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Abgabenordnung | Steuerfachwirtprüfung - Zusammenfassender Übungsfall

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Abgabenordnung | Steuerfachwirtprüfung

Zusammenfassender Übungsfall

Die zum 01.01.01 gegründete Sonne-KG betreibt ein Reisebüro und hat sich auf Flugreisen nach Spanien spezialisiert. Gesellschafter der KG sind die folgenden Personen:

  • Bernd Baller (BB) und Martin Mann (MM) als Komplementäre mit einem Anteil am Gewinn und den stillen Reserven von jeweils 30 %
  • Petra Palma (PP) und Rita Ratjada (RR) als Kommanditisten mit einem Anteil am Gewinn und den stillen Reserven von jeweils 20 %

Der Gesellschaftsvertrag enthält hinsichtlich der Geschäftsführung und Vertretung keine Regelungen. Nach Aufforderung durch das Finanzamt Gummersbach haben sämtliche Beteiligten an der Personengesellschaft im März 01 Petra Palma als Empfangsbevollmächtigte für alle mit der KG in Zusammenhang stehende Verwaltungsakte benannt.

 

Veranlagungszeitraum 01

Aufgrund der fristgerecht abgegebenen Feststellungserklärung 01 hat das Finanzamt Gummersbach den endgültig erlassenen Feststellungsbescheid 01 am 19.07.02 ordnungsgemäß bekanntgegeben. Nach Prüfung durch die Gesellschafter sind im Feststellungsbescheid folgende materielle Fehler enthalten:

  • Das Finanzamt hat in der Steuerbilanz der KG eine Rückstellung für Stornokosten iHv 60.000 € nicht anerkannt.
  • MM hat die Darlehenszinsen zur Finanzierung seiner Einlage nicht geltend gemacht.
  • RR ist Eigentümerin des Grundstücks, auf dem sich das Reisebüro befindet. Das Finanzamt hat als Erhaltungsaufwendungen geltend gemachte Umbaukosten als nachträgliche Herstellungskosten umqualifiziert.
Einspruchs­antrag iSv § 357 Abs. 3 AOBekannt­gabe, § 183 AO§ 352 Abs. 1 Nr. 1 1. HS AO§ 352 Abs. 1 Nr. 1 2. HS iVm Abs. 2 AO§ 352 Abs. 1 Nr. 2 AO§ 352 Abs. 1 Nr. 3 AO§ 352 Abs. 1 Nr. 4 AO§ 352 Abs. 1 Nr. 5 AO
Rück­stellung für Storno­kostenBekannt­gabe an PP gem. § 183 Abs. 1 S. 1, 5 AOX
Einspruchs­führer ist die KG, vertreten durch BB oder alternativ MM (§§ 161 II, 114 I und 125 I HGB)
     
Darlehens­zinsen zur Finan­zierung der Einlage X
Einspruchs­führer ist die KG, vertreten durch BB oder alternativ MM (§§ 161 II, 114 I und 125 I HGB)
    X
Einspruchs­führer ist der Gesell­schafter M

(„soweit“)
Erhaltungs­aufwen­dungen Grundstück X
Einspruchs­führer ist die KG, vertreten durch BB oder alternativ MM (§§ 161 II, 114 I und 125 I HGB)
    X
Einspruchs­führerin ist die Gesell­schafterin RR

(„soweit“)

Veranlagungszeitraum 02

Aus der Feststellungserklärung 02 war erkennbar, dass die Gesellschafterin PP ihren Kommanditanteil zum 01.07.02 an Anette Alcudia (AA) veräußert hat. Im Zusammenhang mit dem Ausscheiden von PP haben sämtliche Gesellschafter am 31.10.02 gegenüber dem Finanzamt ihre bisher gültige Willenserklärung zur Bekanntgabe von Feststellungsbescheiden widerrufen.

