gab, wurde auch ein Ausführungsgesetz zur SE-VO verabschiedet.
Diese Verordnung besteht im Wesentlichen aus zwei Einzelgesetzen: dem SEAG und dem SEBG.
Die SE ist eine Gesellschaft, deren Kapital in Aktien zerlegt ist. Aktionäre haften nur bis zur Höhe des von ihnen gezeichneten Kapitals. Das gezeichnete Kapital einer SE muss dabei mindestens 120.000 € betragen und besitzt Rechtspersönlichkeit.
Spezielle steuerrechtliche Regelungen sind in den Gesetzen nicht gesondert geregelt, sodass auf die allgemeinen steuerrechtlichen Regeln zurückgegriffen wird. Eine SE mit Sitz in Deutschland ist also als eine Kapitalgesellschaft im Sinne des § 1 I Nr. 1 KStG anzusehen und zu behandeln. Sie ist somit unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig und unterliegt der Gewerbesteuer nach § 2 I GewStG.
Europäische Genossenschaft (SCE)
Auf EU-Ebene gab es mehrere Pläne zur Einführung einheitlicher Gesellschaftsformen. Zunächst war die Einführung einer europäischen Privatgesellschaft geplant (SPE oder auch „Europa-GmbH“ genannt). Allerdings scheiterten diese Pläne aufgrund von Widerständen und Uneinigkeiten der Mitgliedsstaaten und ein entsprechender Entwurf wurde 2013 wieder zurückgezogen.
Als Alternative zur SPE stellte die Kommission 2014 die Idee von Einpersonengesellschaften vor (Societas Unius Personae, SUP). Diese Gesellschaften sollten keine supranationale Rechtsform für Einpersonengesellschaften darstellen, sondern auf nationalem Gesellschaftsrecht aufbauen. Jedoch wurde auch dieser Vorschlag durch die Kommission 2018 wieder zurückgenommen.
Limited
Nach der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes müssen EU-Auslandsgesellschaften mit einem Verwaltungssitz in Deutschland als Gesellschaften ausländischen Rechts anerkannt werden, was selbst dann gilt, wenn sie in ihrem Gründungsstaat keinerlei Geschäftstätigkeit aufnehmen. Als Voraussetzung wird lediglich verlangt, dass der Gründungsstaat zulässt, dass der Satzungs- und Verwaltungssitz auseinanderfallen dürfen. So ist es zum Beispiel nach englischem Recht erlaubt, dass eine sogenannte Limited (Ltd.) mit Satzungssitz in London ihren Verwaltungssitz in Deutschland begründen kann.
Die englische Ltd. hat im Gegensatz zu einer deutschen GmbH einige rechtliche Vor- aber mittlerweile auch erhebliche Nachteile. Dies ist auch dem Brexit geschuldet. Wie sich diese rechtlichen Änderungen auswirken werden, ist noch abzuwarten.
Im Folgenden sollen einige ausgewählte Punkte näher betrachtet werden.
- Die Gründung einer Limited ist mit weniger Kosten und Aufwand verbunden als bei einer deutschen GmbH. Sie kann schnell gegründet werden (von Gründung bis zur Eintragung ins Handelsregister dauert es ca. 14 Tage) und eine notarielle Beurkundung ist nicht notwendig.
- Die Haftung der Ltd. ist wie bei der GmbH auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt. Die Gesellschafter und Directors einer Ltd. unterliegen allerdings einer verschärften Haftung und sind eher einer Haftung mit dem Privatvermögen (Durchgriffshaftung) ausgesetzt. Bisher haben diese Haftungsproblematiken allerdings wenig Praxisrelevanz gezeigt.
- Ist die Limited ausschließlich in Deutschland tätig, ist sie unbeschränkt körperschaftssteuerpflichtig gem. § 1 Nr. 1 KStG, da sie wie eine Kapitalgesellschaft im Sinne des deutschen Körperschaftssteuerrechts zu behandeln ist. Daneben fallen auch noch die Gewerbesteuer und Umsatzsteuer an (Spezialzuständigkeit nach § 27 AO beachten). Im Vergleich zu einer GmbH bestehen jedenfalls in steuerrechtlicher Hinsicht keine Unterschiede. Dies gilt auch für Anteilseigner, da die ausgeschütteten Gewinne als Einkommen aus Kapitalvermögen zu versteuern sind.
- Zu bedenken sind auch die laufenden Verwaltungskosten sowie potenzielle Folgekosten. Bei einer Limited sind die Kosten für einen Secretary als zwingendes Organ, die Kosten für ein refistered office sowie die Kosten für den doppelten Abschluss nach UK-GAAP bzw. seit 2005 auch IFRS/IAS einerseits und für die deutsche Steuerbilanz andererseits, einzuplanen Zudem sollten Rechtsberatungskosten für die Klärung gesellschaftsrechtlicher Fragen nach englischem Recht eingeplant werden.
Hinweis
Abzuwarten ist noch, was durch den Brexit auf lange Sicht mit den Ltd.s passieren wird. Da Großbritannien durch den Austritt aus der EU kein Mitgliedsstaat mehr ist, hat dies insbesondere Auswirkungen auf die Gründungstheorie und den entsprechenden Sitz des Unternehmens. Auswirkungen hat dies vor allem auf die Haftung der Gesellschafter.
Es sind bereits das vierte Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes mit Wirkung zum 01.01.2019 und das Gesetz über steuerliche Begleitregelungen zum Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union (Brexit-Steuerbegleitgesetz) mit Wirkung vom 19.03.2019 in Kraft getreten.
Diese sollen die steuerrechtlichen Folgen des Brexits abmildern und ggf. für einen geordneten Wechsel in inländische Gesellschaftsformen mit beschränkter Haftung ermöglichen.