Inhaltsverzeichnis
- AfA unbeweglicher Wirtschaftsgüter
- AfA von Immobilien
- Definition Gebäude
- Abgrenzung zu beweglichen Wirtschaftsgütern
- Wirtschaftliche Einheit und unselbstständige Gebäudeteile
- Selbstständige Gebäudeteile
- Grundsatz der Einzelbewertung
- Besonderheiten
- Einordnung der Gebäudearten gemäß R 7.2 EStR
- Wirtschaftsgebäude
- Einordnung von sonstigen Gebäuden gemäß R 7.2 EStR
- Abschreibungsarten für Immobilien
- Gebäude-AfA nach typisierten Abschreibungssätzen oder tatsächlicher Nutzungsdauer
- Zeitpunkt des Bauantrags oder Vertragsabschlusses
- Lineare Abschreibung (§ 7 Abs. 4 EStG)
- Degressive Abschreibung (§ 7 Abs. 5 und Abs. 5a EStG)
- Sonderabschreibung (§ 7b EStG)
- Erhöhte Abschreibung (§ 7h und § 7i EStG)
- Außergewöhnliche Abschreibung (§ 7 Abs. 1, Abs. 4 S. 3 EStG; R 7.4 Abs. 11 EStR)
- Abschreibung nach tatsächlicher Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 4 S. 2 EStG)
- Die lineare AfA nach § 7 Abs. 4 EStG
- Anwendung der linearen Abschreibung bei Gebäuden
- Individuelle Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG)
- Besondere Anwendungsfälle
- Die degressive Gebäudeabschreibung gemäß § 7 Abs. 5 EStG
- Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der degressiven AfA
- AfA-Sätze und Staffelungen
- Wahlrecht zwischen linearer und degressiver AfA
- Besonderheiten der degressiven Gebäudeabschreibung
- Die degressive Gebäudeabschreibung gemäß § 7 Abs. 5a EStG
- Voraussetzungen für die Anwendung
- Wechsel der AfA-Methode bei Gebäuden
- Abschreibung von Immobilien bei Privatentnahme
- AfA-Bemessungsgrundlage nach der Entnahme
- Zusammenfassung und Hinweise
- Abschreibung von Immobilien bei Privateinlage
- Bewertung mit dem Teilwert und Bilanzansatz
- Zusammenfassung
- Besonderheiten bei der Ermitltung der Bemessungsgrundlage
- Bemessungsgrundlage bei Entnahme und Einlage von Gebäuden
- Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA)
- Nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten
AfA unbeweglicher Wirtschaftsgüter
Unbewegliche Wirtschaftsgüter, wie Gebäude oder Außenanlagen, unterliegen spezifischen Regelungen zur Absetzung für Abnutzung. Gemäß § 7 Abs. 4 EStG erfolgt die AfA bei Gebäuden grundsätzlich linear, d. h., die Anschaffungs- oder Herstellungskosten werden gleichmäßig auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer verteilt. Die Nutzungsdauer richtet sich nach den amtlichen AfA-Tabellen, die eine Orientierung zur Abschreibungszeit für verschiedene Gebäudetypen geben.
Für Außenanlagen, die selbständige, abnutzbare Wirtschaftsgüter darstellen, wie beispielsweise Hofbefestigungen oder Umzäunungen, gilt ebenfalls die lineare Abschreibung nach § 7 Abs. 1 EStG. Diese Wirtschaftsgüter werden gesondert behandelt, da sie nicht im einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit einem Gebäude stehen.
Beispiel
Ein Unternehmen errichtet ein Betriebsgebäude mit Anschaffungskosten von 1.200.000 EUR. Nach den amtlichen AfA-Tabellen beträgt die Nutzungsdauer für ein betrieblich genutztes Gebäude 33 Jahre. Die jährliche AfA beläuft sich daher auf 36.363,64 EUR (1.200.000 EUR ÷ 33 Jahre).
Zusätzlich wird eine Hofbefestigung für das Betriebsgrundstück errichtet, die 50.000 EUR kostet. Diese Außenanlage wird ebenfalls linear abgeschrieben, wobei die Nutzungsdauer gemäß AfA-Tabellen 10 Jahre beträgt. Die jährliche AfA beträgt in diesem Fall 5.000 EUR (50.000 EUR ÷ 10 Jahre).
AfA von Immobilien
Die Abschreibung von Gebäuden unterliegt besonderen Regelungen, die von der steuerlichen Behandlung anderer Wirtschaftsgüter abweichen. Anders als bei beweglichen Wirtschaftsgütern wird die AfA bei Gebäuden nicht nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer bemessen, sondern anhand fester Prozentsätze gemäß § 7 Abs. 4 EStG (lineare AfA) oder § 7 Abs. 5 und Abs. 5a EStG (degressive AfA). Diese Festlegung gilt unabhängig davon, ob die tatsächliche Nutzungsdauer von der typisierten abweicht. Eine Ausnahme bildet die Möglichkeit, eine kürzere Nutzungsdauer nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG nachzuweisen, etwa durch ein Gutachten.
Definition Gebäude
Ein Gebäude wird definiert als ein Bauwerk, das auf eigenem oder fremdem Grund und Boden errichtet ist, durch räumliche Umschließung Schutz vor äußeren Einflüssen bietet, den Aufenthalt von Menschen ermöglicht, fest mit dem Boden verbunden ist und von dauerhafter Beständigkeit sowie Standfestigkeit ist (R 7.1 Abs. 5 Satz 2 EStR).
Abgrenzung zu beweglichen Wirtschaftsgütern
Bewegliche Wirtschaftsgüter umfassen Maschinen, maschinelle Anlagen und Betriebsvorrichtungen, selbst wenn diese wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind (R 7.1 Abs. 3 Satz 2 EStR). Hierbei ist nicht die physische Beweglichkeit entscheidend, sondern die steuerliche Einordnung. Beispielsweise bleibt eine fest einbetonierte Maschine steuerlich ein bewegliches Wirtschaftsgut.
Zivilrechtlich kann es sich dennoch um wesentliche Bestandteile eines Grundstücks handeln (§ 94 BGB), während steuerlich die Abgrenzung zum Gebäude maßgeblich ist.
Wirtschaftliche Einheit und unselbstständige Gebäudeteile
Gebäude, die einheitlich genutzt werden, gelten steuerlich als ein Wirtschaftsgut. Dies umfasst auch unselbstständige Gebäudeteile, die in einem engen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Hauptgebäude stehen. Beispiele hierfür sind Beleuchtungsanlagen, Aufzüge oder Schwimmbäder in Hotels (R 4.2 Abs. 5 EStR; H 4.2 Abs. 5 EStH). Solche Gebäudeteile werden gemeinsam mit dem Gebäude abgeschrieben, eine separate AfA ist ausgeschlossen (R 7.1 Abs. 1 EStR; H 7.1 [Gebäudeteile] EStH).
Selbstständige Gebäudeteile
Gebäudeteile, die nicht in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Hauptgebäude stehen, gelten als selbstständige Wirtschaftsgüter (§ 7 Abs. 1 oder Abs. 4 EStG). Beispiele hierfür sind:
- Betriebsvorrichtungen: Diese gelten als bewegliche Wirtschaftsgüter, auch wenn sie wesentlicher Bestandteil des Gebäudes sind (§ 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG).
- Scheinbestandteile: Vorübergehend eingefügte Anlagen wie Ladeneinbauten oder Schaufensteranlagen (§ 95 BGB).
- Gebäudeteile mit unterschiedlicher Nutzung: Etwa Teile, die eigenbetrieblich, fremdbetrieblich oder zu Wohnzwecken genutzt werden (R 4.2 Abs. 4 EStR).
Grundsatz der Einzelbewertung
Selbstständige Gebäudeteile müssen getrennt bilanziert und bewertet werden. Unterschiedliche AfA-Sätze und -Methoden können erforderlich sein (R 7.4 Abs. 6 Satz 2 EStR).
Besonderheiten
- Planmäßige Abschreibungen erfolgen nur für Gebäude im Anlagevermögen, nicht jedoch bei Gebäuden im Umlaufvermögen (BFH-Urteil vom 26.02.2001, BFH/NV 2002, 16).
- Abweichungen bei der Abschreibung von Garagen oder Betriebsvorrichtungen sind zu beachten (BFH-Urteil vom 10.10.2017, X R I/16, BStBl II 2018, 181).
Einordnung der Gebäudearten gemäß R 7.2 EStR
Um die zutreffende Abschreibungsmethode für ein Gebäude oder einen Gebäudeteil anzuwenden, ist eine präzise Einordnung der Nutzung erforderlich. Dabei unterscheidet R 7.2 EStR zwischen verschiedenen Kategorien von Gebäuden, deren steuerliche Behandlung von der jeweiligen Nutzung abhängt:
Wirtschaftsgebäude
Wirtschaftsgebäude sind Gebäude, die sich im Betriebsvermögen befinden und nicht zu Wohnzwecken genutzt werden.
Beispiel
Ställe, Scheunen, Lagerhallen oder andere Gebäude, die direkt für betriebliche oder land- und forstwirtschaftliche Zwecke genutzt werden.
Diese Einordnung ist entscheidend, da die Nutzung maßgeblich die Höhe des AfA-Satzes und die steuerliche Behandlung beeinflusst.
Einordnung von sonstigen Gebäuden gemäß R 7.2 EStR
Sonstige Gebäude oder Gebäudeteile umfassen Bauwerke, deren Nutzung nicht als Wirtschaftsgebäude einzuordnen ist. Sie können sich sowohl im Betriebsvermögen als auch im Privatvermögen befinden. Ihre spezifische Einordnung hängt von der Nutzung ab:
Kriterien für sonstige Gebäude(-teile):
- Im Betriebsvermögen oder Privatvermögen: Verwendung zu Wohnzwecken.
- Im Privatvermögen
- Verwendung zu eigenbetrieblichen Zwecken, sofern der Wert des Gebäudes untergeordnet ist (gemäß § 8 EStDV).
- Verwendung zu fremden betrieblichen Zwecken, z. B. Vermietung an ein fremdes Unternehmen.
Begriff der „Wohnzwecke“
Für die Einordnung in die korrekte AfA-Vorschrift ist die Definition der Wohnzwecke entscheidend. Folgende Punkte fallen darunter:
- Wohnungen allgemein:Definition und Umfang gemäß R 7.2 Abs. 2 EStR.
- Gemischte Nutzung von Räumen:Räume werden der überwiegenden Nutzung zugeordnet (R 7.2 Abs. 3 Satz 1 EStR).
- Wohnungen, die aus betrieblichen Gründen an Arbeitnehmer überlassen werden: Werkswohnungen (R 7.2 Abs. 1 Satz 2 EStR; H 4.2 Abs. 7 „Vermietung an Arbeitnehmer“ EStH).
Abschreibungsarten für Immobilien
Die Abschreibung von Immobilien dient dazu, den Wertverlust einer Immobilie steuerlich zu berücksichtigen. Dieser Wertverlust entsteht durch die Nutzung über einen bestimmten Zeitraum, der durch eine festgelegte Nutzungsdauer definiert wird. Ziel der Abschreibung ist es, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten einer Immobilie auf die Nutzungsjahre zu verteilen und dadurch die Steuerlast des Eigentümers zu reduzieren.
Die gesetzliche Grundlage für die Abschreibung von Immobilien findet sich in § 7 des Einkommensteuergesetzes.
Hinweis
Grundsätzlich gilt die Abschreibung für vermietete Immobilien, da diese zur Einkünfteerzielung genutzt werden. Selbstgenutzte Immobilien sind von der Abschreibung ausgenommen, mit Ausnahme bestimmter Förderungen, etwa bei denkmalgeschützten Gebäuden oder Immobilien in Sanierungsgebieten.
Gebäude-AfA nach typisierten Abschreibungssätzen oder tatsächlicher Nutzungsdauer
Die Abschreibung erfolgt nach festen Sätzen, die unabhängig von der tatsächlichen Nutzungsdauer gelten. Entscheidend sind hierbei:
- Die Nutzung des Gebäudes (z. B. Wirtschaftsgebäude, Wohnzwecke).
