Inhaltsverzeichnis
- Betriebsvermögen bei Personengesellschaften
- Arten von Personengesellschaften
- Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative
- Überblick über die Personengesellschaften
- Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)/ BGB-Gesellschaft
- Offene Handelsgesellschaft (OHG)
- Kommanditgesellschaft (KG)
- Spezialfall: Die GmbH & Co. KG
- Partnerschaftsgesellschaft
- Typische und atypische stille Gesellschaft
- Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter
- Sonderbetriebsvermögen bei Personengesellschaften
- Nutzung von Grundstücken im Gesamthandsvermögen
- Sonderbetriebsvermögen I und II
- Bilanzierungskonkurrenzen bei Mitunternehmerschaften
Betriebsvermögen bei Personengesellschaften
Hinweis
Der folgende Abschnitt zu den Arten von Personengesellschaften dient dazu, das Thema Betriebsvermögen bei Personengesellschaften einzuleiten. Er bietet eine kurze Auffrischung der grundlegenden Gesellschaftsformen und ihrer Besonderheiten, um den spezifischen Bezug zum Betriebsvermögen besser zu verstehen. Dieser Abschnitt erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und soll lediglich die zentralen Aspekte in Erinnerung rufen, die für das Verständnis der weiteren Ausführungen notwendig sind. Eine detaillierte Behandlung des Themas Mitunternehmerschaft erfolgt im Skriptteil zur Einkommensteuer.
Das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft unterscheidet sich in seiner Struktur und Handhabung grundlegend von dem eines Einzelunternehmens. Während bei Einzelunternehmen alle betrieblichen Wirtschaftsgüter direkt dem Betriebsvermögen zugeordnet werden, erfolgt bei Personengesellschaften eine Unterscheidung zwischen dem Gesamthandsvermögen und dem Sonderbetriebsvermögen. Diese Differenzierung ist entscheidend für die Bilanzierung und steuerliche Gewinnermittlung.
Das Gesamthandsvermögen umfasst alle Wirtschaftsgüter, die gemeinschaftlich im Eigentum der Gesellschaft stehen und für betriebliche Zwecke genutzt werden. Im Gegensatz dazu bezeichnet das Sonderbetriebsvermögen Wirtschaftsgüter, die einem einzelnen Gesellschafter gehören, jedoch unmittelbar für betriebliche Zwecke der Gesellschaft eingesetzt werden. Diese Aufteilung ist besonders relevant, da sie direkte Auswirkungen auf die steuerlichen Verpflichtungen der Gesellschafter hat.
Darüber hinaus können Bilanzierungskonflikte entstehen, wenn Wirtschaftsgüter sowohl von der Personengesellschaft als auch von einem Gesellschafter für dessen eigenbetrieblichen Zwecke genutzt werden. In diesen Fällen ist genau zu prüfen, wo das Wirtschaftsgut bilanziert wird, um eine korrekte und steuerrechtlich einwandfreie Zuordnung sicherzustellen.
Arten von Personengesellschaften
Eine Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Unternehmer (= Mitunternehmer) anzusehen sind, nennt man eine Mitunternehmerschaft (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG).
Das Steuersubjekt für die Einkommensteuer ist nicht die Gesellschaft, sondern lediglich der einzelne Gesellschafter. Er ist Mitunternehmer, weil er in der Regel am Gewinn und Verlust als auch an den stillen Reserven beteiligt ist. Ein Mitunternehmer
- trägt Mitunternehmerrisiko und
- zeigt Mitunternehmerinitiative.
Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative
Mitunternehmerrisiko bedeutet, dass der Steuerpflichtige den Betrieb zumindest teilweise auf seine Rechnung und Gefahr mitführt, am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt ist und regelmäßig am Vermögen als auch an den stillen Reserven.
Mitunternehmerinitiative hingegen bedeutet, dass der Betrieb durch den Mitunternehmer mitgestaltet wird, so etwa durch Ausübung von Stimmrechten oder der Geschäftsführung.
Merke
Überblick über die Personengesellschaften
Folgende Arten von Personengesellschaften existieren:
- Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR),
- Offene Handelsgesellschaft (OHG),
- Kommanditgesellschaft (KG),
- Partnerschaftsgesellschaft und
- stille Gesellschaft.
