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Abgabenordnung (Vertiefung)

Haftung bei Erwerb eines Handelsgeschäftes, § 25 HGB

Haftung bei Erwerb eines Handelsgeschäftes, § 25 HGB

§ 25 HGB: Haftung bei Firmenfortführung

(1) Wer ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes fortführt, haftet für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers. Die in dem Betrieb begründeten Forderungen gelten den Schuldnern gegenüber als auf den Erwerber übergegangen, falls der bisherige Inhaber oder seine Erben in die Fortführung der Firma gewilligt haben.

(2) Eine abweichende Vereinbarung ist einem Dritten gegenüber nur wirksam, wenn sie in das Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht oder von dem Erwerber oder dem Veräußerer dem Dritten mitgeteilt worden ist.

(3) Wird die Firma nicht fortgeführt, so haftet der Erwerber eines Handelsgeschäfts für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten nur, wenn ein besonderer Verpflichtungsgrund vorliegt, insbesondere wenn die Übernahme der Verbindlichkeiten in handelsüblicher Weise von dem Erwerber bekannt gemacht worden ist.

Voraussetzungen

Erwerb des Geschäfts eines in das Handelsregister eingetragenen Betriebes (§§ 1 und 2 HGB) unter Lebenden, dh es muss ein Inhaberwechsel stattfinden, z.B. Kauf, Schenkung, Pacht.

Tatsächliche Fortführung der "Firma", vgl. § 17 HGB = Name des Unternehmens

 Wesentliche Voraussetzung für diese Nachfolgehaftung ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut --neben der Geschäftsfortführung-- die Fortführung des Handelsgeschäfts unter der "bisherigen Firma" (§ 25 Abs. 1 HGB) bzw. die "Fortführung der Firma" (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 1 HGB).

Gemäß § 17 Abs. 1 HGB ist die Firma eines Kaufmanns der Name, unter dem er seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt. Entscheidendes Merkmal einer Firma ist, dass dieser Name geeignet ist, den Geschäftsinhaber -den Schuldner der Verbindlichkeit- im Rechtsverkehr zu individualisieren, BFH, BStBl II 2015, S. 107

Hinweis

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Bei einem Handelsgeschäft sind ggf. die Haftungsnormen gemäß § 75 AO und § 25 HGB nebeneinander zu prüfen!

Haftungsausschluss nach § 25 II HGB ist möglich; hierbei ist wie folgt zu unterscheiden:

  • Eintragung in das Handelsregister + Bekanntmachung = Haftungsausschluss gilt gegenüber allen Gläubigern oder
  • Unverzügliche Mitteilung (max. 6 bis 10 Wochen ab Erwerb) an jeweiligen Gläubiger = Haftungsausschluss gilt nur gegenüber dem unterrichteten Gläubiger!

Haftungsumfang

Die Haftung des Erwerbers bei Firmenfortführung (§ 25 Abs. 1 Satz 1 HGB) bezieht sich auf "alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers".

Alle Geschäftsverbindlichkeiten, dh alle steuerlichen Verbindlichkeiten, die als Betriebsausgaben abzugsfähig sind oder durch den Betrieb begründet worden sind = USt, LSt, GewSt einschließlich der steuerlichen Nebenleistungen zu diesen Steuerarten!

Die Körperschaftsteuer der GmbH wird nicht "im Betrieb" begründet, sondern bezieht sich auf das gesamte von der Kapitalgesellschaft erzielte steuerpflichtige Einkommen (§ 8 Abs. 1, 2 KStG). Eine darauf bezogene Haftung ist mit dem die Rechtsnorm des § 25 HGB tragenden Gedanken der Kontinuität des Unternehmens kraft Firmenfortführung nicht vereinbar; BFH/NV 2016, S. 1491 mwN.

Unterschiede zur Haftung gemäß § 75 AO als Betriebsübernehmer

  • Keine zeitliche Begrenzung außer Verjährung nach § 26 HGB und Verjährung gegenüber Steuerschuldner nach § 191 Abs. 5 AO
  • Festsetzung gegenüber Steuerschuldner grds. nicht erforderlich; im Übrigen auch außerhalb der Fristen des § 75 AO
  • Volle persönliche unbeschränkte Haftung des Erwerbers des Unternehmens; keine gegenständliche Beschränkung wie bei § 75 AO