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BGB (Mündliche Prüfung) - Stellvertretung

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Nicht jede Willenserklärung muss höchstpersönlich durch eine der Vertragsparteien abgegeben werden. Es gibt im Grundsatz zwei Varianten, wie eine Willenserklärung von einer anderen Person als einer der Vertragsparteien überbracht bzw. abgegeben werden kann.

Der Bote

Zum einen kann eine fremde Willenserklärung durch einen Boten übermittelt werden. Der Bote hat bezüglich der übermittelten Willenserklärung keinen eigenen Rechtsbindungswillen und greift nicht aktiv in die Vertragsverhandlungen ein. Ein Bote muss für eine wirksame Übermittlung einer Willenserklärung nicht geschäftsfähig sein. Der Bote selbst gibt nämlich keine eigene Willenserklärung ab.

Ein bekannter Merksatz lautet: „Und ist das Kindlein noch so klein, so kann es dennoch Bote sein“.

Beispiel

Der fünfjährige L hat von seinem Vater 2 Euro erhalten und soll beim Bäcker von diesem Geld ein Stück Schwarzwälderkirschtorte kaufen. Der L geht in die Bäckerei und tut genau das, was ihm sein Vater aufgetragen hat. 

Der Stellvertreter

Zum anderen kann eine andere Person als Stellvertreter für eine der Vertragsparteien eingeschaltet werden. Ein Vertreter handelt mit dem eigenen Willen, eine Willenserklärung in fremden Namen abzugeben und muss somit mindestens beschränkt geschäftsfähig sein (§ 165 BGB).

Beispiel

Der Inhaber eines großen Elektronikfachmarktes kann nicht alle seine Kunden selbst bedienen. Daher beauftragt er seine Angestellten, für ihn tätig zu werden und Kaufverträge in seinem Namen mit den Kunden abzuschließen.

Hinweis

Die Voraussetzungen für eine wirksame Stellvertretung werden in den §§ 164 -181 BGB geregelt. Lesen Sie sich diese aufmerksam durch.

Eine Stellvertretung ist grundsätzlich bei allen Willenserklärungen möglich, außer bei sogenannten höchstpersönlichen Rechtsgeschäften, wie z.B. der Eheschließung (§ 1311 Abs. 1 BGB).

Eine wirksame Stellvertretung setzt immer voraus, dass sie zulässig ist, der Vertreter eine eigene Willenserklärung in fremden Namen abgibt und dies auch offenkundig macht. Ausnahmen bestehen hierfür lediglich bei Geschäften des alltäglichen Lebens.

Beispiel

B schickt M in den Supermarkt, um eine Packung Milch zu kaufen. Da die Gegenleistung sofort erbracht wird, ist es dem Geschäftspartner egal, mit wem er den Vertrag schließt.

Der Vertreter benötigt gemäß § 164 Abs. 1 BGB grundsätzlich eine sogenannte Vertretungsmacht, die ihm vom Vertretenen eingeräumt wird oder kraft Gesetzes besteht. Die Vertretungsmacht, die dem Vertreter vom Vertretenen (durch Rechtsgeschäft) eingeräumt wird, kann auch als Vollmacht bezeichnet werden (vgl. § 166 Abs. 2 BGB). Beispiele hierfür sind die Bevollmächtigungen eines Steuerberaters oder Anwalts durch einen Mandanten. Eine Vollmacht wird regelmäßig durch ein einseitiges Rechtsgeschäft in Form einer empfangsbedürftigen Willenserklärung erteilt. Sie kann sowohl durch Erklärung gegenüber dem Vertreter als auch durch Erklärung gegenüber dem Dritten erfolgen, dem gegenüber die Vertretung stattfinden soll. Bei Erklärung gegenüber dem Vertreter spricht man von Innen-, bei Erklärung gegenüber dem Dritten spricht man von Außenvollmacht.

Auch aus dem Gesetz kann sich die Vertretungsmacht eines Vertreters ergeben. Es besteht zum Beispiel eine gesetzliche Vertretungsmacht der Eltern für ihre Kinder gem. §§ 1626, 1629 BGB. Daneben besteht eine gesetzliche Vertretungsmacht für die Ehegatten untereinander aus § 1357 BGB. Auch der Geschäftsführer einer GmbH ist beispielsweise dessen gesetzlicher Vertreter (§ 35 Abs. 1 GmbHG).

Der Umfang und der Inhalt der Vollmacht, also der rechtsgeschäftlich erteilten Vertretungsmacht, ergeben sich i.d.R. aus einer Vollmachtsurkunde. Eine Vollmachtserteilung kann aber grundsätzlich auch mündlich erfolgen und ist nicht formgebunden. Allerdings empfiehlt es sich aus Beweisgründen, eine Vollmacht schriftlich niederzulegen.