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)/ BGB-Gesellschaft
Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (= BGB-Gesellschaft = GbR) bildet einen Zusammenschluss von Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts dient besonders als Rechtsform für Zusammenschlüsse kleinerer Gewerbebetriebe, welche einen nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht benötigen. Auch Freiberufler schließen sich häufig in der Rechtsform der GbR zusammen, sofern sie nicht eine Partnerschaftsgesellschaft gründen.
Offene Handelsgesellschaft (OHG)
Bei der offenen Handelsgesellschaft (OHG) haftet jeder Gesellschafter unbeschränkt mit seinem gesamten Privatvermögen. Die OHG kann unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, sie lebt von der persönlichen Mitwirkung ihrer Gesellschafter.
Kommanditgesellschaft (KG)
Die Kommanditgesellschaft (KG) ist ein Zusammenschluss eines oder mehrerer Komplementäre und eines oder mehrerer Kommanditisten. Ihr Zweck ist der Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma. Der Komplementär haftet unbeschränkt für die Gesellschaftsschulden, ein Kommanditist haftet lediglich in Höhe seiner Einlage. Der Kommanditist ist deswegen auch von der Leitung der Gesellschaft ausgeschlossen, der Komplementär leitet die Gesellschaft.
Expertentipp
Spezialfall: Die GmbH & Co. KG
Einen Spezialfall der KG stellt die GmbH & Co. KG dar. Hierbei ist der persönlich haftende Komplementär eine Kapitalgesellschaft, nämlich die GmbH. Mehrere Kommanditisten sind dann in dem Zusatz "& Co." vereinigt.
Expertentipp
Beispiel
Die Haftung der GmbH ist bei der KG zunächst unbeschränkt. Dies bedeutet aber lediglich, dass die GmbH mit ihrem gesamten Vermögen haftet. Sie haftet also mit 500.000 € Betriebsvermögen. Die eigentlichen Gesellschafter der KG, nämlich Dieter, Kerstin und Renate, haften allerdings bei der GmbH nur in Höhe ihrer Einlage von 100.000 €. Zusätzlich haften Kerstin und Renate mit 500 €, nämlich ihrer Kommanditeinlage.
Partnerschaftsgesellschaft
Die Partnerschaftsgesellschaft wiederum ist ausschließlich Freiberuflern vorbehalten. Die Partner haften gesamtschuldnerisch für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft.
Typische und atypische stille Gesellschaft
Bei der stillen Gesellschaft beteiligt sich eine Person am Geschäft eines anderen. Die Einlage des stillen Gesellschafters geht in das Vermögen des Geschäftsinhabers über, es wird hierbei allerdings kein gemeinsames Vermögen gebildet. Der stille Gesellschafter ist am Gewinn und gegebenenfalls auch am Verlust beteiligt. Gegenüber Dritten tritt nur der Geschäftsinhaber in Erscheinung, so dass der stille Gesellschafter nicht gegenüber Dritten haftet, der Geschäftsinhaber allerdings sehr wohl.
Die stille Gesellschaft existiert als
- atypisch stille Gesellschaft und als
- typisch stille Gesellschaft.
Nur im Falle der atypisch stillen Gesellschaft ist sie auch eine Mitunternehmerschaft. Die Gesellschaft ist atypisch still, wenn der (atypisch) stille Gesellschafter nicht nur am Gewinn und Verlust, sondern auch an den stillen Reserven des Unternehmens beteiligt ist. Wenn er also schuldrechtlich so gestellt ist wie ein Kommanditist einer Kommanditgesellschaft, so ist er ein atypisch stiller Gesellschafter. Wenn er hingegen ein typisch stiller Gesellschafter ist, also nicht an den stillen Reserven des Unternehmens beteiligt, so hat er keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern lediglich aus Kapitalvermögen.
Expertentipp
- Die atypisch stille Gesellschaft beteiligt ihre Gesellschafter am Gewinn und Verlust als auch an den stillen Reserven. Der atypisch stille Gesellschafter erhält Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die atypisch stille Gesellschaft ist Mitunternehmerschaft.
- Die typisch stille Gesellschaft beteiligt ihre Gesellschafter hingegen zwar am Gewinn und Verlust, nicht jedoch an den stillen Reserven. Der typisch stille Gesellschafter erhält Einkünfte aus Kapitalvermögen.
Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter
Die Gesamtheit aller Wirtschaftsgüter, welche in die steuerliche Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich einzubeziehen sind, bilden das Betriebsvermögen der Personengesellschaft (= Mitunternehmerschaft). Zum Betriebsvermögen der Persongesellschaft zählen daher
- das Gesamthandvermögen der Personengesellschaft und
- die Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter.
Zivilrechtlich sind Personenhandelsgesellschaften wie OHG, KG, GmbH & Co.KG soweit den
Kapitalgesellschaften angenähert, als sie „unter ihrer Firma“ unter anderem Eigentum erwerben
können, siehe hierzu §§ 123 ff. und 161 Abs. 2 HGB. Das erworbene Eigentum wird Gesellschaftsvermögen in Form von Gesamthandsvermögen nach § 105 Abs. 3 HGB in Verbindung mit §§ 718, 719 BGB für die OHG beziehungsweise für die KG über § 161 Abs. 2 HGB. Alles, was sich im Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft befindet - die eine Mitunternehmerschaft ist, also Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG bezieht, stellt somit Betriebsvermögen dar. Da die Gesellschaft im Gegensatz zu einer natürlichen Person keinen Privatbereich haben kann, scheidet handelsrechtlich Privatvermögen aus.
Steuerrechtlich führt der Grundsatz der Maßgeblichkeit gemäß § 5 Abs. 1 EStG dazu, dass das
Gesamthandsvermögen grundsätzlich notwendiges Betriebsvermögen ist. Gewillkürtes
Betriebsvermögen ist somit auch steuerlich nicht denkbar.
Darüber hinaus wird Gesamthandsvermögen auch dann nicht zum steuerlichen Betriebsvermögen gerechnet, wenn es ausschließlich und unentgeltlich privaten Zwecken eines oder mehrerer Gesellschafter dient siehe hierzu H 4.2 Abs. 11 EStH „Ausnahme bei privater Nutzung“.
Sonderbetriebsvermögen bei Personengesellschaften
Das Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters umfasst Privatvermögen, das der Personengesellschaft für betriebliche Zwecke zur Verfügung gestellt wird (R 4.2 Abs. 2 EStR). Wirtschaftsgüter, die beim Einzelunternehmer Betriebsvermögen darstellen, bleiben auch im Rahmen einer Mitunternehmerschaft Betriebsvermögen. Die Aufwendungen und Erträge aus dem Sonderbetriebsvermögen wirken sich unmittelbar auf die Höhe der Einkünfte des jeweiligen Gesellschafters aus.
Hinweis
Ein Wirtschaftsgut, das beim Einzelunternehmer Betriebsvermögen darstellt, kann bei einer Mitunternehmerschaft entweder Gesamthandsvermögen oder Sonderbetriebsvermögen sein, je nachdem, ob es der Gesellschaft oder einem Gesellschafter zugeordnet ist. Diese Differenzierung hat erhebliche steuerliche Auswirkungen, da z. B. das Sonderbetriebsvermögen in einer separaten Sonderbilanz auszuweisen ist.
Beispiel
A ist Komplementär der A-KG, B ist Kommanditist. B vermietet ein ihm gehörendes Grundstück für 30.000 € pro Jahr an die KG.
Bilanzierung: Das Grundstück gehört zivilrechtlich nicht zur KG und wird deshalb nicht in deren Bilanz ausgewiesen. Es verbleibt im Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters B.
Einkünfte: Die Vermietung führt nicht zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern stellt eine Sondervergütung nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG dar. Das Mietentgelt ist daher als Einkunft aus Gewerbebetrieb zu behandeln.
Gewinnermittlung: Wenn die Miete im handelsrechtlichen Jahresabschluss der KG als Aufwand verbucht wurde, muss dieser Aufwand außerbilanziell wieder hinzugerechnet werden, um das steuerliche Ergebnis zu ermitteln.
Nutzung von Grundstücken im Gesamthandsvermögen
Entnahme des Grundstücks
Wird ein Grundstück, das im Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft steht, von einem Gesellschafter ohne entsprechende vertragliche Regelungen genutzt, die einem Fremdvergleich standhalten, gilt das Grundstück steuerlich als entnommen. Eine Entnahme liegt vor, wenn der Gesellschafter das Grundstück für private Zwecke verwendet, ohne ein angemessenes Entgelt an die Gesellschaft zu zahlen (vgl. BStBl II 1988, S. 418; H 4.3 Abs. 2–4 EStH, Stichwort „Personengesellschaften“).
