Wann eine Person „nahe stehend“ i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 1 AStG ist, wird in § 1 Abs. 2 AStG definiert. Eine nahestehen liegt demnach in vier Konstellationen vor:
Konstellation 1a (§ 1 Abs. 2 Nr. 1a AStG):
Die Person ist an dem Steuerpflichtigen oder der Steuerpflichtige ist an der Person,
- zu mindestens einem Viertel unmittelbar oder mittelbar,
- am gezeichneten Kapital, den Mitgliedschaftsrechten, den Beteiligungsrechten, den Stimmrechten oder dem Gesellschaftsvermögen (wesentlich) beteiligt.
Beispiel
Die in Deutschland ansässige A GmbH hält 100% der Anteile an einer niederländischen B.V. Diese ist nach den allgemeinen Regelungen in den Niederlanden ansässig.
Konstellation 1b (§ 1 Abs. 2 Nr. 1b AStG):
Die Person hat
- gegenüber dem Steuerpflichtigen oder der Steuerpflichtige gegenüber dieser Person,
- Anspruch auf mindestens ein Viertel des Gewinns oder Liquidationserlöses.
Beispiel
Die A GmbH hält 10% der Anteile an der in den Niederlanden ansässigen B B.V. 5% der Anteile sind sog. Preferred Shares aus der sich ein höherer Anspruch im Zuge der Verteilung eines Liquidationserlöses ergibt. Insgesamt stehen der A GmbH 27% des Liquidationserlöses zu.
Konstellation 2 (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 AStG):
Die Person kann
- auf den Steuerpflichtigen oder der Steuerpflichtige auf diese Person,
- unmittelbar oder mittelbar,
- Beherrschenden Einfluss ausüben kann.
Beispiel
Zwischen der in Deutschland ansässige A GmbH und der niederländischen B.V. besteht ein Beherrschungsvertrag.
Hinweis
Zwischen den verschiedenen Konstellationen des § 1 Abs. 2 AStG gibt es durchaus Überschneidungen. Für Zwecke des § 1 AStG reicht es aus, wenn eine der Voraussetzungen erfüllt ist.
Konstellation 3a (§ 1 Abs. 2 Nr. 3a AStG):
Eine dritte Person ist,
- sowohl an der Person
- als auch an dem Steuerpflichtigen,
- wesentlich beteiligt ist.
Beispiel
Die in Frankreich ansässige X GmbH hält 100% der Anteile an der in Deutschland ansässigen A GmbH und der in den Niederlanden ansässigen B B.V. Zwischen der A GmbH und der B B.V. bestehen geschäftliche Beziehung.
Konstellation 3b (§ 1 Abs. 2 Nr. 3b AStG):
Eine dritte Person ist,
- sowohl gegenüber der Person
- als auch gegenüber dem Steuerpflichtigen,
- Anspruch auf mindestens ein Viertel des Gewinns oder des Liquidationserlöses.
Beispiel
Die in Frankreich ansässige X GmbH hält 10% der Anteile an der in Deutschland ansässigen A GmbH und der in den Niederlanden ansässigen B B.V. Zwischen der A GmbH und der B B.V. bestehen geschäftliche Beziehungen. 5% der Anteile sind sog. Preferred Shares aus denen sich ein höherer Anspruch im Zuge der Verteilung des Liquidationserlöses ergibt. Insgesamt stehen der X GmbH 27% des Liquidationserlöses an der A GmbH als auch an der B B.V. zu.
Konstellation 3c (§ 1 Abs. 2 Nr. 3c AStG):
Eine dritte Person kann,
- auf die Person als auch den Steuerpflichtigen,
- unmittelbar oder mittelbar,
- beherrschenden Einfluss ausüben.
Beispiel
Die in Frankreich ansässige X GmbH hält Anteile an der in Deutschland ansässigen A GmbH und der in den Niederlanden ansässigen B B.V. Zwischen der A GmbH und der B B.V. bestehen geschäftliche Beziehungen. Sowohl zwischen der X GmbH und der A GmbH als auch zwischen der X GmbH und der B B.V. besteht ein Beherrschungsvertrag.
Konstellation 4 (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 AStG):
Die Person oder der Steuerpflichtige ist imstande,
- bei der Vereinbarung der Bedingung einer Geschäftsbeziehung
- auf den Steuerpflichtigen oder die Person,
- einen außerhalb dieser Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss auszuüben (typische Fälle sind familiäre oder persönliche Beziehungen zwischen den beteiligten Personen, Marktbindungsverträge, Vereinbarungen zum Ausschluss der Konkurrenz sowie
- Vertriebsbindungen, Rahmenvereinbarungen oder Sukzessivlieferungsverträge) oder
- wenn einer von ihnen ein eigenes Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen hat.
Das nachstehende Lernvideo gibt noch einmal einen Überblick über § 1 Abs. 2 AStG.