Das Finanzamt Gummersbach hat den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassenen Feststellungsbescheid 02 am 11.08.03 ordnungsgemäß bekanntgegeben. Nach Prüfung durch die Gesellschafter sind im Feststellungsbescheid folgende materielle Fehler enthalten:

  • Das Finanzamt hat in der Steuerbilanz der KG eine Forderungsabschreibung gegenüber der Mega-Park AG iHv 20.000 € nicht anerkannt.
  • Im Zusammenhang mit dem Ausscheiden von PP sind Veräußerungskosten iHv 5.000 € bisher nicht geltend gemacht worden. Somit ist der Veräußerungsgewinn (§ 16 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 EStG) von PP zu hoch festgestellt worden.
  • Bei der Gewinnverteilung sind RR 30 % und AA (ab 01.07.02) nur 10 % zugerechnet worden.
Ein­spruchs­antrag iSv § 357 Abs. 3 AOBekannt­gabe, § 183 AO§ 352 Abs. 1 Nr. 1 1. HS AO§ 352 Abs. 1 Nr. 1 2.HS iVm Abs. 2 AO§ 352 Abs. 1 Nr. 2 AO§ 352 Abs. 1 Nr. 3 AO§ 352 Abs. 1 Nr. 4 AO§ 352 Abs. 1 Nr. 5 AO
Forderungs­abschrei­bungBekannt­gabe an BB oder alternativ MM, § 183 Abs. 1 Sätze 2 und 5 AO für BB, MM und AA

Einzel­bekannt­gabe an PP, § 183 Abs. 2 AO
X
Einspruchs­führer ist die KG, vertreten durch BB oder alternativ MM (§§ 161 II, 114 I und 125 I HGB)
  X
Einspruchs­führer ist die aus­ge­schie­dene Gesell­schafterin PP = Un­ein­ge­schränkte Einspruchs­befugnis
  
Veräu­ßerungs­kosten X
Einspruchs­führer ist die KG, vertreten durch BB oder alternativ MM (§§ 161 II, 114 I und 125 I HGB)
  X
Einspruchs­führer ist die aus­ge­schiedene Gesell­schafterin PP = Un­ein­ge­schränkte Ein­spruchs­befugnis
 X
Einspruchs­führer ist die aus­ge­schiedene Gesell­schafterin PP

(„soweit“)
Gewinn­verteilung X
Einspruchs­führer ist die KG, vertreten durch BB oder alternativ MM (§§ 161 II, 114 I und 125 I HGB)
  X
Einspruchs­führer ist die aus­ge­schiedene Gesell­schafterin PP = Unein­geschränkte Einspruchs­befugnis
X
Einspruchs­­führer sind die Gesell­­schafter RR und AA

(„soweit“)
 

Veranlagungszeitraum 03

Aus der Feststellungserklärung 03 (Übermittlung am 30.06.04) war erkennbar, dass die Sonne-KG ihren Geschäftsbetrieb zum 31.12.03 eingestellt hat. Die Liquidation ist bereits zum 31.05.04 abgeschlossen und es bestehen keine steuerlichen Verpflichtungen der Gesellschaft gegenüber dem Finanzamt.

Das Finanzamt Gummersbach hat den endgültig erlassenen Feststellungsbescheid 03 am 10.10.04 ordnungsgemäß bekanntgegeben. Nach Prüfung durch die Gesellschafter sind im Feststellungsbescheid folgende materielle Fehler enthalten:

  • Das Finanzamt hat in der Steuerbilanz der KG die Betriebseinnahmen um 12.000 € erhöht.
  • Für die Gesellschafterin RR sind die Sonder-BE um 4.000 € erhöht worden.
Ein­spruchs­antrag iSv § 357 Abs. 3 AOBekannt­gabe, § 183 AO§ 352 Abs. 1 Nr. 1 1. HS AO§ 352 Abs. 1 Nr. 1 2. HS iVm Abs. 2 AO§ 352 Abs. 1 Nr. 2 AO§ 352 Abs. 1 Nr. 3 AO§ 352 Abs. 1 Nr. 4 AO§ 352 Abs. 1 Nr. 5 AO
BE der KGEinzel­bekannt­gabe an die ehe­maligen Gesell­schafter, § 183 Abs. 2 AO

(Kein Fall der Rück­aus­nah­me gemäß § 183 Abs. 3 AO; gilt nur bei § 183 Abs. 1 S. 1 AO)
  X
Jeder ehe­malige Gesell­schafter als Ein­spruchs­führer = Un­ein­ge­schränkte Ein­spruchs­befugnis
   