Beispiel
Ein Gesellschafter einer OHG errichtet auf einem Grundstück der Gesellschaft auf eigene Kosten ein Einfamilienhaus und zahlt der Gesellschaft kein Entgelt für die Nutzung des Grundstücks. Da keine Regelungen existieren, die einem Fremdvergleich standhalten, wird das Grundstück steuerlich als entnommen behandelt.
Steuerliche Konsequenzen:
Entnahmegewinn: Die Entnahme des Grundstücks führt zu einer Gewinnrealisierung, da das Grundstück nun steuerlich aus dem Betriebsvermögen ausscheidet. Der Entnahmegewinn bemisst sich nach dem Unterschied zwischen dem Buchwert und dem Teilwert des Grundstücks.
Privatvermögen: Nach der Entnahme gehört das Grundstück nicht mehr zum Betriebsvermögen der Gesellschaft, sondern zum Privatvermögen des Gesellschafters.
Umsatzsteuer: Falls das Grundstück zuvor umsatzsteuerlich relevant war (z. B. durch Vermietung), sind auch hier mögliche Konsequenzen wie eine Umsatzsteuerberichtigung zu prüfen.
Kein Entnahmefall
Wird das Grundstück nach der Bebauung vom Gesellschafter zu Bedingungen erworben, die einem Fremdvergleich standhalten, bleibt es dem Betriebsvermögen zugeordnet.
Erbbaurecht und private Bebauung
Wird ein Grundstück des Gesamthandsvermögens mit einem Erbbaurecht belastet und vom Gesellschafter privat bebaut, bleiben Grundstück und Erbbaurecht zwei eigenständige Wirtschaftsgüter. Nach Ansicht des VIII. Senats des BFH verliert das Grundstück durch die private Bebauung nicht die Fähigkeit, dem Betrieb dauerhaft zu dienen, da weiterhin Einnahmen aus dem Erbbauzins erzielt werden (H 4.3 Abs. 2–4 EStH; § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG).
Expertentipp
Rechtliche Grundlagen
Die steuerliche Behandlung von Sonderbetriebsvermögen stützt sich auf:
- R 4.2 Abs. 2 EStR (Definition des Sonderbetriebsvermögens)
- § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG (Sondervergütungen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb)
- H 4.3 Abs. 2–4 EStH (Stichworte „Grundstücke und Grundstücksteile“ und „Personengesellschaften“)
- BStBl II 1988, S. 418 (Rechtsprechung zu Entnahme und Fremdvergleich).
Sonderbetriebsvermögen I und II
Das Sonderbetriebsvermögen gliedert sich wiederum auf in
- Sonderbetriebsvermögen I und
- Sonderbetriebsvermögen II.
Zum Sonderbetriebsvermögen I gehören all jene Wirtschaftsgüter, welche unmittelbar dem Betrieb der Persongesellschaft dienen (R 4.2 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbsatz EStR). Zum Sonderbetriebsvermögen II hingegen zählen solche Wirtschaftsgüter, welche unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Mitunternehmers an der Personengesellschaft eingesetzt werden sollen (R 4.2 Abs. 2 Satz 2, HS.2 EStR).
Sonderbetriebsvermögen, das nicht zum Gesamthandvermögen der Mitunternehmerschaft gehört, gleichgültig ob Sonderbetriebsvermögen I oder II, zählt zum notwendigen Betriebsvermögen.
In den folgenden beiden Videos gehen wir genauer auf das Sonderbetriebsvermögen ein und behandeln dazu zusammen mehrere Fälle.
Bilanzierungskonkurrenzen bei Mitunternehmerschaften
Bilanzierungskonkurrenzen bei Mitunternehmerschaften treten nicht nur zwischen dem Gesamthandsvermögen und dem Sonderbetriebsvermögen auf. Sie entstehen auch, wenn Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers gebucht sind, aber gleichzeitig von der Personengesellschaft genutzt werden.
Im folgenden Video zeigen wir, wie solche Fälle zu bewerten sind und wo die Wirtschaftsgüter in der Praxis bilanziert werden müssen, ergänzt durch konkrete Fallbeispiele zur Verdeutlichung.