- Der Zeitpunkt des Bauantrags oder des obligatorischen Kaufvertrags.
- Tatsächliche Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG): Eine Abweichung von den typisierten Sätzen ist nur möglich, wenn eine kürzere Nutzungsdauer nachgewiesen wird. Dieser Nachweis erfordert in der Regel ein Gutachten eines Sachverständigen (BMF-Schreiben vom 22.02.2023, BStBl I 2023, 332).
Zeitpunkt des Bauantrags oder Vertragsabschlusses
Der Zeitpunkt des Bauantrags ist maßgeblich, um festzustellen, welche Abschreibungsvorschriften angewendet werden können.
- Definition Bauantrag: Gilt als gestellt, wenn er bei der zuständigen Behörde eingegangen ist (Eingangsstempel, R 7.2 Abs. 4 EStR).
- Der Zeitpunkt eines obligatorischen Kaufvertrags ist der Tag, an dem der Vertrag notariell beurkundet wurde (R 7.2 Abs. 5 EStR).
Besondere Regelungen, wie die Anwendung der degressiven Gebäude-AfA (§ 7 Abs. 5 EStG), setzen häufig voraus, dass der AfA-Berechtigte selbst „Bauherr“ ist.
Lineare Abschreibung (§ 7 Abs. 4 EStG)
Die lineare Abschreibung ist die gängigste Methode zur steuerlichen Berücksichtigung des Wertverlusts von Immobilien. Sie ist sowohl für Neubauten als auch für gebrauchte Immobilien anwendbar. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten einer Immobilie werden dabei gleichmäßig über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer verteilt.
Typische Abschreibungssätze
Die Höhe der linearen Abschreibung richtet sich nach dem Baujahr bzw. dem Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes:
- 2 % p.a.: Für Gebäude mit Fertigstellung nach dem 31.12.1924 (50 Jahre Nutzungsdauer).
- 2,5 % p.a.: Für Gebäude mit Fertigstellung vor dem 01.01.1925 (40 Jahre Nutzungsdauer).
- 3 % p.a.: Für Gebäude mit Fertigstellung nach dem 31.12.2022 (33 Jahre Nutzungsdauer).
Hinweis
Besondere Regelung bei kürzerer Nutzungsdauer: In Ausnahmefällen kann eine kürzere Nutzungsdauer angesetzt werden, sofern diese durch ein Gutachten eines zertifizierten Sachverständigen nachgewiesen wird. Dies ist beispielsweise bei leichter Bauweise oder erheblichen Gebäudeschäden möglich. Eine kürzere Nutzungsdauer führt zu höheren jährlichen Abschreibungsbeträgen, da die verbleibenden Kosten schneller steuerlich geltend gemacht werden können.
Degressive Abschreibung (§ 7 Abs. 5 und Abs. 5a EStG)
- Ermöglicht in den ersten Jahren höhere Abschreibungsbeträge, die sich mit der Zeit verringern.
- Aktuell wieder eingeführt für Gebäude mit Bauanträgen oder Kaufverträgen zwischen 01.10.2023 und 30.09.2029.
Sonderabschreibung (§ 7b EStG)
- Zusätzliche Abschreibung neben der regulären linearen AfA.
- Förderungsziel: Unterstützung des Mietwohnungsneubaus.
- Abschreibungssatz: Bis zu 5 % jährlich für 4 Jahre zusätzlich zur linearen AfA (§ 7 Abs. 4 EStG).
- Zeitraum: Bauanträge/Bauanzeigen zwischen31.08.2018 - 01.01.2022 und zwischen dem 31.12.2022 und 01.10.2029.
- Voraussetzungen:Herstellung neuer Wohnungen, die bisher nicht vorhanden waren.
- Wohnung muss 10 Jahre der entgeltlichen Wohnnutzung dienen.
- Gilt für Neubauten von Mietwohngebäuden.
Die folgende Übersicht veranschaulicht das Zusammenspiel zwischen der Sonderabschreibung nach § 7b EStG und der regulären Abschreibung nach § 7 Abs. 4 EStG. Sie zeigt die relevanten Prüfungsschritte und deren Abfolge, um die korrekte Anwendung der Abschreibungsmöglichkeiten bei begünstigten Mietwohnneubauten nachvollziehbar und visuell verständlich darzustellen.
Erhöhte Abschreibung (§ 7h und § 7i EStG)
- Gilt für besondere Gebäudearten:
- § 7h EStG: Gebäude in Sanierungsgebieten oder städtebaulichen Entwicklungsgebieten.
- § 7i EStG: Denkmalgeschützte Gebäude.
- Ziel: Förderung von Sanierungs- und Erhaltungsmaßnahmen.
- Abschreibung erfolgt anstelle der regulären AfA.
Außergewöhnliche Abschreibung (§ 7 Abs. 1, Abs. 4 S. 3 EStG; R 7.4 Abs. 11 EStR)
- Anwendbar bei außergewöhnlichen Wertverlusten durch Ereignisse wie Schäden, Katastrophen oder Nutzungsänderungen.
- Abschreibung erfolgt nach tatsächlicher Wertminderung.
Abschreibung nach tatsächlicher Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 4 S. 2 EStG)
- Individuelle Abschreibung, wenn nachweisbar ist, dass die tatsächliche Nutzungsdauer kürzer ist als die typisierte Nutzungsdauer.
Hinweis
Die Gebäudeabschreibung nach § 7 EStG ist ein zentraler Bestandteil des Steuerrechts, der die Anwendung typisierter AfA-Sätze mit der Möglichkeit kombiniert, unter bestimmten Voraussetzungen eine tatsächliche Nutzungsdauer anzusetzen. Für die Klausur ist es entscheidend, die relevanten Regelungen zu kennen und sicher anwenden zu können. Dies umfasst die Prüfung des Bauantragszeitpunkts oder des Vertragsabschlusses sowie die richtige Einordnung der Gebäudenutzung.