Sonder-BE   X
Jeder ehe­malige Gesell­schafter als Ein­spruchs­führer = Un­ein­ge­schränkte Ein­spruchs­befugnis
  X
Ein­spruchs­führerin ist die ehe­malige Gesell­schafterin RR

(„soweit“)

Hinweis

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Rechtslage ab dem 01.01.2024 = Änderungen des § 352 AO und Auswirkungen auf § 360 Abs. 3 und 4 AO durch das MoPeG

1 Einspruchsbefugnis bei rechtsfähigen Personenvereinigungen:

Rechtsfähige Personenvereinigungen sollen im Einspruchs- und Klageverfahren künftig stärker eingebunden werden. Die Anpassung der §§ 48 und 60 FGO in einem Klageverfahren erfolgt analog der Neufassung des § 352 AO.

§ 352 Abs. 1 AO sieht für die Zukunft bei rechtsfähigen Personenvereinigungen folgende Regelungen zur Einspruchsbefugnis vor:

  • Grds. ist nur die Personenvereinigung selbst einspruchsbefugt (§ 352 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AO). Dies entspricht im Ergebnis der bisherigen Rechtslage (§ 352 Abs. 1 Nr. 1 AO a. F.), allerdings tritt die rechtsfähige Personenvereinigung an die Stelle ihres zur Vertretung berufenen Geschäftsführers.
  • Wenn die rechtsfähige Personenvereinigung nicht mehr besteht, ist jeder Gesellschafter oder Gemeinschafter, gegen den der Feststellungsbescheid ergangen ist oder zu ergehen hätte, einspruchsbefugt (§ 352 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b AO). Dies entspricht im Ergebnis der bisherigen Rechtslage (§ 352 Abs. 1 Nr. 2 AO a. F.).
  • Wenn ein Feststellungsbeteiligter aus der existierenden rechtsfähigen Personenvereinigung ausgeschieden ist oder zwischen den Feststellungsbeteiligten ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen (§ 183 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO), ist jeder Gesellschafter, Gemeinschafter oder Mitberechtigter einspruchsbefugt, gegen den der Feststellungsbescheid ergangen ist oder zu ergehen hätte (§ 352 Abs. 1 Nr. 3 AO). Dies entspricht im Ergebnis grds. der bisherigen Regelung in § 352 Abs. 1 Nr. 3 AO a. F., umfasst künftig aber auch die Fälle, in denen zwischen den Feststellungsbeteiligten ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.
  • Soweit es sich bei der geltend gemachten Rechtswidrigkeit des Feststellungsbescheids um die Frage handelt, wer an dem festgestellten Betrag beteiligt ist und wie dieser sich auf die einzelnen Beteiligten verteilt, ist jeder einspruchsbefugt, der durch die Feststellungen hierzu berührt wird (§ 352 Abs. 1 Nr. 4 AO = § 352 Abs. 1 Nr. 4 AO a. F.).
  • Soweit es sich bei der geltend gemachten Rechtswidrigkeit des Feststellungsbescheids um eine Frage handelt, die einen Beteiligten persönlich angeht, ist jeder einspruchsbefugt, der durch die Feststellungen über die Frage berührt wird (§ 352 Abs. 1 Nr. 5 AO = § 352 Abs. 1 Nr. 5 AO a. F.).

 


2 Einspruchsbefugnis bei nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen:

Bei nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und in sonstigen Fällen gilt Folgendes:

  • Grds. ist nur der Einspruchsbefugte nach § 352 Abs. 2 AO einspruchsbefugt (§ 352 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO). Dabei handelt es sich in erster Linie um den gemeinsam bestellten Empfangsbevollmächtigten i. S. des § 183a Abs. 1 Satz 1 AO oder des § 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 AO (§ 352 Abs. 2 Satz 1 AO); dies entspricht im Ergebnis der bisherigen Rechtslage.
  • Haben die Feststellungsbeteiligten allerdings keinen gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten bestellt, ist der nach § 183a Abs. 1 Satz 2 und 3 AO oder nach § 6 Abs. 1 Satz 3 und 4 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 AO von der Finanzbehörde bestimmte Empfangsbevollmächtigte einspruchsbefugt (§ 352 Abs. 2 Satz 2 AO); dies entspricht weitgehend der bisherigen Rechtslage, allerdings ohne Nennung des Empfangsbevollmächtigten nach § 183 Abs. 1 Satz 2 und 3 AO a. F. Anders als bisher kommt es nicht mehr darauf an, dass ein Feststellungsbeteiligter in diesem Fall der Einspruchsbefugnis des von der Finanzbehörde bestimmten Empfangsbevollmächtigten widersprochen hat.
  • Diese Beschränkungen der Einspruchsbefugnis gelten aber wie bisher nur, wenn die Beteiligten in der Feststellungserklärung oder in der Aufforderung zur Benennung eines Empfangsbevollmächtigten über die Einspruchsbefugnis des Empfangsbevollmächtigten belehrt worden sind (§ 352 Abs. 2 Satz 3 AO = § 352 Abs. 2 Satz 3 a. F.).
  • Ist kein Einspruchsbefugter nach § 352 Abs. 2 AO vorhanden, ist jeder Gesellschafter, Gemeinschafter oder Mitberechtigte, gegen den der Feststellungsbescheid ergangen ist oder zu ergehen hätte, einspruchsbefugt (§ 352 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO).
  • Wenn ein Feststellungsbeteiligter aus der existierenden nicht rechtsfähigen Personenvereinigung ausgeschieden ist oder zwischen den Feststellungsbeteiligten ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen (§ 183 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO), ist jeder Gesellschafter, Gemeinschafter oder Mitberechtigte einspruchsbefugt, gegen den der Feststellungsbescheid ergangen ist oder zu ergehen hätte (§ 352 Abs. 1 Nr. 3 AO). Dies entspricht im Ergebnis grds. der bisherigen Regelung in § 352 Abs. 1 Nr. 3 AO a. F., umfasst künftig aber auch die Fälle, in denen zwischen den Feststellungsbeteiligten ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.
  • Soweit es sich bei der geltend gemachten Rechtswidrigkeit des Feststellungsbescheids um die Frage handelt, wer an dem festgestellten Betrag beteiligt ist und wie dieser sich auf die einzelnen Beteiligten verteilt, ist jeder einspruchsbefugt, der durch die Feststellungen hierzu berührt wird (§ 352 Abs. 1 Nr. 4 AO = § 352 Abs. 1 Nr. 4 AO a. F.).
  • Soweit es sich bei der geltend gemachten Rechtswidrigkeit des Feststellungsbescheids um eine Frage handelt, die einen Beteiligten persönlich angeht, soll jeder einspruchsbefugt sein, der durch die Feststellungen über die Frage berührt wird (§ 352 Abs. 1 Nr. 5 AO = § 352 Abs. 1 Nr. 5 AO a. F.).

 

3 Anwendungs-/Übergangsregelungen:

§ 352 AO gilt ab dem 1.1.2024 grds. in allen offenen Fällen. Unproblematisch ist dies, wenn der einheitliche Feststellungsbescheid nach dem 31.12.2023 der rechtsfähigen Personenvereinigung bekannt gegeben wird.

Art. 97 § 39 Abs. 4 EGAO-E enthält dazu auch folgende Übergangsregelung, die in der Praxis allerdings nur für rechtsfähige Personenvereinigungen von Bedeutung sein dürfte:

  • Wird gegen einen vor dem 1.1.2024 wirksam gewordenen einheitlichen Feststellungsbescheid Einspruch eingelegt, bestimmt sich die Einspruchsbefugnis weiterhin (also auch nach dem 31.12.2023) nach § 352 AO a. F.
  • Das Gleiche soll gelten, wenn der eine rechtsfähige Personenvereinigung betreffende Feststellungsbescheid nach dem 31.12.2023 und vor dem 1.1.2026 nach der Ausnahmeregelung in Art. 97 § 39 Abs. 3 EGAO-E dem Empfangsbevollmächtigten nach § 183 AO a. F. bekannt gegeben worden ist.
  • Ist über den Einspruch gegen einen vor dem 1.1.2024 wirksam gewordenen einheitlichen Feststellungsbescheid nach dem 31.12.2023 zu entscheiden, soll sich das weitere Verfahren nach § 352 AO richten. Die Einspruchsentscheidung ist daher ab dem 1.1.2024 auch dann der rechtsfähigen Personenvereinigung bekannt zu geben, wenn der Einspruch noch vom Geschäftsführer eingelegt worden war.