Vertiefung

Ausnahme von der Formfreiheit der Vollmachtserteilung

Gem. § 167 Abs. 2 BGB ist die Erteilung einer Vollmacht grundsätzlich formfrei möglich, auch wenn das Vertretergeschäft einer bestimmten Form bedarf, für das die Vollmacht erteilt wurde. Die Rechtsprechung verlangt jedoch abweichend hiervon eine dem Vertretungsgeschäft entsprechende Form bei Bürgschaftserklärungen sowie bei unwiderruflich erteilten Vollmachten zur Veräußerung eines Grundstücks. Hintergrund ist auch hier die Warn- und Schutzfunktion der Formerfordernisse, die anderenfalls unterlaufen werden könnten.

Es gibt allerdings auch Vollmachten, die zwar rechtsgeschäftlich erteilt werden, deren Inhalt und Umfang sich jedoch aus dem Gesetz ergeben, wie z.B. die Prokura (§ 49 HGB).

Daneben gibt es auch Fälle, in denen sich die Vertretungsmacht aufgrund eines Rechtsscheins ergibt. Der Rechtsschein kann z.B. auf einer Vollmachtsurkunde (§ 172 BGB) oder auf einer Kundgabe (§ 171 BGB) oder einer
nicht gegenüber dem Geschäftspartner widerrufenen Außenvollmacht (§ 170 BGB) beruhen.

Auch hiervon sind allerdings nicht alle Konstellationen erfasst. Daher gibt es auch noch die sog. Anscheinsvollmacht und sog. Duldungsvollmacht. 

Eine Anscheinsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene das Handeln seines angeblichen Vertreters zwar nicht kennt, er es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können.BGH, 11. Mai 2011 - VIII ZR 289/09, Tz. 16 Der Geschäftsgegner darf annehmen, dass der Vertretene das Handeln des Vertreters billigt, wenn das Verhalten des Vertretenen von gewisser Dauer und Häufigkeit ist.BGH, 13. Juli 1977 - VIII ZR 243/75

Eine Duldungsvollmacht wird angenommen, wenn der Vertretene weiß, dass jemand (der "Vertreter") für ihn rechtsgeschäftlich tätig wird, er aber nichts dagegen unternimmt, obgleich ihm das möglich und zumutbar wäre.

In diesen Fällen hat der Vertretene aus Treu und Glauben gem. § 242 BGB die Obliegenheit, dem Verhalten zu widersprechen. Erfolgt dies nicht, handelt es sich beim Schweigen ausnahmsweise um eine konkludente Willenserklärung. Erforderlich ist ferner, dass der Dritte nicht weiß, dass der Vertreter nicht für den Vertretenen auftreten darf und er dies auch bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) nicht hätte erkennen können. 

Vertreter ohne Vertretungsmacht

Es gibt im Rahmen der Vollmachtserteilung aber auch die Möglichkeit, dass jemand ohne Vertretungsmacht eine Willenserklärung im Namen eines anderen abgibt oder die Grenzen der erteilten Vollmacht überschreitet:

Beispiel

Der Azubi bestellt im Namen des Chefs neue Schreibtische für alle Mitarbeiter, obwohl er hierfür weder einen Auftrag noch eine Vollmacht vom Chef erteilt bekommen hat. A handelt hier also als Vertreter ohne Vertretungsmacht.

Welche Auswirkungen eine ohne Vertretungsmacht abgegebene Willenserklärung entfaltet, hängt davon ab, ob es sich um ein einseitiges oder ein zweiseitiges Rechtsgeschäft handelt.

Bei einseitigen Rechtsgeschäften führt dies in der Regel zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts, § 180 BGB.

Bei zwei- oder mehrseitigen Rechtsgeschäften wie z.B. Verträgen hängt die Wirksamkeit des jeweiligen Geschäfts davon ab, ob der Vertretene dies nachträglich genehmigt, § 177 Abs. 1 BGB. Bis zur Genehmigung bzw. deren Ablehnung ist das Geschäft schwebend unwirksam. Erteilt der Vertretene die Genehmigung nicht, haftet der Vertreter gemäß § 179 BGB und macht sich unter Umständen schadenersatzpflichtig.

Merke

Die Regelungen zum Vertreter ohne Vertretungsmacht ähneln denjenigen Regelungen zu Rechtsgeschäften, die von beschränkt Geschäftsfähigen existieren. Zum besseren Verständnis und Lernen lohnt sich daher ein vergleichender Blick zurück.

Zur Vertretung ohne Vertretungsmacht schauen wir uns ein Lernvideo an: