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Insolvenzrecht (Mündliche Prüfung) - Besondere Verfahrensarten

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Insolvenzrecht (Mündliche Prüfung)

Besondere Verfahrensarten

Neben dem Regelinsolvenzverfahren gibt es noch

  • das Verfahren in Eigenverwaltung (§§ 270 ff. InsO)
  • Schutzschirmverfahren (§ 270b InsO)
  • Verbraucherinsolvenzverfahren (§ 304 ff. InsO)
  • Restschuldbefreiung (§ 286 ff. InsO)

Das Verfahren in Eigenverwaltung hängt vom Antrag des Schuldners ab und stellt eine Ausnahme für Fälle dar, in denen eine fortbestehende, durch einen sog. Sachwalter (§ 274 InsO) beaufsichtigte Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners bestehen bleibt und Vorteile haben kann (Unentbehrlichkeit der Kenntnisse und Erfahrungen des Schuldners, Insolvenzauslösung außerhalb der Verantwortungssphäre des Schuldners). Wurde in dem Verfahren ein vorläufiger Gläubigerausschuss gem. § 22a InsO bestellt, ist diesem gem. § 270 Abs. 3 S. 1 InsO vor der Entscheidung des Gerichts grundsätzlich die Gelegenheit zur Äußerung über Antrag des Schuldners auf Eigenverwaltung zu geben. Anstelle des Insolvenzverwalters erstellt der Schuldner selbst die Berichte (Verzeichnisse der Massegegenstände und der Gläubiger und die Vermögensübersicht (§ 281 Abs. 1 InsO)) und hat im diese im Berichtstermin selbst zu erstatten (§ 281 Abs. 2 S. 1 InsO), die Masse zu verwerten und zu verteilen (§§ 282, 283 InsO) und über die Erfüllung gegenseitiger Verträge und die Aufnahme von Prozessen selbst zu entscheiden. Der Schuldner bleibt auch selbst steuerlich verpflichtet (kein § 34 Abs. 3 AO zu Lasten des Sachwalters) und Adressat der Steuerverwaltungsakte.

Der Sachwalter hat zwar die Position, allerdings nicht die Funktion eines Insolvenzverwalters inne ist. Er ist Adressat der Forderungsanmeldungen seitens der Insolvenzgläubiger (§ 270c S. 2 InsO), beaufsichtigt den Schuldner (§ 274 InsO, § 277 InsO), kann vom Schuldner verlangen, dass Zahlungen nur an und durch ihn erfolgen (§ 275 Abs. 2 InsO, eigene Steuerzahlungspflichten des Sachwalters über § 35 AO beachten), zeigt Masseunzulänglichkeit dem Insolvenzgericht an (§ 285 InsO) und kann durch entsprechende Informationen für die Aufhebung der Eigenverwaltung sorgen (§ 274 Abs. 3 InsO).

Das Schutzschirmverfahren dient der Vorbereitung und Durchführung der Sanierung von Unternehmen. und wurde 2012 durch das „ESUG“ eingeführt. Der Schuldner hat somit schon bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder bei Überschuldung die Möglichkeit, innerhalb von drei Monaten unter Aufsicht eines vorläufigen Sachwalters (nicht Insolvenzverwalters!) und frei von Vollstreckungsmaßnahmen in Eigenverwaltung ein Sanierungskonzept aufzustellen.

Stellt der Schuldner bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Eröffnungsantrag und beantragt die Eigenverwaltung, darf die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos sein. In einem solchen Fall bestimmt das Insolvenzgericht auf Antrag des Schuldners eine Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans (§ 270b InsO). Ist das Unternehmen hingegen schon zahlungsunfähig, ist das Schutzschirmverfahren nach ESUG nicht mehr möglich. Der Schuldner hat also eine Bescheinigung vorzulegen, dass noch keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist.

Das Schutzschirmverfahren stellt somit eine Kombination aus einem Vollstreckungsstopp des vorläufigen Insolvenzverfahrens und der Eigenverwaltung dar. Am Ende des Schutzschirmverfahrens liegt also entweder fristgerechte ein Insolvenzplan vor oder die das Verfahren gem. § 270b Abs. 4 InsO wird aufgehoben.

Ein Verbraucherinsolvenzverfahren ist nach Insolvenzeröffnungsantrag zwingend durchzuführen, wenn der Schuldner eine natürliche Person im Anwendungsbereich des § 304 InsO ist, z.B. insbesondere bei Erwerbslosen, Arbeitnehmern (auch leitenden) und nicht geschäftsführenden Personengesellschaftern. Auch für (ehemals) Kleingewerbetreibende kann das Verbraucherinsolvenzverfahren unter bestimmten Voraussetzungen (überschaubare Vermögensverhältnisse, § 304 InsO) in Frage kommen.

 

Das Verbraucherinsolvenzverfahren ist in den §§ 305 ff. InsO geregelt und läuft in unterschiedlichen Phasen ab:

  • Erstellung eines Schuldenbereinigungsplanes: Der Schuldenbereinigungsplan muss mit Hilfe einer anerkannten Schuldnerberatungsstelle oder durch einen Anwalt erstellt werden. Wird der Plan von den Gläubigern akzeptiert, tritt dieser an die Stelle des Insolvenzverfahrens. Der Schuldner leistet so lange seine planmäßigen Zahlungen, bis diese getilgt sind. Wird dieser Plan von den Gläubigern nicht akzeptiert, gilt der außergerichtliche Schuldenbereinigungsversuch als gescheitert, worüber dem Schuldner eine Bescheinigung auszustellen ist. Der Schuldner hat dann die Möglichkeit, einen Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens beim zuständigen Insolvenzgericht zu stellen.

  • Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens: Ist der außergerichtliche Versuch der Schuldenbereinigung gescheitert, kann der Verbraucher einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen stellen (§ 305 InsO). Auch hier ist wie im Regelinsolvenzverfahren ein Gläubiger- und Vermögensverzeichnis vorzulegen. Es muss zudem die Bescheinigung einer geeigneten Stelle (Schuldnerberatung oder Anwalt) über das Scheitern eines außergerichtlichen Einigungsversuches vorgelegt werden. Das Gericht kann ggf. einen eigenen Schuldenbereinigungsplan vorschlagen, was in der Praxis jedoch so gut wie nie vorkommt. Nach Eingang des Antrages und Überprüfung des Gerichts wird ein Insolvenzverwalter bestellt, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übergeht. Ziel des Privatinsolvenzverfahrens ist die Vermögensverteilung und Gläubigerbefriedigung. Der nichtpfändbare Teil des Schuldnereinkommens steht weiterhin zur freien Verfügung des Schuldners.

  • Hieran schließt sich die sog. Wohlverhaltensphase In dieser Zeit muss der Insolvenzschuldner den pfändbaren Teil seines Einkommens an den Insolvenzverwalter abtreten, welcher die Beträge einmal jährlich an die Gläubiger auskehrt, um so deren Forderungen zu tilgen. Während der Wohlverhaltensphase im Anschluss der Verbraucherinsolvenz ist der Schuldner verpflichtet, einer angemessenen Erwerbstätigkeit nachzugehen oder sich um eine solche zu bemühen.

  • Bereits mit der Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens kann der Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt werden. Unter den entsprechenden Voraussetzungen wird diese dem Schuldner erteilt und das Verfahren aufgehoben. Die Dauer des Verfahrens richtet sich danach, in welcher Höhe die Verbindlichkeiten durch den Schuldner bedient werden können.

 

Hinweis

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Ein Verbraucher kann gem. § 850k Abs. 7 S. 2 ZPO jederzeit verlangen, dass sein (kontoführendes) Kreditinstitut sein Girokonto als Pfändungsschutzkonto (P-Konto) führen soll. Hat man einsog.  P-Konto mit der Bank vereinbart, besteht automatisch ein Pfändungsfreibetrag nach § 850c ZPO (Anpassung der Pfändungsfreigrenze erfolgt alle zwei Jahre und kann durch Nachweise über Unterhaltsverpflichtungen entsprechend angehoben werden).