Damit Sie in der Klausur die richtige Vorschrift abrufen können, müssen Sie neben den typisierten Regelungen auch die zusätzlichen Anforderungen und Ausnahmeregelungen, wie den Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer durch ein Gutachten, sicher beherrschen. Eine präzise Dokumentation und die Einordnung der jeweiligen Gebäudenutzung sind dabei unerlässlich.
Die lineare AfA nach § 7 Abs. 4 EStG
Die lineare Abschreibung ist die gängigste Methode zur steuerlichen Berücksichtigung des Wertverlusts von Gebäuden. Dabei werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Gebäudes gleichmäßig über dessen Nutzungsdauer verteilt (§ 7 Abs. 4 Satz 1 EStG). Dies bedeutet, dass jährlich ein konstanter Betrag abgeschrieben wird, um den Wertverlust steuerlich geltend zu machen.
Anwendung der linearen Abschreibung bei Gebäuden
Die lineare Abschreibung ist sowohl für gebrauchte Immobilien als auch für Neubauten anwendbar. Entscheidend sind der Zeitpunkt der Fertigstellung und die Nutzung des Gebäudes. Je nach Baujahr gelten folgende typisierte Abschreibungssätze:
- 3 % pro Jahr (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG):
Für Gebäude, die nach dem 31.12.2022 fertiggestellt wurden, mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 33 Jahren. - 2 % pro Jahr (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG):
Für Gebäude, die nach dem 31.12.1924 und vor dem 01.01.2023 fertiggestellt wurden, mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 50 Jahren. - 2,5 % pro Jahr (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG):
Für Gebäude, die vor dem 01.01.1925 fertiggestellt wurden, mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 40 Jahren. - 3 % pro Jahr (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG):
Für Wirtschaftsgebäude, deren Bauantrag nach dem 31.12.2000 gestellt wurde. Für ältere Bauanträge galt zuvor ein Satz von 4 %, der nach § 52 Abs. 15 Satz 2 EStG angepasst wurde.
Die lineare Abschreibung bietet eine einfache und transparente Möglichkeit, den Wertverlust eines Gebäudes steuerlich zu berücksichtigen. Je nach Baujahr und Nutzung gelten spezifische AfA-Sätze, die präzise angewendet werden müssen. In Ausnahmefällen kann eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer angesetzt werden, was eine zusätzliche Flexibilität bei der steuerlichen Berücksichtigung ermöglicht.
Individuelle Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG)
Die typisierte Nutzungsdauer bildet in der Regel die Grundlage für die Abschreibung von Gebäuden. Doch es gibt Fälle, in denen die tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes kürzer ist als die typisierte. In solchen Situationen ermöglicht § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG den Ansatz einer individuell ermittelten Nutzungsdauer. Dies bietet Steuerpflichtigen die Möglichkeit, höhere jährliche Abschreibungsbeträge anzusetzen und so den tatsächlichen Wertverlust des Gebäudes realistischer abzubilden.
Anwendungsvoraussetzungen
Um die individuelle Nutzungsdauer nutzen zu können, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
- Nachweis der Nutzungsdauer: Der Steuerpflichtige muss glaubhaft machen, dass die tatsächliche Nutzungsdauer kürzer ist als die typisierte. Dies geschieht in der Regel durch ein Gutachten eines zertifizierten Sachverständigen (§ 11c Abs. 1 Satz 1 EStDV).
- Besondere Umstände
- Gebäude in leichter Bauweise.
- Erhebliche Schäden, etwa durch Naturereignisse oder Abnutzung.
- Erforderliche Dokumentation: Ergänzende Nachweise (z. B. das Gutachten) sind notwendig, um die steuerliche Anerkennung der kürzeren Nutzungsdauer sicherzustellen (BMF-Schreiben vom 22.02.2023, BStBl I 2023, 332).
Besondere Anwendungsfälle
Neben der allgemeinen Anwendung bei kürzerer tatsächlicher Nutzungsdauer gibt es weitere besondere Fälle:
- Abbruch eines Gebäudes: Die Anwendung der individuellen Nutzungsdauer ist auch bei bevorstehendem Gebäudeabbruch möglich. Voraussetzung ist, dass die Abbruchvorbereitungen so weit fortgeschritten sind, dass eine weitere Nutzung praktisch ausgeschlossen ist (H 7.4 „Nutzungsdauer“ EStH).
- Restnutzungsdauer: Wenn sich ein Gebäude in einer Phase der stark eingeschränkten Nutzung befindet, beispielsweise vor der endgültigen Stilllegung, kann die Restnutzungsdauer ebenfalls herangezogen werden.
Beispiel
Berechnung des jährlichen Abschreibungsbetrags
Der jährliche Abschreibungsbetrag wird berechnet, indem die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes durch die festgelegte Nutzungsdauer geteilt werden (§ 7 Abs. 4 Satz 3 EStG). Ein Gebäude wird für 300.000 € errichtet und hat eine Nutzungsdauer von 50 Jahren.
Berechnung: 300.000 € ÷ 50 Jahre = 6.000 € pro Jahr.
Bei einer tatsächlichen Nutzungsdauer von 20 Jahren (nachgewiesen durch Gutachten)
Berechnung: 300.000 € ÷ 20 Jahre = 15.000 € pro Jahr.
Beispiel
Die Einzelunternehmerin B errichtet im Jahr 04 eine neue, eigenbetrieblich genutzte Lagerhalle aus Leichtbauweise. Laut einem Gutachten beträgt die tatsächliche Nutzungsdauer der Lagerhalle nur 15 Jahre. Die Herstellungskosten belaufen sich auf 150.000 €, und die Fertigstellung erfolgt Anfang September 02. Der Bauantrag wurde im Jahr 02 gestellt.
Ermittlung der jährlichen AfA bei tatsächlicher Nutzungsdauer
Die Lagerhalle ist notwendiges Betriebsvermögen (§ 246 Abs. 1 Satz 1 HGB, R 4.2 Abs. 7 Satz 1 EStR). Die tatsächliche Nutzungsdauer von 15 Jahren (entspricht 6,67 %) ist kürzer als die typisierte Nutzungsdauer von 33 Jahren (3 % AfA gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG). Die Anwendung der Gebäude-AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG ist daher zulässig.
Berechnung: 150.000 € ÷ 15 Jahre = 10.000 € pro Jahr. Berechnung der AfA für das Wirtschaftsjahr 04 (Rumpfwirtschaftsjahr): Fertigstellung im September 04. Es werden 4 Monate (September bis Dezember) berücksichtigt (§ 7 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 4 EStG). 150.000 € × 6,67 % × 4/12 = 3.333 €.
Die degressive Gebäudeabschreibung gemäß § 7 Abs. 5 EStG
Die degressive Gebäudeabschreibung stellt eine Abschreibungsmethode dar, bei der die jährlichen Abschreibungsbeträge in den ersten Jahren höher ausfallen und sich im Laufe der Nutzungsdauer reduzieren. Diese Methode dient insbesondere der steuerlichen Förderung bestimmter Neubauten und der frühzeitigen Refinanzierung von Investitionskosten.
Hinweis
Der § 7 Abs. 5 EStG, der die degressive Gebäudeabschreibung regelt, wird in seiner ursprünglichen Form seit dem 1. Januar 2006 nicht mehr angewendet. Dies wurde durch das Gesetz zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm vom 22. Dezember 2005 (BGBl I 2005, 3682) beschlossen.
Ab diesem Zeitpunkt konnte die degressive Gebäude-AfA nur noch für Gebäude genutzt werden, die auf Grund eines vor dem 1. Januar 2006 gestellten Bauantrags oder eines vor diesem Datum rechtswirksam abgeschlossenen Vertrags errichtet oder angeschafft wurden.
- Ablauf der allgemeinen Anwendung von § 7 Abs. 5 EStG: Ab dem 1. Januar 2006 für neue Bauanträge und Verträge.
- Anwendung weiterhin möglich für Altfälle: Gebäude mit Bauanträgen oder Verträgen vor dem 1. Januar 2006.
Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der degressiven AfA
Die Anwendung der degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG ist an bestimmte zeitliche, räumliche und persönliche Voraussetzungen geknüpft:
- Gebäudeart
- Die degressive AfA ist ausschließlich für Neubauten zulässig (H 7.4 „Neubau“ EStH).
- Berechtigte Personen
- Bauherr oder Erwerber, sofern das Gebäude bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft wurde.
- Der Hersteller darf keine degressive AfA oder erhöhte Abschreibung in Anspruch genommen haben (§ 7 Abs. 5 Satz 2 EStG).
- Lage des Gebäudes
- Das Gebäude muss im Inland oder in einem Mitgliedstaat der EU/EWR gelegen sein (§ 7 Abs. 5 Satz 1 EStG).
- Zeitliche Voraussetzungen
- Die Regelungen der degressiven AfA gelten nur für Bauanträge oder Vertragsabschlüsse innerhalb der gesetzlich festgelegten Zeiträume.
AfA-Sätze und Staffelungen
Die Abschreibungssätze der degressiven Gebäude-AfA richten sich nach der Nutzung des Gebäudes und dem Zeitpunkt des Bauantrags bzw. Vertragsabschlusses. Typische Staffelungen gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 EStG:
- Wirtschaftsgebäude (z. B. Lagerhallen)
- Bauantrag nach dem 31.03.1985 und vor dem 01.01.1994:Abschreibungssatz: 4 % p.a. für 25 Jahre.
- Bauantrag nach dem 31.12.2000:Abschreibungssatz: 3 % p.a. für 33 Jahre (§ 52 Abs. 15 Satz 2 EStG).
- Sonstige Gebäude (keine Wohnzwecke)
- Bauantrag vor dem 01.01.1995:Abschreibungssatz: 2 % p.a. für 50 Jahre (§ 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG).
- Mietwohngebäude
- Bauantrag zwischen dem 01.03.1989 und dem 31.12.2003:
- 8 Jahre: 5 % p.a.
- 6 Jahre: 2,5 % p.a.
- 36 Jahre: 1,25 % p.a.
- Bauantrag zwischen dem 01.03.1989 und dem 31.12.2003:
Wahlrecht zwischen linearer und degressiver AfA
Steuerpflichtige können zwischen der linearen Abschreibung nach § 7 Abs. 4 EStG und der degressiven Abschreibung nach § 7 Abs. 5 EStG wählen, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen für beide Methoden erfüllt sind. Ein Wechsel von der degressiven zur linearen Methode ist jedoch nicht zulässig (H 7.4 „Wechsel der AfA-Methode“ EStH).
Besonderheiten der degressiven Gebäudeabschreibung
Die degressive Gebäudeabschreibung unterscheidet sich in mehreren Punkten von der linearen AfA. Diese Besonderheiten sollten bei der Anwendung berücksichtigt werden.
- Keine zeitanteilige Abschreibung im Fertigstellungsjahr
Ein zentrales Merkmal der degressiven AfA ist, dass im Jahr der Fertigstellung die volle Jahresabschreibung gewährt wird, unabhängig davon, in welchem Monat die Fertigstellung erfolgt ist (§ 7 Abs. 5 Satz 3 EStG).
Beispiel
Ein Mietwohngebäude wird im Dezember des Wirtschaftsjahres fertiggestellt. Trotz der späten Fertigstellung im Jahr kann der volle Abschreibungsbetrag für das gesamte Jahr geltend gemacht werden. Diese Regelung hebt sich von der linearen AfA ab, bei der im Jahr der Anschaffung oder Herstellung die Abschreibung nur zeitanteilig gewährt wird (§ 7 Abs. 4 Satz 3 EStG).
- Anwendung der Staffelsätze
Die degressive AfA basiert auf gesetzlich festgelegten Staffelsätzen, die je nach Bauantrag oder Vertragsdatum sowie der Nutzung des Gebäudes variieren (§ 7 Abs. 5 Satz 1 EStG).
Steuerpflichtige sind verpflichtet, die Abschreibungen exakt nach den vorgegebenen Staffelsätzen vorzunehmen. Abweichungen, wie die Nutzung niedrigerer oder abweichender Sätze, sind nicht zulässig (R 7.4 Abs. 4 Satz 2 EStR).
- Restwert nach Ablauf der degressiven Abschreibung
Nach Ablauf der degressiven Abschreibungsdauer verbleibt in der Regel ein Restbuchwert. Dieser wird anschließend linear nach § 7 Abs. 4 EStG abgeschrieben.
Beispiel
Ein Gebäude mit einer 50-jährigen Nutzungsdauer wird für die ersten 8 Jahre mit 5 % p.a. abgeschrieben, für die nächsten 6 Jahre mit 2,5 % p.a. und für die verbleibenden 36 Jahre mit 1,25 % p.a.
Die degressive Gebäudeabschreibung gemäß § 7 Abs. 5a EStG
Mit der Einführung des § 7 Abs. 5a EStG hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, Wohngebäude degressiv abzuschreiben. Diese Regelung wurde im Rahmen des Wachstumschancengesetzes eingeführt und dient der Förderung von Investitionen im Wohnungsbau. Im Gegensatz zur linearen Abschreibung ermöglicht die degressive Methode höhere Abschreibungsbeträge in den ersten Jahren der Nutzung und trägt damit zur schnelleren Refinanzierung bei.
Voraussetzungen für die Anwendung
Die degressive Abschreibung gemäß § 7 Abs. 5a EStG kann unter folgenden Voraussetzungen in Anspruch genommen werden:
- Anwendungsbereich: Die Regelung gilt ausschließlich für Wohngebäude, die zu Wohnzwecken genutzt werden.
- Neubauten: Die degressive AfA kann nur für Neubauten angewendet werden.
- Zeitliche Einschränkung: Der Baubeginn muss zwischen dem 1. Oktober 2023 und dem 1. Oktober 2029 liegen. Der Baubeginn ist durch die nach Landesrecht erforderliche Baubeginnsanzeige nachzuweisen (§ 7 Abs. 5a Satz 2 EStG).
- Regionale Einschränkung: Das Gebäude muss in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) belegen sein.
- Höhe der degressiven Abschreibung: Der Abschreibungssatz beträgt das 2,5-fache der linearen AfA (§ 7 Abs. 4 EStG). Der maximale Abschreibungssatz liegt bei 25 % (§ 7 Abs. 5a Satz 1 EStG).
Beispiel
Ein Bauherr beginnt am 15. November 2023 mit der Errichtung eines Wohngebäudes. Die Herstellungskosten betragen 1.000.000 €.
Lineare Abschreibung: 3 % p.a. (gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG, 33 Jahre Nutzungsdauer).
Degressiver Satz: 2,5 × 3 % = 7,5 % p.a.
Berechnung der degressiven Abschreibung:
1. Jahr: 1.000.000 € × 7,5 % = 75.000 €
2. Jahr: Restwert (1.000.000 € - 75.000 €) × 7,5 % = 69.375 €
3. Jahr: Restwert (924.375 € - 69.375 €) × 7,5 % = 63.281 €
Die Abschreibungsbeträge verringern sich jährlich entsprechend des Restbuchwerts.
Hinweis
- Kombination mit anderen Abschreibungsmethoden: Die degressive AfA kann zusätzlich zur Sonderabschreibung nach § 7b EStG genutzt werden, sofern die Voraussetzungen beider Regelungen erfüllt sind.
- Flexibilität: Ein Wechsel von der degressiven AfA zur linearen Abschreibung (§ 7 Abs. 4 EStG) ist nicht möglich (siehe auch: H 7.4 „Wechsel der AfA-Methode bei Gebäuden“ EStH).
Wechsel der AfA-Methode bei Gebäuden
Ein Wechsel der Abschreibungsmethode bei Gebäuden ist erforderlich, wenn sich die Voraussetzungen für die Anwendung einer bestimmten Abschreibungsvorschrift ändern. Dies betrifft insbesondere die Übergänge zwischen unterschiedlichen Nutzungsarten oder die Änderung der Nutzung eines Gebäudes. Die gesetzlichen Regelungen hierzu finden sich in § 7 Abs. 4 Satz 1 und § 7 Abs. 5 EStG und H 7.4 „Wechsel der AfA-Methode bei Gebäuden“ EStH.
Gründe für den Wechsel der AfA-Methode
Ein Wechsel der AfA-Methode ist gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und § 7 Abs. 5 EStG vorzunehmen, wenn:
- Erfüllung der Voraussetzungen nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG: Ein Gebäude erfüllt erstmals die Voraussetzungen für eine lineare Abschreibung nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG in einem Jahr nach der Anschaffung oder Herstellung.
- Wegfall der Voraussetzungen nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG: Ein Gebäude erfüllt die Voraussetzungen der linearen Abschreibung nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht mehr in einem Jahr nach der Anschaffung oder Herstellung.
- Änderung der Nutzung eines Mietwohnneubaus: Ein nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG abgeschriebener Mietwohnneubau wird nicht mehr zu Wohnzwecken genutzt.
Bemessung der weiteren AfA
Die weitere Abschreibung nach einem Wechsel der AfA-Methode erfolgt wie folgt:
- Fall 1 (Erfüllung der Voraussetzungen): Die Abschreibung ist nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG vorzunehmen (lineare Abschreibung für Gebäude, die nicht Wohnzwecken dienen).
- Fall 2 und Fall 3 (Wegfall der Voraussetzungen oder geänderte Nutzung): Die Abschreibung erfolgt nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG (lineare Abschreibung für Wohngebäude).
Beispiel
Ein Mietwohngebäude wurde nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG degressiv abgeschrieben. Im dritten Jahr nach der Fertigstellung wird das Gebäude nicht mehr zu Wohnzwecken, sondern eigenbetrieblich genutzt.
Wechsel der AfA-Methode: Die weitere Abschreibung erfolgt nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG.
Beispiel
Ein Lagergebäude wird im Jahr der Anschaffung eigenbetrieblich genutzt und erfüllt die Voraussetzungen des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG. Im zweiten Jahr wird es in ein Wohngebäude umgewandelt und vermietet.
Wechsel der AfA-Methode: Die weitere Abschreibung erfolgt nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG.
