Die Postulationsfähigkeit ist die Fähigkeit, wirksam vor Gericht Prozesshandlungen vornehmen zu können, z.B. Klagen zu erheben bzw. Klagen wieder zurückzunehmen. Vor dem FG besteht grundsätzlich kein Vertretungszwang, d.h. jede prozessfähige Person ist nach § 62 Abs. 1 FGO postulationsfähig und kann dort selbst auftreten und Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Das gilt auch für die mündliche Verhandlung. Bei nicht vertretenen Rechtsunkundigen besteht für das FG grundsätzlich eine erhöhte Belehrungspflicht zugunsten des Klägers.
Im Klageverfahren kann sich der Kläger auch durch einen Bevollmächtigten (Steuerberater, Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer etc.) vertreten lassen, § 62 Abs. 2 FGO. Dazu erforderlich ist jedoch, dass eine schriftliche Prozessvollmacht im Original vorliegt, § 62 Abs. 6 S. 1 FGO. Diese kann, wenn der Bevollmächtigte die Klage bereits erhoben hat, auch später bis zum Ende der mündlichen Verhandlung nachgereicht werden. Der Bevollmächtigte wird ggf. vom Gericht zur Vorlage der Vollmacht innerhalb einer bestimmten Frist aufgefordert. Auch nach Ablauf dieser Frist kann die Vollmacht noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nachgereicht werden.
Das Gericht hat die Ordnungsmäßigkeit der Vollmacht grundsätzlich von Amts wegen zu prüfen. Das gilt jedoch nicht für Personen i.S.d. § 3 Nr. 1 bis 3 StBerG, bei denen ein Mangel der Vollmacht nicht von Amts wegen zu prüfen ist, § 62 Abs. 6 S. 4 FGO.
Für alle Verfahren vor dem BFH besteht somit Vertretungszwang. Hier muss sich der Kläger vor dem BFH durch eine Person i.S.d. § 3 Nr. 1 StBerG oder eine Gesellschaft i.S.d. § 3 Nr. 2 und 3 des StBerG, die durch Personen gem. § 3 Nr. 1 StBerG vertreten wird, vertreten lassen, § 62 Abs. 4 S. 1, Abs. 3 FGO. Für juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden gilt die Sonderregelung des § 62 Abs. 4 S. 4 FGO.
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