Zum Einstieg in das Thema schauen wir uns folgendes Lernvideo an.
§ 4 EStG enthält in Absatz 2 folgende Regelung:
"Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann. Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht."
Die Vorschrift ermöglicht dem Steuerpflichtigen als zentrale Regelung zur Änderung einer Steuerbilanz, diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu berichtigen (Bilanzberichtigung) oder unter den engeren Voraussetzungen des Satzes 2 zu ändern (Bilanzänderung).
§ 4 Abs. 2 S. 1, 1. HS. EStG bietet folglich die Möglichkeit, einen Bilanzansatz zu ändern, wenn dieser falsch ist. Dieser als Bilanzberichtigung zu bezeichnende Vorgang gewährleistet, dass der Besteuerung grundsätzlich nur die richtige Bilanz und damit der zutreffende Gewinn als Besteuerungsgrundlage im Rahmen der Steuerfestsetzung Berücksichtigung findet. Eingeschränkt wird die Bilanzberichtigung allerdings durch § 4 Abs. 1 S. 1, 2. HS. EStG, wonach die Berichtigung einer Bilanz dann ausgeschlossen ist, wenn diese einer Steuerfestsetzung zugrunde gelegt wurde, die verfahrensrechtlich nicht mehr aufhebbar oder änderbar, mithin also formell und materiell bestandskräftig ist. Hierdurch wurde die vom BFH in ständiger Rechtsprechung (vgl. bspw. BFH v. 13.6.2006, BStBl. II 2006, 928) vertretene Lehre vom formellen Bilanzenzusammenhang durch das Jahressteuergesetz 2007 gesetzlich verankert, wonach bei der Gewinnermittlung eines Jahres als Anfangsvermögen grundsätzlich das Betriebsvermögen des Vorjahres angesetzt werden muss, welches der Besteuerung tatsächlich zugrunde gelegt wurde, und zwar unabhängig davon, ob materiell-rechtlich ein anderes Betriebsvermögen anzusetzen gewesen wäre.
Hinweis
Nach der teilweise in der Literatur vertretenen Auffassung vom materiellen Bilanzenzusammenhang muss in der Bilanz stets der materiell-rechtlich richtige Ansatz gewählt werden, so dass nach dieser Auffassung ein unzutreffender Bilanzansatz immer bis zur Fehlerquelle korrigiert werden müsste, unabhängig davon, ob die Steuerfestsetzungen des betroffenen Jahres noch verfahrensrechtlich geändert werden konnte oder nicht. Berichtigt werden sollte nach dieser Auffassung folglich nur der fehlerhafte Bilanzansatz, die (formell und materiell) bestandskräftige Steuerfestsetzung sollte hingegen unberührt bleiben.
Im Gegensatz zu § 4 Abs. 2 S. 1 EStG ermöglicht § 4 Abs. 2 S. 2 EStG die (eingeschränkte, vgl. hierzu unter 1.3.2) Möglichkeit, einen zutreffenden Bilanzansatz durch einen anderen zutreffenden Bilanzansatz durch Ausnutzung eines Wahlrechts (bspw. durch Bildung oder Auflösung und Übertragung einer Rücklage nach § 6b EStG) zu ersetzen.
Hinweis
§ 4 Abs. 2 EStG hat lediglich Bedeutung für die Steuerbilanz. Die Änderungsmöglichkeit der Handelsbilanz wird durch die Vorschrift nicht berührt und allein durch die maßgebenden handelsrechtlichen Vorschriften bestimmt.
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