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Nicht abziehbare Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4a EStG

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Nicht abziehbare Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4a EStG

Grundlagen

Betrieblich veranlasste Schuldzinsen sind zunächst Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG. Die Regelung des Schuldzinsenabzugs im steuerlichen Betriebsvermögen gilt losgelöst von der Art der Finanzierung, von gemischten Zahlungskonten sowie vom Verhältnis von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben im Einzelfall. § 4 Abs. 4a EStG regelt lediglich eine gesetzliche Fiktion, dass ein steuerlicher Abzug von Betriebsausgaben in Form von Schuldzinsen dann nicht möglich ist, wenn der dort genannte Terminus der "ÜberEntnahmen" erfüllt ist. Die Norm fingiert damit, dass die Fremdfinanzierung solcher Überentnahmen (anders als die von Verlusten) grundsätzlich nicht betrieblich veranlasst ist. Die Finanzverwaltung hat hierzu in einem Schreiben vom 02.11.2018, BStBl. I S. 1207, Beck´sche "Steuererlasse" 1 § 4/10 umfassend Stellung genommen. Die nachfolgend zitierten Randziffern beziehen sich auf dieses Schreiben.

Insbesondere ist hierbei eine zweistufige Prüfung des Schuldzinsenabzugs vorzunehmen:

Ungeachtet des § 4 Abs. 4a EStG bestimmt sich die betriebliche Veranlassung von Schuldzinsen – wie auch die Zurechnung von Schuldzinsen zum Betriebsvermögen– zunächst nach § 4 Abs. 4 EStG bzw. anhand des tatsächlichen Verwendungszwecks. Die pauschale Zinshinzurechnung des § 4 Abs. 4a EStG gilt nicht für eindeutig privat veranlasste Schuldzinsen. Nur bei einer betrieblichen Veranlassung ist dann weiter zu prüfen, ob der Schuldzinsenabzug nach § 4 Abs. 4a EStG beschränkt ist.

Beispiel

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Einzelunternehmer E bezahlt seinen privaten Urlaub vom betrieblichen Konto. Hierbei entstehen Schuldzinsen i.H.v. 100 EUR.

Es handelt sich nicht um betriebliche Schuldzinsen, der Finanzierungszusammenhang besteht zu Aufwendungen für die private Lebensführung i.S.d. § 12 Nr. 1 EStG, somit liegen von vornherein keine Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG vor. Insofern stellt sich die (besondere) Frage einer eventuellen Nichtabzugsfähigkeit nach § 4 Abs. 4a EStG von vornherein nicht.

Ermittlung der Überentnahmen

Nach der Legaldefinition des § 4 Abs. 4a S. 2 EStG liegt eine Überentnahme dann vor, wenn die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahrs übersteigen

Die Regelung enthält zu den Begriffen Gewinn, Entnahme und Einlage keine von § 4 Abs. 1 EStG abweichenden Bestimmungen, weshalb die allgemeinen Grundsätze Anwendung finden.

Merke

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 steuerlicher Gewinn/Verlust des Wirtschaftsjahres
+Einlagen des Wirtschaftsjahres
-Entnahmen des Wirtschaftsjahres
< 0 = Überentnahme; > 0 = Unterentnahme 

Gewinn

Der Begriff "Gewinn" umfasst auch einen Verlust, Rz. 8. Maßgebend ist der steuerliche Gewinn unter Berücksichtigung außerbilanzieller Hinzurechnungen vor Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG. Hierbei ist auf den Gewinn des jeweiligen Betriebs abzustellen. Daher bleiben einheitlich und gesondert festgestellte Gewinn-/Verlustanteile aus im Betriebsvermögen gehaltenen Beteiligungen an Mitunternehmerschaften (z.B. bei doppelstöckigen Personengesellschaften) unberücksichtigt. Steuerfreie Gewinne gehören jedoch zum Gewinn.

Zum Gewinn gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebes, Rz. 9.

Entnahme

Es gelten die in § 4 Abs. 1 S. 2 -6 EStG gesetzlich dargelegten Entnahmetatbestände. Wegen der betriebsbezogenen Betrachtungsweise gelten in diesem Kontext ebenfalls folgende Sachverhalte als Entnahme:

  • Überführungen von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens in das Privatvermögen anlässlich einer Betriebsaufgabe sowie der Erlös aus der Veräußerung eines Betriebes, soweit er in das Privatvermögen überführt wird, Rz. 9.
  • Die Überführung oder Übertragung von Wirtschaftsgütern aus einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen ist als Entnahme aus dem abgebenden Betriebsvermögen und als Einlage in das aufnehmende Betriebsvermögen zu behandeln, auch wenn dieser Vorgang nach § 6 Abs. 5 EStG zu Buchwerten erfolgt, Rz. 10.
  • Im Falle einer unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs oder eines Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 EStG liegen beim Übergeber keine Entnahmen und beim Übernehmer keine Einlagen vor; die bisherigen Über-/Unterentnahmen sowie der kumulierte Entnahmenüberschuss gehen auf den Rechtsnachfolger über, Rz. 11 i.V.m. Rz. 16.

