Hat der Stpfl. vorsätzlich einen Aktivposten zu hoch oder einen Passivposten zu niedrig angesetzt, um in folgenden Besteuerungszeiträumen ungerechtfertigte Steuervorteile zu erlangen, ist abweichend von den bisher dargestellten Grundsätzen zur Bilanzberichtigung unter Durchbrechung des Bilanzenzusammenhangs der Fehler erfolgsneutral in der Anfangsbilanz des ersten, nach der AO noch änderbaren Jahres richtig zu stellen (vgl. H 4.4 "Berichtigung einer Bilanz [...]" 2. Spiegelstrich EStH). Dies hat zur Folge, dass zu Lasten des Stpfl. der Totalgewinn endgültig erhöht bleibt. Begründet wird diese Abweichung mit einem Verstoß gegen den auch im Steuerrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Der Stpfl., der sich selbst nicht redlich verhält und bewusst Wirtschaftsgüter falsch bilanziert, um hieraus nicht gerechtfertigte künftige Steuervorteile zu erlangen, ist selbst nicht schutzbedürftig.
Beispiel
Der Steuerpflichtige A hat im Jahr 19 an einen Kunden mangelhafte Maschinen geliefert. Hierdurch bedingt kam es bei dem Kunden zu nicht unerheblichen Produktionsausfällen. Der Kunde machte noch in 19 über seinen Rechtsanwalt Schadensersatz in Höhe von 100.000 € geltend und kündigte zugleich gerichtliche Schritte für den Fall an, dass A den Ersatz des Schadens nicht begleichen würde. A bildete in seiner Bilanz 19 gleichwohl keine Rückstellung. Diese wollte er im Folgejahr bilden, weil sich in 20 ein deutlicher Gewinnsprung abzeichnete und A durch die "Verschiebung" der Rückstellung die Progression im Jahre 20 abmildern wollte. Einkommen- und Gewerbesteuerfestsetzung des Jahres 19 sind materiell bestandskräftig, das Jahr 20 steht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO).
Lösung:
Die Rückstellung ist unter Durchbrechung des Bilanzenzusammehangs in der Anfangsbilanz des Jahres 20 erfolgsneutral mit 100.000 € gegen Kapital einzubuchen. Hierdurch kommt es zu Lasten des Stpfl. zu einem abweichenden (zu hohen) Totalgewinn, der jedoch wegen Verstoß gegen Treu und Glauben gerechtfertigt ist.
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