Abschreibung von Immobilien bei Privatentnahme
Bei der Abschreibung von Immobilien bei Privatentnahmen gelten besondere Regelungen. Wenn ein Gebäude aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen überführt (entnommen) wird, ist der Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) bzw. der gemeine Wert (§ 16 Abs. 3 Satz 7 EStG) zum Zeitpunkt der Entnahme die Bemessungsgrundlage für die weitere Abschreibung. Dies ergibt sich insbesondere aus R 7.3 Abs. 6 Satz 1 EStR.
Die Privatentnahme führt grundsätzlich zu einer Gewinnerhöhung in Höhe der stillen Reserven, also der Differenz zwischen Buchwert und Teilwert/gemeinem Wert. Dieser Entnahmegewinn ist steuerpflichtig und in der Gewinnermittlung des Veranlagungszeitraums anzusetzen, in dem die Entnahme stattfindet.
Beispiel
AfA-Bemessungsgrundlage nach der Entnahme
Für die weitere Abschreibung im Privatvermögen ist nun der Teilwert/gemeine Wert (2.100.000 €) zum Zeitpunkt der Entnahme die maßgebliche AfA-Bemessungsgrundlage.
Prozentsatz für die AfA
- Liegt die künftige Nutzungsdauer bei mindestens 50 Jahren, kommt der lineare AfA-Satz von 2 % nach § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG zur Anwendung (sofern es sich um ein Gebäude handelt, das nach dem 31.12.1924 fertiggestellt wurde).
- Ist die Nutzungsdauer kürzer als 50 Jahre, kommt ein entsprechend höherer AfA-Satz nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG zum Ansatz (vgl. auch R 7.4 Abs. 10 Satz 1 Nr. 1 EStR).
Nachweis der künftigen Nutzungsdauer
- Üblicherweise wird, sofern keine konkreten Gründe für eine kürzere Restnutzungsdauer vorliegen, die Regel-Nutzungsdauer von 50 Jahren unterstellt.
- In strittigen Fällen kann das Finanzamt den Nachweis einer kürzeren oder längeren Nutzungsdauer verlangen (z. B. durch ein Gutachten).
Einkunftserzielungsabsicht im Privatvermögen
- Die AfA kann im Privatvermögen nur in Anspruch genommen werden, wenn das Objekt dort zur Erzielung von Einkünften (z. B. Vermietung und Verpachtung) genutzt wird.
- Bei rein eigengenutzten Objekten ohne Einnahmeerzielung entfällt ein AfA-Abzug.
Fortführung des Beispiels nach Entnahme
- Neue AfA-Bemessungsgrundlage: 2.100.000 €
- Lineare AfA (2 %) = 42.000 € pro Jahr
Anschaffungskosten | 2.000.000 € |
AfA 2 % über zehn Jahre | 400.000 € |
Buchwert bei Entnahme | 1.600.000 € |
Teilwert bei Entnahme | 2.100.000 € |
Entnahmegewinn | 500.000 € |
Abschreibung ab Entnahmezeitpunkt: | |
Bemessungsgrundlage | 2.100.000 € |
2% hiervon | 42.000 € |
Zusammenfassung und Hinweise
- Durch die Privatentnahme wird ein steuerpflichtiger Entnahmegewinn (Unterschied zwischen Buchwert und Teilwert) realisiert.
- Als neue Bemessungsgrundlage für die künftige AfA gilt der Teilwert (gemeine Wert) zum Zeitpunkt der Entnahme.
- Der anwendbare AfA-Satz richtet sich nach der verbleibenden Restnutzungsdauer.
- Ein tatsächlicher AfA-Abzug kommt im Privatvermögen nur in Betracht, wenn eine Einkunftserzielungsabsicht vorliegt (z. B. Vermietung).
Abschreibung von Immobilien bei Privateinlage
Wenn ein Gebäude aus dem Privatvermögen in das Betriebsvermögen überführt, also eingelegt wird (Privateinlage), so müssen zunächst die ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten um die bis zum Zeitpunkt der Einlage aufgelaufenen Absetzungen für Abnutzung oder Absetzungen für Substanzverringerung, Sonderabschreibungen oder erhöhte Absetzungen vermindert werden.
Erst dies bildet dann die Bemessungsgrundlage für die weiteren AfA (§ 7 Abs. 1 Satz 5 EStG).
Beispiel
Die jährliche Absetzung für Abnutzung beträgt in den Jahren, in welchen das Haus noch zum Privatvermögen gehört, 2 % von 3.000.000, also 60.000 €. Da sich das Gebäude neun Jahre lang im Privatvermögen befindet, werden daher 9∙60.000 = 540.000 € abgeschrieben, der Restbuchwert liegt am 31.12. des Jahres 09 bei 2.460.000 €.
Bewertung mit dem Teilwert und Bilanzansatz
Bei der Einlage am 1.1. des Jahres 10 ist das Gebäude in der Steuerbilanz mit seinem Teilwert von 3.500.000 € zu bewerten. Trotzdem bilden die Anschaffungskosten abzgl. der bisher vorgenommenen Absetzungen die Bemessungsgrundlage für die weiteren AfA, mithin also 3.000.000 – 9∙60.000 = 2.460.000 €. Die AfA beträgt deswegen 2 % von diesem Restbuchwert, also 49.200 €.
Der Bilanzansatz am 31.12. des Jahres 10 beträgt also 3.500.000 - 49.200 = 3.450.800 €.
Merke
- Teilwertabschreibungen oder
- Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzungen
Zusammenfassung
- Fortgeführte AK/HK als AfA-Grundlage
Bei Einlage eines Gebäudes in das Betriebsvermögen werden grundsätzlich die fortgeführten Anschaffungs-/Herstellungskosten (nach Abzug aller bisher vorgenommenen Abschreibungen) als Bemessungsgrundlage für die künftigen AfA zugrunde gelegt. - Teilwert in der Steuerbilanz
Das Gebäude ist in der Steuerbilanz mit dem Teilwert zu bewerten (wenn dieser höher ist), die AfA-Bemessungsgrundlage bleibt aber bei den fortgeführten AK/HK. - Keine gewöhnliche AfA für Mehrbetrag
Der Mehrbetrag (hier: 1.040.000 €) zwischen Teilwert und fortgeführten AK/HK wird nur in Ausnahmesituationen durch Teilwertabschreibungen oder AfaA abgeschrieben, nicht jedoch planmäßig.
Besonderheiten bei der Ermitltung der Bemessungsgrundlage
Hinweis
Dieses Themenfeld wurde bereits in einem vorangegangenen Kapitel eingehender diskutiert. An dieser Stelle erfolgt eine kurze Zusammenfassung, um die wesentlichen Besonderheiten bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nochmals zu verdeutlichen.
Bemessungsgrundlage bei Entnahme und Einlage von Gebäuden
Entnahme eines Gebäudes aus dem Betriebs- in das Privatvermögen
Wird ein Gebäude aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen überführt (Entnahme), so gelten besondere Regelungen hinsichtlich der Bemessungsgrundlage für die weitere Abschreibung (AfA).
- Hinweis: Vgl. H 7.3 „Überführung in das Privatvermögen“ EStH.
Nach einer solchen Entnahme ist die weitere AfA lediglich nach § 7 Abs. 4 Satz 1 oder Satz 2 EStG (lineare AfA nach typisierter oder nach tatsächlich nachgewiesener Nutzungsdauer) zulässig. Degressive AfA entfällt grundsätzlich.
- Rechtsgrundlage: R 7.4 Abs. 10 Satz 1 Nr. 1 EStR.
Ausnahmen bestehen insbesondere, wenn das Gebäude noch im Jahr der Fertigstellung entnommen wurde. In solchen Fällen kann unter bestimmten Voraussetzungen die degressive AfA nach § 7 Abs. 5 EStG (weiter) beansprucht werden.
Beispiel
Wurde im Betriebsvermögen degressive AfA in Anspruch genommen und erfolgt die Entnahme bereits im Jahr der Fertigstellung, so kann die degressive AfA für die Zeit im Privatvermögen ab dem Folgejahr zulässig sein (vgl. H 7.4 „Entnahme eines Gebäudes“ EStH.)
Einlage eines Gebäudes aus dem Privat- in das Betriebsvermögen
Wird ein Gebäude in das Betriebsvermögen eingelegt, ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG grundsätzlich der Teilwert im Zeitpunkt der Einlage anzusetzen. Dabei sind folgende Besonderheiten zu beachten:
Kein Ansatz der historischen Anschaffungskosten für den Schenker
Wurde das Wirtschaftsgut (Gebäude) dem Steuerpflichtigen aus privatem Anlass geschenkt und hat der Schenker dieses Wirtschaftsgut innerhalb der letzten drei Jahre vor der Schenkung angeschafft, hergestellt oder entnommen, kommt bei Einzelrechtsnachfolge § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 EStG nicht zur Anwendung. Es ist trotzdem mit dem Teilwert in das Betriebsvermögen einzulegen.
Rechtsgrundlage: H 6.12 „Teilwert“ Sp. 2 EStH.
Art der AfA nach Einlage
Nach einer Einlage ist die weitere AfA ebenfalls nur noch nach § 7 Abs. 4 Satz 1 oder Satz 2 EStG zulässig (lineare AfA nach typisierter oder nach tatsächlicher nachgewiesener Nutzungsdauer). Eine vor der Einlage eventuell mögliche degressive AfA ist nicht weiterzuführen (vgl. R 7.4 Abs. 10 Satz 1 Nr. 1 EStR).
Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA)
Eine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) nach § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG ist bei Gebäuden bei der linearen als auch bei der degressiven Abschreibung zulässig (R 7.4 Abs. 11 Satz 2 EStR). Sollte der Grund für eine AfaA nachträglich wegfallen, so ist eine entsprechende Zuschreibung vorzunehmen (§ 7 Abs. 1 Satz 7 EStG). Hierbei handelt es sich um das Wertaufholungsgebot. Wenn nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten anfallen sollten, so ist folgendermaßen vorzugehen.
Nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten
Sollten an einem Gebäude nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten anfallen, ist bei der Ermittlung der jährlichen Abschreibung wie folgt vorzugehen:
Ermittlung des Bilanzansatzes
Expertentipp
1. Ermittle die nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten
2. Wie hoch waren die ursprünglichen (= historischen) Anschaffungs- oder Herstellungskosten?
3. Berechne die Summe aus beiden Positionen.
4. Ermittle den relevanten Abschreibungsprozentsatz.
5. Multipliziere diesen Prozentsatz mit dem Betrag aus 3.
II. Bilanzansatz Anfang des fraglichen Jahres
1. Addiere die nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten
2. zu den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten
III. Bilanzansatz Ende des fraglichen Jahres
1. Subtrahiere die Abschreibung aus I.4
2. von dem Bilanzansatz aus II.2
Beispiel
Die planmäßige Abschreibung des Jahres 09 berechnet sich wie folgt:
historische AK | 300.000 € |
nachträgliche Herstellungskosten | 150.000 € |
neue Bemessungsgrundlage | 450.000 € |
reguläre AfA für 09 | |
in Höhe von 2 % hiervon | 9.000 € |
Zusammenfassung
- Entnahme aus dem Betriebsvermögen ins Privatvermögen oder Einlage aus dem Privatvermögen ins Betriebsvermögen kann je nach Fall Teilwert oder fortgeführte Anschaffungskosten als Bewertungsansatz erfordern.
- Keine Fortführung einer vor der Entnahme/Einlage degressiven AfA für Gebäude; ab Zeitpunkt von Entnahme oder Einlage ist nur noch die lineare AfA nach § 7 Abs. 4 EStG zulässig (vgl. R 7.4 Abs. 10 Satz 1 Nr. 1 EStR).
- AfaA (§ 7 Abs. 1 Satz 7 EStG) ist auch nach Entnahme/Einlage möglich. Fällt der Grund hierfür weg, kommt das Wertaufholungsgebot zur Anwendung.
- Bei nachträglichen AK/HK wird die Bemessungsgrundlage neu festgesetzt und die AfA entsprechend angepasst.