Einlagen

Auch hier greift die gesetzliche Definition des § 4 Abs. 1 S. 8 EStG, d. h. auch die Fiktion, dass einer Einlage die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleichsteht.

Gemäß Rz. 13 stellt die kurzfristige Geldeinlage einen Missbrauch von steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 42 AO dar, wenn dies einzig dazu dient, die Hinzurechnung nicht abziehbarer Schuldzinsen zu vermeiden.

Schuldzinsen

Gemäß Rz. 19 gehören zu den im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen alle Aufwendungen zur Erlangung wie Sicherung eines Kredits einschließlich der Nebenkosten der Darlehensaufnahme und der Geldbeschaffungskosten. Auch Nachzahlungs-, Aussetzungs- und Stundungszinsen i.S.d. Abgabenordnung sind ebenfalls in die nach § 4 Abs. 4a EStG zu kürzenden Zinsen einzubeziehen.

§ 4 Abs. 4a S. 5 EStG nimmt Zinsen für Darlehen aus der Abzugsbeschränkung aus, wenn diese zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten betrieblicher Anlagegüter verwendet werden. 

Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages

Gemäß § 4 Abs. 4a S. 3 EStG werden die nicht abziehbaren Schuldzinsen typisiert (d.h. pauschal) mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der verbliebenen Überentnahmen oder abzüglich der verbliebenen Unterentnahmen der vorangegangenen Wirtschaftsjahre (kumulierte Überentnahme) zu nicht abziehbaren Betriebsausgaben umqualifiziert. Die kumulierte Überentnahme ist auf den kumulierten Entnahmeüberschuss zu begrenzen.

Bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nicht abziehbaren Schuldzinsen i.S. der Vorschrift des § 4 Abs. 4a EStG auszugehen.

Anders ausgedrückt: Der kumulierte Entnahmen­überschuss errechnet sich aus den Entnahmen der Totalperiode abzüglich der Einlagen der Totalperiode, also seit der Betriebseröffnung, jedoch bleiben nach § 52 Abs. 6 S. 6 EStG Über- bzw. Unterentnahmen von solchen Wirtschaftsjahren unberücksichtigt, welche vor dem 01.01.1999 enden.

Dieser pauschal ermittelte Betrag, höchstens jedoch der um 2.050 EUR verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist nach § 4 Abs. 4a S. 4 EStG dem Gewinn hinzuzurechnen.

 

Beispiel

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Der Steuerpflichtige S hat seinen Betrieb in 01 eröffnet. Für den Erwerb von Anlagegütern hat er ein Darlehen aufgenommen, für das er in 02 2.500 EUR Zinsen entrichtete. Diese Zinsen sind im Gewinn 02 von 36.210 EUR (01: 5.000 EUR) enthalten. Die restlichen Zinsaufwendungen in 02 betrugen 3.500 EUR. Die Entnahmen betrugen in 02 40.000 EUR (01: 22.000 EUR). Einlagen hatte S in 02 i.H.v. 2.000 EUR (01: 12.000 EUR) vorgenommen.

Ermittlung der Überentnahmen des Wirtschaftsjahres 02, § 4 Abs. 4a S. 2 EStG:

 Entnahmen 0240.000 EUR
-Gewinn 02-36.210 EUR
-Einlage 02-2.000 EUR
=Überentnahme 021.790 EUR

Beispiel

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Ermittlung der kumulierten Überentnahmen aus der Vergangenheit (hier wegen Betriebseröffnung in 01 nur bezogen auf das Jahr 01, sonst bis zu solchen, welche nach dem 31.12.1998 enden):
 Entnahmen 0122.000 EUR
-Gewinn 01-5.000 EUR
-Einlage 01-12.000 EUR
=Überentnahme 015.000 EUR

Somit ergibt sich eine kumulierte Überentnahme von 6.790 EUR.

Hiervon sind 6 % als typisierende Schuldzinsen zu berechnen, somit 407 EUR.

Die tatsächlich angefallenen Schuldzinsen (ohne die Schuldzinsen zur Finanzierung des Anlagevermögens, § 4 Abs. 4a S. 5 EStG) betrugen lt. SV 3.500 EUR, hiervon ist der unschädliche Betrag von 2.050 EUR abzuziehen, weshalb der maximale Betrag zur Hinzurechnung von 1.450 EUR verbleibt.
Insofern sind die oben ermittelten 407 EUR niedriger und entsprechend dem Gewinn 02 von 36.210 EUR hinzuzurechnen.

Schuldzinsen bei Mitunternehmerschaften

Zwar ist § 4 Abs. 4a EStG betriebsbezogen auszulegen (siehe Ausführungen oben), jedoch ist der Begriff der Überentnahme sowie die ihn bestimmenden Merkmale (Einlage, Entnahme, Gewinn bzw. Verlust) dagegen gesellschafterbezogen auszulegen. Die Überentnahme bestimmt sich nach dem Anteil des einzelnen Mitunternehmers am Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft (Anteil am Gewinn oder Verlust aus dem Gesamthandsvermögen einschließlich Ergänzungsbilanzen zuzüglich/abzüglich seines im Sonderbetriebsvermögen erzielten Ergebnisses) und der Höhe der individuellen Einlagen und Entnahmen (einschließlich Sonderbetriebsvermögen), Rz. 27.

Der Kürzungsbetrag von 2.050 EUR wiederum ist nach Rz. 28 gesellschaftsbezogen anzuwenden, d.h. er ist nicht mit der Anzahl der Mitunternehmer zu vervielfältigen. Er ist auf die einzelnen Mitunternehmer entsprechend ihrer Schuldzinsenquote aufzuteilen . Schuldzinsen nach§ 4 Abs. 4a S. 5 EStG sind bei der Aufteilung des Kürzungsbetrages nach § 4 Abs. 4a S. 4 EStG nicht zu berücksichtigen.

Beispiel

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An der X-OHG sind A, B und C zu jeweils einem Drittel beteiligt, der steuerliche Gewinn soll im Verhältnis der Beteiligung den Gesellschaftern zugerechnet werden. Im ersten Wirtschaftsjahr hat der Gewinn der OHG 120.000 EUR und haben die Schuldzinsen zur Finanzierung laufender Aufwendungen 10.000 EUR betragen. Die Entnahmen verteilen sich auf die Mitunternehmer wie folgt: B und C haben jeweils 80.000 EUR entnommen, während sich A auf eine Entnahme i.H.v. 20.000 EUR beschränkte. Einlagen wurden nicht getätigt.

Der Hinzurechnungsbetrag ist wie folgt zu ermitteln:

 ABC
Gewinnanteil40.00040.00040.000
Entnahmen20.00080.00080.000
Überentnahmen 40.00040.000
Unterentnahmen20.000  
(kumulierter) Entnahmeüberschuss20.00080.00080.000
niedrigerer Betrag aus Überentnahme oder kum. Entnahmeüberschuss040.00040.000
6 %02.4002.400
anteilige Zinsen3.3343.3333.333
Mindestabzug684683683
Höchstbetrag2.6502.6502.650
Hinzurechnungsbetrag02.4002.400

Bei den Mitunternehmern B und C sind Überentnahmen von jeweils 40.000 EUR entstanden. Demzufolge können Schuldzinsen von jeweils 2.400 EUR (= 6 % aus 40.000 EUR) nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden. Hieraus ergibt sich ein korrigierter Gewinn der Mitunternehmerschaft von 124.800 EUR, der den Mitunternehmern A von 40.000 EUR und den Mitunternehmern B und C zu jeweils 42.400 EUR zuzurechnen ist.

Weitere Besonderheiten ergeben sich bei Mitunternehmerschaften, sofern ein Mitunternehmer ein Darlehen an die Mitunternehmerschaft gewährt hat: Wegen der Vorschrift des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 HS. 2 EStG gleichen sich die Zinszahlungen im Rahmen ihrer Gesamtgewinnauswirkung aus (Betriebsausgaben im Gesamthandsvermögen und Betriebseinnahmen im Sonderbetriebsvermögen => zweistufige Gewinnermittlung). Diese Zinsaufwendungen haben somit den Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft nicht gemindert und sind demzufolge keine Schuldzinsen i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG. Dies gilt auch für Zinsaufwendungen für Darlehen eines mittelbar beteiligten Mitunternehmers nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG, Rz. 30.

Nach Rz. 31 sind die von der Mitunternehmerschaft geleisteten Zinsen den Mitunternehmern nach dem Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen.